Eigentlich ist er seit vergangenem Herbst der neue Chef des kleinen privaten Theaters am Wettiner Platz in Dresden. Aber immer, wenn es so richtig Sommer wird in der Stadt, setzt sich Peter Förster (seines Zeichens Autor, Regisseur, Chefbeleuchter, Inspizient und Platzanweiser – ein echter Theater-Impresario also) an den Kassentisch vor die schwere schmiedeeiserne Tür des Dresdner Bärenzwingers im Brühlschen Garten, wo er mit seiner Theatertruppe seit 22 Jahren Sommertheater spielt. Nicht irgendeines, wie er stolz verkündet.
Meistgespieltes Sommertheater in Dresden
„Wir spielen in nur sieben Wochen 42 Vorstellungen, außer montags jeden Tag“, gibt er zu Protokoll. Wer bietet mehr? In Dresden niemand. Und selbst deutschlandweit vermutlich nur die Störtebeker-Festspiele in Ralswiek auf Rügen, vermutet Peter Förster. Der lockt sein Publikum traditionell mit einem von ihm selbst verfassten Shakespeare-Stück. „Ein Shakespeare von Jules Verne“ heißt es diesmal im Kleingedruckten unter dem Titel: „Eine Reise zum Mittelpunkt der Zukunft“. Was aber hat die mit Shakespeare zu tun?
Wildes Theater
Da verweist Peter Förster auf die Tradition, der er sich bei diesem Sommertheaterspaß verpflichtet fühlt, und zählt auf: Elisabethanisches Theater vom Feinsten. Aufklärung – so wenig wie nötig. Sturm und Drang bis zum Abwinken. Schließlich wurde auch im historischen Globe-Theatre an der Themse in London „hemmungslos gesoffen und um die Sittsamkeit des Publikums stand es nicht zum Besten“, weiß der studierte Theaterwissenschaftler Peter Förster zu berichten.
Doch im Gegensatz zu damaliger Zeit hält sich das Dresdner Sommertheaterpublikum brav an die gegenwärtig geltenden moralischen Regeln und lediglich am frisch gezapften Bier aus der Region fest, das man während der Vorstellung trinken darf. Man muss auch nicht, wie im historischen Globe-Theatre, stehen. Schon gar nicht im Regen. Der Bärenzwinger ist überdacht, gespielt wird immer – Sommertheater auf der sicheren Seite.
Zurück in die Zukunft
Auf der Bühne herrscht zu Beginn des Stücks allerdings Unsicherheit. Darüber, mit welchem Verkehrsmittel man die Reise zum Mittelpunkt der Zukunft antreten sollte. „Können wir nicht mit der Mitropa in die Zukunft reisen? Im Sitzen, rollend, Essen auf Rädern speisen?“, heißt es da im durchweg gereimten Text des Abends.
Doch die Bahn wird abgewählt. Mit der würde man ja wohl eher in der Vergangenheit landen, meinen die vier jungen Schauspielprofis auf der Bühne. Drei von ihnen sind in Deutschland, eine in der ganzen Welt zu Hause. Gemeinsam schlüpfen sie in jede Rolle, die ihnen Peter Förster da ins Tagebuch seiner rasanten Reise geschrieben hat. Die vom Paris der Jules Verne-Zeit aus Richtung Zukunft startet und dabei, gewissermaßen auf halbem Weg, auch durch unsere Gegenwart führt.
Sommertheater als Revolution
Auf die und unsere Probleme zielt das Stück von Peter Förster auch ab. Witzig durchdachtes Sommertheater, das auf dieser Reise kaum ein menschliches Übel der vergangenen 150 Jahre auslässt, sich am Ende seinen Optimismus aber doch nicht nehmen lässt. „Die wichtigste Vorraussetzung für die Zukunft, ist eine Gegenwart voller Vernunft„, lautet die Erkenntnis.
Und nach dem Ende der Vorstellung steht der Impresario wieder am Ausgang und verabschiedet sein Publikum. Und allen die es wissen wollen, gibt er auch noch mal das Motto der Macher mit auf den Weg in die Sommernacht: „Spaß haben, die Welt verändern und damit Geld verdienen!“