Für Maurice Krattenmacher war die letzte Etappe auf dem Weg ins Trainingslager von Hertha BSC wie eine Reise in die eigene Vergangenheit. Aus Berlin kommend landete die Mannschaft am Freitagmittag auf dem Flughafen München – in der Stadt also, in der er vor knapp 20 Jahren geboren wurde.

Mit dem Bus ging es anschließend weiter Richtung Süden, über die A8 und vorbei an der Ausfahrt 100a, die nach Bad Aibling führt, in Krattenmachers eigentliche Heimat. Als er vier Jahre alt war, zog die Familie von München hierher. In Bad Aibling ist er aufgewachsen und zur Schule gegangen; seine Eltern leben dort immer noch.

Nicht mal 80 Kilometer sind es von Bad Aibling bis Kitzbühel, wo Maurice Krattenmacher sich bis Freitag kommender Woche mit Hertha auf die Saison in der Zweiten Liga vorbereitet. Am Samstag wechselte das Team im Stadion des FC Kitzbühel für die anstrengende Vormittagseinheit auf den Nebenplatz. Auch den kennt Krattenmacher schon.

Es ist sinnvoll, noch mal einen kleinen Zwischenstep zu machen, damit ich im besten Fall – wenn alles gut läuft – früher oder später ganz oben angreifen kann.

Maurice Krattenmacher von Hertha BSC

Auf genau diesem Platz hat er vor einigen Jahren mit der U 15 der Spielvereinigung Unterhaching beim Cordial-Cup gespielt, einem großen Nachwuchsturnier. Wie sein Team damals abgeschnitten hat, weiß Krattenmacher nicht mehr. „Ich glaube, es war nicht so erfolgreich“, sagt er. „Weil ich mich nicht mehr daran erinnern kann.“

Auf den ersten Blick war auch die vergangene Saison für den offensiven Mittelfeldspieler keine allzu erfolgreiche. Vom FC Bayern München war er an den Zweitligaaufsteiger SSV Ulm ausgeliehen, der sich letztlich vergeblich um den Klassenerhalt mühte und als Tabellenvorletzter gleich wieder abgestiegen ist. Krattenmachers persönlichem Fortkommen aber hat das offensichtlich nicht geschadet.

Harmonisches Duo. Das Zusammenspiel zwischen Maurice Krattenmacher (hinten) und Fabian Reese klappte schon auffallend gut.

© dpa/Soeren Stache

„Ich hab‘ auf jeden Fall viel mitnehmen können“, sagt der Neue von Hertha BSC in einer Medienrunde während des Trainingslagers über seine Zeit in Ulm. In der vergangenen Saison habe er gelernt, „auch mit schlechten Phasen umzugehen“, erzählt er. „Ich bin mir sicher, dass sich das früher oder später auszahlt.“

Die deutsche Bilanz der Klub-WM Aber finanziell hat es sich doch gelohnt

Bei Maurice Krattenmacher scheint das eher früher als später der Fall zu sein. Dem Abstieg aus der Zweiten Liga folgte umgehend ein gewaltiger Karrieresprung: Krattenmacher durfte mit den Bayern zur Klub-WM in die USA reisen. „Die Erfahrung war unbeschreiblich“, sagt er. „Ich werde niemals vergessen, wie gut ich aufgenommen worden bin und dass ich mit den Besten der Besten trainieren durfte. Es war ein schönes Erlebnis.“

Zum Einsatz kam Krattenmacher während des Turniers zwar nicht; aber schon das Training mit Leuten wie Joshua Kimmich, Harry Kane oder vor allem Jamal Musiala hat ihn nach eigener Einschätzung bereits ein gutes Stück vorangebracht. „Jamal ist schon ein krasser Spieler“, sagt er. „Zu ihm kann man schon hochschauen. Wenn man auch mal annähernd so gut wird, dann hat man viel erreicht.“

Dass auch Maurice Krattenmacher über viel Talent verfügt, ist offenkundig. Bereits mit 16 hat ihn Trainer Sandro Wagner in der Regionalliga für die Spielvereinigung Unterhaching bei den Profis debütieren lassen. Seit der U 17 ist er in allen U-Nationalmannschaften des Deutschen Fußball-Bundes zum Einsatz gekommen.

Schon in der Jugend machte er einen Schritt zurück

Ob dieses Talent allerdings irgendwann auch einmal für einen festen Platz bei den Bayern reichen wird, ist eine andere Frage. Die Erfahrungen in den USA haben Krattenmacher zumindest nicht entmutigt. „Wenn ich das im Nachhinein betrachte, dann ist das auch ein bisschen Gewöhnungssache“, sagt er.

Das Tempo, nicht zuletzt im Kopf, sei im Training der Bayern natürlich ungleich höher gewesen als alles, was er zuvor kennengelernt hat. Aber wenn er den Maurice Krattenmacher aus dem ersten Training in den USA mit dem im letzten Training vergleiche, „dann war ich ein anderer Spieler“. Einer, der dank seiner fußballerischen Qualität in der Lage war, sich den höheren Anforderungen anzupassen.

Krattenmacher würde alles wieder so machen

Diese Entwicklung soll nun in Berlin seine Fortsetzung finden. Idealerweise wird Krattenmacher in der neuen Saison nicht wie mit Ulm gegen den Abstieg kämpfen, sondern mit Hertha BSC um den Aufstieg spielen. „Es ist sinnvoll, noch mal einen kleinen Zwischenstep zu machen, damit ich im besten Fall – wenn alles gut läuft – früher oder später ganz oben angreifen kann“, sagt er.

Eine ähnliche Erfahrung hat Maurice Krattenmacher schon in der Jugend gemacht. Mit knapp zwölf Jahren wechselte er aus dem Nachwuchs des großen FC Bayern zur kleinen Spielvereinigung nach Unterhaching. „Im Nachhinein habe ich alles richtig gemacht“, erklärt er. „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es genauso wieder machen. Der Weg war nicht allzu schlecht.“

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Für ein Jahr ist Krattenmacher nun vom FC Bayern an Hertha BSC ausgeliehen, im Moment noch ablösefrei. Eine Leihgebühr würde für die Berliner nur fällig werden, falls er in der kommenden Saison nicht ausreichend bei ihnen zum Einsatz käme. Nach den ersten Eindrücken, die Maurice Krattenmacher sowohl im Training als auch den Testspielen hinterlassen hat, scheint diese Variante allerdings eher unwahrscheinlich zu sein.