Erstmals steht Amanda Anisimova im Endspiel von Wimbledon. Doch im größten Spiel ihres bisherigen Lebens wird der Amerikanerin eine bittere Lehrstunde erteilt. So etwas hat es weit über hundert Jahre nicht gegeben. Publikum und Gegnerin bauen die junge Tennisspielerin auf.
Im Frauen-Finale von Wimbledon ist es zum deutlichsten aller möglichen Tennis-Ergebnisse gekommen. Die Polin Iga Swiatek demontierte ihre Gegnerin und gewann gegen Amanda Anisimova aus den USA 6:0, 6:0.
Es ist ein historischer Sieg: Mit diesem Ergebnis war in der langen Wimbledon-Geschichte erst ein Damen-Endspiel geendet: 1911 gewann die Britin Dorethea Chambers ebenfalls 6:0, 6:0. Zuletzt hatte Steffi Graf bei den French Open 1988 in einem Grand-Slam-Finale kein Spiel abgegeben.
Für die 24 Jahre alte Swiatek ist es bereits der sechs Grand-Slam-Titel, erstmals gewann sie aber in Wimbledon. Sie ist die einzige Spielerin der Profitennis-Geschichte neben Margaret Court und Monica Seles, die ihre ersten sechs Grand-Slam-Finals für sich entscheiden konnte. Swiatek gewinnt neben dem Titel auch 3,47 Millionen Euro Preisgeld.
„Es gibt kein vergleichbares Turnier. Ich war deshalb immer ängstlich hier“, sagte sie nach dem Triumph: „Auf dem Centre Court zu sein, fühlte sich wie großer Druck an und war mir etwas zu viel. Erst dieses Jahr habe ich gelernt, mich hier wohl zu fühlen.“
Die ein Jahr jüngere Anisimova stand erstmals einem Endspiel der vier großen Turniere. Sie war mit dieser Situation komplett überfordert und leistete sich zahlreiche einfache Fehler. Nach nur 57 Minuten war das Finale beendet.
Aufbauender Applaus für die weinende Anisimova
Sie fing bei der Siegerehrung an zu weinen, als sie über ihre Mutter sprach, die extra für das Finale eingeflogen war, und wurde mit langem Applaus vom Publikum aufgebaut. „Meine Mutter ist der selbstloseste Mensch, den ich kenne“, sagte Anisimova.
Dann wandte sie sich an ihre Gegnerin. „Du bist so eine unglaubliche Spielerin, du bist so eine große Inspiration für mich“, sagte Anisimova unter Tränen zu Swiatek: „Auch wenn mir heute etwas das Benzin ausgegangen ist und ich gerne eine bessere Vorstellung gezeigt hätte, wart ihr für mich da.“
Wegen der hohen Belastung durch das lange Turnier habe sie am Tag vor dem Finale nicht trainieren können. Sie hatte erst vor zwei Jahren wegen eines Burn-outs eine monatelange Pause genommen.
Swiatek nahm die Trophäe von Prinzessin Kate entgegen und lauschte der Gratulation der Schirmherrin des Turniers. „Das ist super surreal“, sagte Swiatek und richtete sich mit tröstenden Worten an ihre Gegnerin: „Egal, was heute passiert ist. Du kannst stolz auf deine Arbeit sein. Ich hoffe, wir spielen noch viele Finals gegeneinander.“
Sonntag dürfte es im Finale der Männer enger zugehen. Ab 16.00 Uhr (Amazon Prime und im WELT-Liveticker) treffen die derzeit dominierenden Spieler aufeinander: Topfavorit Carlos Alcaraz aus Spanien und der italienische Weltranglistenerste Jannik Sinner. Für Alcaraz wäre es der dritte Titel in London in Serie, Sinner steht erstmals im Wimbledon-Finale.
SUF mit dpa