Frankreich geht am Sonntag mit besten Karten in das Finale der Gruppe D. „Les Bleues“ können sich gegen die Niederlande sogar eine Pleite mit zwei Treffern Unterschied erlauben, um das Viertelfinale zu erreichen. Doch die bis dato in der Schweiz begeisternde Equipe von Coach Laurent Bonadéi will voll auf Sieg spielen.
Das Gefühl einer Niederlage, die Französinnen kennen es schon fast nicht mehr. Die bis dato letzte Pleite des EM-Halbfinalisten von 2022 datiert vom 29. Oktober des vergangenen Jahres. Seinerzeit unterlag das Bonadéi-Team der Schweiz in einem Freundschaftsspiel im Stade de Genève mit 1:2. Im Anschluss feierte Frankreich neun Erfolge in Serie. Am Sonntagabend (21 Uhr, live im Ersten und bei sportschau.de) soll nun unbedingt Sieg Nummer zehn am Stück dazukommen, obwohl „Les Bleues“ schon ein Remis zum Gruppensieg reichen würde.
Doch Taktieren ist nicht nach dem Gusto der von Bonadéi umgekrempelten Auswahl – auch weil es sich der 55-Jährige schlichtweg verbittet. Sein Vorgehen ist dabei vor jeder Partie gleich: „Ich sage den Spielerinnen immer, dass sie sich auf dieses eine Spiel konzentrieren sollen. Denn nur in diesem einen Spiel können sie den Sieg einfahren.“
Mit seiner sehr fordernden Art hat er bei seinen Schützlingen offene Türen eingetreten. „Das ist wichtig für den Kopf“, sagte Mittelfeldakteurin Grace Geyoro und unterstrich mit Blick auf das Duell mit den Niederlanden: „Wir wollen unsere gute Form bestätigen.“
Frankreich in der Schweiz: Viel Talent und die richtige Mentalität
Die Erfolge gegen England (2:1) und Wales (4:1) waren im Zustandekommen zwar mit kleineren Problemen verbunden, insgesamt hinterließ Frankreich in beiden Partien aber einen sehr gefestigten Eindruck. Und dass, obwohl in Kapitänin Griedge Mbock die große Leaderin verletzungsbedingt bei der EM noch gar nicht auf dem Rasen stand. Doch ihr Ausfall wurde im Kollektiv aufgefangen von dem Team, über das die Abwehrchefin im Interview mit der „L’Equipe“ sagte: „Es ist eine neue Generation für eine neue Geschichte.“
Heißt frei übersetzt: Im Gegensatz zu früheren französischen Teams, die in schöner Regelmäßigkeit entweder an ihren Nerven oder internen Streitereien scheiterten, hat die aktuelle Mannschaft nicht nur ausreichend Talent, sondern auch die richtige Mentalität. Mbock ist sich jedenfalls sicher, dass das verjüngte Team in der Schweiz dazu in der Lage ist, den ersten Titel bei einem bedeutenden Turnier zu gewinnen.
Kapitänin Mbock gegen Niederlande vor EM-Debüt?
Die 30-Jährige, die an Wadenproblemen laborierte, ist am Freitag ins Mannschaftstraining zurückgekehrt. Möglicherweise feiert sie gegen die Niederlande ihr EM-Debüt. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Coach Bonadéi seine Anführerin noch einmal schont. Schließlich will Frankreich in der Schweiz weit kommen. Genau genommen ins Finale am 27. Juli.
Doch der Weg dahin ist steinig – und selbst die in ihrem zweiten Gruppenspiel gegen England so desolaten Niederländerinnen könnten noch zum großen Stolperstein werden. Denn bei einer Pleite mit drei Treffern Unterschied wäre das Turnier für Frankreich tatsächlich beendet, wenn England gleichzeitig Wales bezwingt. Die Sinne der Französinnen sind daher geschärft. „Wir werden alles geben und dieses Spiel sehr ernst nehmen“, sagte Amgreiferin Clara Mateo.
Gruppensieg würde Frankreich 48 Stunden Zeitgewinn bedeuten
Sollte Frankreich Rang eins verteidigen, hätte das Team zwei Tage mehr Pause, bevor es in diesem Fall am kommenden Sonnabend (19.07.2025, 21 Uhr) im Viertelfinale auf den Tabellenzweiten der deutschen Gruppe C treffen würde. Gerade mit Blick auf die vielleicht noch nicht vollständigt fitte Kapitänin Mbock wären diese 48 Stunden wohl sehr wertvoll. Und auch die ebenfalls aktuell angeschlagene Verteidigerin Maëlle Lakrar (Oberschenkelprobleme) würde vom späteren Spieltermin profitieren.
Zudem würden die Französinnen im Viertelfinale im St. Jakob-Park zu Basel antreten. Dem Endspiel-Stadion also. Dem Sehnsuchtsort. Dem Rasen, auf dem der französischen Traum vom Titelgewinn endlich in Erfüllung gehen soll. Die Chancen darauf standen für „Les Bleues“ den bisherigen Eindrücken nach vielleicht nie besser.