Standdatum: 12. Juli 2025.

Autorinnen und Autoren:
Matthias Röhrs

Ein Haus mit beschädigten Fensterscheiben und einem geparkten Auto davor.

Nur jede vierte Ladenfläche ist vermietet. Bremen will jetzt wieder in den Stadtteil investieren.

Bild: Radio Bremen | Matthias Röhrs

Der Strukturwandel ist in Blumenthals Mitte deutlich spürbar. Die große Mehrheit der Läden steht leer. Dabei hat das Quartier in Bremen-Nord viel Potenzial.

Der Brunnen auf dem Blumenthaler Marktplatz ist außer Betrieb. Es ist auch nicht wirklich jemand da, der sich daran erfreuen könnte. Ab und zu kommt ein Spaziergänger vorbei, manchmal ein Radfahrer. Hier war einst das Zentrum des Quartiers. Noch immer reiht sich über Hunderte Meter der hier beginnenden Mühlenstraße Ladenlokal an Ladenlokal. Belegt ist allerdings nur jedes vierte oder fünfte.

„Es ist die Geschäftsstraße gewesen, wo man alles kaufen konnte, was man für den täglichen Bedarf benötigt hat“, sagt Ortsamtsleiter Oliver Fröhlich. Wie viele Blumenthaler möchte er dieser Ecke wieder zu neuer Blüte verhelfen, auch wenn es nicht einfach wird.

Abwanderung ins Internet, Zentrum neben dem Zentrum

„In Blumenthal wird der Strukturwandel besonders sichtbar“, beschreibt Quartiersmanagerin Carola Schulz die Situation. Damit meint sie zum einen die Abwanderung des Handels ins Internet oder die Konzentration der Geschäfte auf Zentren neben dem Zentrum – in Blumenthal gibt es ein Einkaufscenter mit Supermärkten, Baumarkt und mehr. Und das nur wenige Hundert Meter vom Marktplatz entfernt.

Ein Fahrradfahrer ist im Stadtteil Blumenthal unterwegs.

Auf dem Blumenthaler Marktplatz war früher mehr los. Die Leerstände haben mehrere Ursachen.

Bild: Radio Bremen | Matthias Röhrs

Das würde man laut Schulz an vielen Stellen in Deutschland sehen. Es gebe aber außerdem einen lokalen Strukturwandel im Bremer Norden – schließlich sind seit den 90er Jahren die großen Arbeitgeber weggebrochen, wie beispielsweise die Werften oder die Baumwollkämmerei, erklärt Schulz.

Auswirkungen der Kämmereipleite

Die Baumwollkämmerei ist wohl zugleich Ursprung und Lösung der Leerstandsprobleme in Blumenthal. Sie grenzt direkt ans Zentrum und war bis zu ihrer Pleite 2009 Arbeitgeber von rund 5.000 Menschen, sagt Ortsamtsleiter Fröhlich. Viele von ihnen hätten rund um die Mühlenstraße gelebt, hier eingekauft. Mit der Schließung ging es mit dem Zentrum bergab.

Auf dem Gelände entsteht ein Berufsschulcampus. 4.000 Schülerinnen und Schüler haben dort Platz. Und sie sollen das Quartierszentrum neu beleben, so Fröhlichs Hoffnung. Es werde einen Weg vom Kämmereigelände zum Marktplatz geben. Es gebe bereits Interessenten, die dann zum Beispiel Lokale eröffnen wollen.

44 Millionen Euro sollen einen Umschwung bringen

Aber nur, weil der Leerstand hoch ist, sind die Ladenlokale nicht gleich nutzbar. „Manche Läden sind im schlechten Zustand. Nichts, was potenzielle Mieter anlockt“, sagt Fröhlich vor einem ehemaligen Schuhgeschäft mit eingeschlagener Tür und Schaufensterscheiben.

Es gibt Sanierungs- und Entwicklungskonzepte, mit denen die Stadt innerhalb von 15 Jahren rund 44 Millionen Euro in das Blumenthaler Zentrum pumpen möchte – als Fördermittel für private Sanierungen und Projekte wie den Umbau des Alten Rathauses zum Quartierszentrum und der Neugestaltung des Marktplatzes. Neben dem Campus die beiden Leuchtturm-Projekte.

Bestand ist aus der Zeit gefallen

Manche hätten dieses Geld schon gerne früher gesehen. Die Politik habe zu spät reagiert, so Rainer Küchen, Vorsitzender des Wirtschafts- und Strukturrats Bremen-Nord. Trotz Kenntnis vom „schleichenden, immer größer werdenden Leerstandes“ habe sie über einen viel zu langen Zeitraum nichts unternommen. Als die Konzepte im Frühjahr 2023 politisch beschlossen worden seien, habe der Leerstand bereits ein extremes Potenzial erreicht.

Im Auftrag der Stadt berät Heike Wohltmann aus einem leerstehenden Laden am Marktplatz heraus Eigentümer, die vielleicht sanieren wollen. Es gebe viele Gründe, warum die anderen Leerflächen nicht vermietet werden können. Zum Beispiel können oder wollen es die Eigentümer aufgrund ihres Alters nicht oder es gibt keine ausreichend gute Idee. Viele Gebäude seien außerdem in einem schlechten Zustand – und oft aus der Zeit gefallen: „Einige dieser Läden haben zum Beispiel unten kein WC. Weil es so ausgelegt war: Man wohnte oben und ging mal eben hoch, wenn man auf Toilette musste.“

Läden sollen Wohnungen werden

Wohltmann und Schulz glauben, dass der Leerstand viele Chancen bietet – zum Beispiel für soziale Einrichtungen, die in Blumenthal Bedarf wecken könnten – Pflegedienste oder Nachhilfeschulen können sich die beiden unter anderem vorstellen. „Es muss sich ja auch ein Bedarf und eine Idee entwickeln. Also es muss auch jemand kommen, der sagt: Ich möchte genau an dieser Stelle in Bremen Nord, in Blumenthal so ein Geschäft mit irgendetwas füllen“, sagt Schulz und wünscht sich, dass nicht nur Eigentümer, sondern ebenso Gründungsinteressierte vor Ort beraten werden.

Andere Läden könnten in Wohnungen umgewandelt werden. Darauf setzt auch Ortsamtsleiter Oliver Fröhlich. Nur ist das noch nicht erlaubt, eine notwendige Änderung des Baurechts vor Ort langwierig. „Das Zentrum von Blumenthal ist mittlerweile wie ein riesengroßes Puzzle“, fasst der Ortsamtsleiter zusammen. Man arbeite an vielen Fronten, man müsse am Ende schauen, was zusammenpasse.

Die Planungen in der Stadtentwicklung sind im vollen Gange. Diese gehen auch über die Blumenthaler Geschäftsstraße hinaus.

Bild: Radio Bremen

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Quelle:
buten un binnen.

Dieses Thema im Programm:
Bremen Eins, Der Morgen, 7. Juli 2025, 07:40 Uhr