Ob am Strand, im Freibad, in den Bergen oder auf Balkonien. Endlich ist Zeit, um in Ruhe zu lesen. Doch was lohnt sich? hessenschau.de hat Eva Demski, Jan Seghers und andere Autoren gefragt.

Mit einem guten Buch im Liegestuhl sitzen, die Sonne im Gesicht, Meeresrauschen in den Ohren oder den Duft von Freibad-Pommes und Sonnenmilch in der Nase – Ferienzeit bedeutet Lesezeit. Endlich haben wir Muße, mal mehr als nur drei Seiten im Feierabend zu lesen, bevor uns die müden Augen zufallen. 

Doch was eigentlich genau schmökern? Am besten Bescheid wissen diejenigen, die selbst spannende Bücher schreiben: Hessische Autoren und Autorinnen verraten ihre persönlichen Tipps für entspannte, inspirierende oder zum Nachdenken anregende Sommerlektüren. 

Jan Seghers – Wanderfalke für die Reisetasche

Es kommt durchaus vor, dass Matthias Altenburg, alias Jan Seghers, am Strand seine eigenen Kriminalromane in den Händen von sich sonnenden Urlaubsgästen entdeckt. Das freut ihn natürlich sehr. Wer allerdings für eine Weile genug von Kommissar Marthaler hat, dem kann der Frankfurter Autor die Tagebücher der Virgina Woolf empfehlen, die bei ihm selbst in der Reisetasche landen werden, denn er findet sie „einfach fantastisch“. 

Als „ideale Urlaubslektüre“ beschreibt der Krimibuchautor außerdem Helen Wolffs „Hintergrund für Liebe“ – ein Roman, entstanden 1932/33, der von der Flucht eines Liebespaares aus den kippenden Verhältnissen in Deutschland nach Südfrankreich erzählt. „Das ist ein rührendes Buch“, sagt Altenburg. „Unglaublich schön geschrieben.“ 

Begeistert hat ihn auch „Der Wanderfalke“ von J.A. Baker. Der Autor folgte in den 60er Jahren mit seinem Fahrrad einem Wanderfalken – „ein fast menschenleeres Buch“, so Altenburg, „aber von einem sprachlichen Reichtum.“ Ein Buch also, das in die Reisetasche sollte. 

Weitere Informationen Lektüre-Tipps von Jan Seghers im Überblick

  • Virginia Woolf, Tagebücher 1-5 (S. Fischer Verlage, 1990)
  • Helen Wolff, Hintergrund für Liebe (Rowohlt, 2022)
  • J.A. Baker, Der Wanderfalke (Matthes & Seitz Berlin, 2014) 

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ein Mann inmitten eines grünen Buschs

Krimiautor Jan Seghers in seinem Garten bei Frankfurt.
Bild © picture alliance / Bernd Kammerer | Bernd Kammerer

 

Eva Demski – Leuchtgans und Badematte für den Garten

Heute verreist die 81-Jährige kaum noch. Doch früher, da waren die Urlaubskoffer der Frankfurter Autorin Eva Demski so schwer, dass sie Schwierigkeiten hatte sie vom Kofferband zu heben. Bis zu 12 Bücher schmökerte Demski im Sommerurlaub, die zuletzt selbst „Pluderkammer“ veröffentlichte. Ein Roman, der von sprechenden Löffeln, verschwundenen Jahren und anderen Dingen erzählt. 

Inzwischen entspannt Eva Demski am liebsten in ihrem Garten. Dort findet man sie derzeit mit einem schweren Wälzer auf den Knien: „Thomas Mann“ von Tilmann Lahme. „Man lernt einen ganz anderen Thomas Mann kennen. Nicht diesen eisernen Großschriftsteller, sondern einen Menschen voller Ängste und Geheimnisse“, schwärmt Demski. 

Nicht ganz so dick und damit reisekofferkompatibel ist folgende Lektüreempfehlung: „Rutschfeste Badematten und koschere Mangos“ von Eldad Stobetzki. „Das sind kleine, leicht erscheinende, aber in Wirklichkeit ganz nachhaltige Geschichten“, erklärt Demski. Da man es immer wieder aus der Hand legen könne, sei es absolut „gartengeignet“. 

Ein Bilderbuch gegen Verdrießlichkeit kann Eva Demski auch empfehlen: Hans Traxlers „Paula, die Leuchtgans und andere Tiere“ – als Ausgleich, weil die Welt „in einem so abscheulichen Zustand“ ist. 

Weitere Informationen Lektüre-Tipps von Eva Demski im Überblick

  • Hans Traxler, Paula, die Leuchtgans und andere Tiere (Suhrkamp, 2020)
  • Eldad Stobetzki, Rutschfeste Badematten und koschere Mangos (Westend Verlag, 2024)
  • Tilmann Lahme, Thomas Mann (dtv, 2025)  

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eine rothaarige Frau hinter einer Hecke

Eva Demski, Schriftstellerin und Hobbygärtnerin, vor einigen Jahren in ihrer grünen Oase.
Bild © picture-alliance/dpa/ Frank Rumpenhorst

 

Fikri Anıl Altıntaş – Familienromane für Balkonien

Der Wetzlarer Autor Anıl Altıntaş wird in diesem Sommer weniger zum Lesen kommen. Mitte August erscheint sein neues Buch „Zwischen uns liegt August“ – die autofiktionale Erzählung eines deutsch-türkischen Protagonisten, der mit dem nahenden Tod seiner Mutter zwischen Abschied und Neuanfang steht. Weniger eine Lektüre für den Strand, wie er zugibt. Mehr eine, auf die man sich am besten mit einem Glas Wein abends auf dem Balkon einlassen kann. 

Für das Lesen am Strand oder am Badesee dagegen empfiehlt er Lin Hierses Roman „Das Verschwinden der Welt“. Eine Frau zieht nach dem Tod ihrer Mutter in ein Haus am Fluss und stemmt sich verzweifelt gegen den Abriss des Hauses und seiner Geschichten. „Die Geschichte ist fantastisch gebaut, zieht sofort in den Bann und das in einer packenden Sprache“, sagt Altıntaş. 

Sprache – die sei ihm sowieso wichtig für eine gelungene Urlaubslektüre. Deshalb empfiehlt er auch Lyrik zu lesen. „Lustdorf“ von Alisha Gamisch ist ein poetischer Dialog zwischen Enkel und Großmutter über Lust und Migration und „fantastisch geschrieben“. 

Wer gedanklich etwas mehr in die Ferne schweifen und dabei vielleicht auch Neues oder Überraschendes lernen mag, dem rät Altıntaş zu „Vom Westen nichts Neues“ von Emran Feroz – ein Buch über Feroz‘ Leben zwischen Tirol und Afghanistan, das eindrucksvoll gefährliche Klischees des Westens über die muslimische Welt entlarvt. 

Weitere Informationen Lektüre-Tipps von Fikris Anıl Altıntaş im Überblick

  • Lin Hierse: Das Verschwinden der Welt (Piper Verlag, 2024)
  • Alisha Gamisch: Lustdorf (Verlagshaus Berlin, 2022)
  • Emran Feroz: Vom Westen nichts Neues (C.H.Beck, 2024) 

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Ein Mann mit einem weißen Hemd

Der Schriftsteller Fikri Anıl Altıntaş 
Bild © picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

 

Yandé Seck – Sachbuch für Sommerabende

Anstatt Urlaubspläne, Geburtsvorbereitung: Die Offenbacher Autorin Yandé Seck erwartet im August ihr drittes Kind. Ein bisschen Lese-Zeit auf Balkonien bleibt der Autorin von „Weiße Wolke“ also noch. In ihrem Debütroman nahm sie sich den prägenden Themen unserer Zeit an wie Rassismus, Zugehörigkeit und Sorgearbeit.  

Für die Strandtasche empfiehlt sie einen Roman, den sie selbst in einem Zuge durchgelesen hat: „Dream Count“ von Weltbestseller-Autorin Ngozi Adichie. Ein Buch über vier Frauen und die Sehnsucht nach Sichtbarkeit, Liebe und Selbstbestimmung. „Man lernt vieles dazu, aber es ist trotzdem leichtfüßig, so wie eine Sommerlektüre sein sollte“, findet Seck. 

Wer in der Ferne Heimweh nach der deutschen Provinz bekommt, dem rät die Offenbacherin zu Nora Schramms „Hohle Räume“. Mit viel Witz erzählt die Autorin die Rückkehr der 30-jährigen Protagonistin zu ihren Eltern aufs Land. „Wie die Eigenheiten der Eltern geschildert werden – ich habe beim Lesen laut gelacht“, sagt Seck. 

Ideal zum Schmökern und häppchenweise Lesen an mehreren, lauen Sommerabenden ist Yandé Seck zufolge „Migrantenmutti“ von Elina Penner. Ein Sachbuch, das unterhaltsam aufzeigt, wie politisch doch Elternschaft ist. 

Weitere Informationen Lektüre-Tipps von Yandé Seck im Überblick

  • Ngozi Adichie, Dream Count (S. Fischer Verlage, 2025)
  • Nora Schramm, Hohle Räume (Matthes & Seitz Berlin, 2024)
  • Elina Penner, Migrantenmutti (Aufbauverlag, 2023) 

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Autorin Yandé Seck sitzt auf einer Couch

Autorin Yandé Seck auf ihrem Lesesofa.
Bild © Nils Heck