Es ist eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren britischen Geschichte: Um die Jahrtausendwende missbrauchten sogenannte Grooming-Gangs, überwiegend Männer muslimischer Herkunft, systematisch Hunderte, wenn nicht Tausende weißer Mädchen und junger Frauen. Was folgte, war mehr als nur behördliches Versagen – es war eine bewusste Politik des Wegsehens. Nun, während die oppositionellen Konservativen im Unterhaus eine staatliche Untersuchung fordern, steht auch Premierminister Keir Starmer im Kreuzfeuer der Kritik. Als damaliger Chef der Staatsanwaltschaft trägt er eine besondere Verantwortung für das kollektive Schweigen der Institutionen.

Die Zahlen sind erschütternd. Allein in Rotherham wurden über 1400 überwiegend weiße Kinder über 15 Jahre hinweg Opfer organisierter Missbrauchsnetzwerke. Die Täter verhöhnten ihre Opfer als „weiße Schlampen“. Die Details sind kaum zu ertragen: Mädchen wurden mit Benzin übergossen, mit dem Tod bedroht, von Gruppen vergewaltigt. Ein 14-jähriges Mädchen wurde so brutal misshandelt, dass sie operiert werden musste. Eine andere wurde gezwungen, einen roten Ball im Mund zu tragen, während vier Männer sie gleichzeitig vergewaltigten.

Die Dimension des Versagens wird in weiteren Fällen besonders deutlich: Ein zwölfjähriges Mädchen namens Sophie wurde direkt vor der Polizeistation in Oldham entführt und von sieben Männern vergewaltigt. Als sie den Mut fand, den Missbrauch zu melden, verzeichnete die Polizei den Vorfall nicht einmal als Straftat. Ein Sozialarbeiter verstieg sich später zu der zynischen Behauptung, Sophie sei „zu Fantasien geneigt“. Es ist die Quintessenz eines Systems, das seine Opfer nicht nur im Stich ließ, sondern aktiv verleugnete.

Die Polizei versagte dabei nicht aus Unvermögen, sondern mit System. Beamte bezeichneten die Opfer sogar als „Schlampen“ und taten den Missbrauch als „Lifestyle-Entscheidung“ ab. Ein besonders perfides Detail: Als ein 14-jähriges Mädchen noch auf der Polizeiwache war, um eine Vergewaltigung anzuzeigen, erhielt sie eine SMS von ihrem Peiniger. Er hatte ihre elfjährige Schwester in seiner Gewalt und stellte sie vor die „Wahl“. Das Mädchen zog die Anzeige zurück. Bis heute wurde kein einziger Polizeibeamter für dieses systematische Wegschauen zur Rechenschaft gezogen.

Die Reaktion der britischen Institutionen? Ein beschämendes Gemisch aus Feigheit und ideologischer, woker Verblendung. In Oldham, Telford und vielen weiteren Städten wiederholte sich dasselbe Muster: Behörden, gelähmt von der Angst, des Rassismus bezichtigt zu werden, schauten weg. In den britischen Medien sagen Beamte aus, dass das schon lange normal sei, man sich aber nicht trauen würde zu handeln – weil die Täter nicht in das gesellschaftliche Muster passten.

Die Perversion des Rechtsstaats ging so weit, dass nicht die Täter, sondern die verzweifelten Väter verhaftet wurden, die versuchten, ihre Töchter aus den Fängen der Vergewaltiger zu befreien. In einem Fall arrangierte ein Sozialarbeiter sogar die islamische „Hochzeit“ eines 14-jährigen Opfers mit ihrem Peiniger.

Die Labour-Regierung unter Keir Starmer setzt diese Politik des Wegsehens nahtlos fort. Seine Staatsministerin Jess Phillips blockiert eine öffentliche Untersuchung in Oldham – aus Angst vor der Wahrheit. Denn die Zahlen sind vernichtend: Nur einer von 73 muslimischen Männern in Rotherham wurde zwischen 1997 und 2016 wegen Beteiligung an den Grooming-Gangs verurteilt.

Parallelgesellschaften sind kein Zufall

Hier ist das multikulturelle Zusammenleben gescheitert – auf Kosten wehrloser Kinder. Während die Elite sich in Diskussionen über kulturelle Sensibilität erging, wurden Mädchen zu Freiwild erklärt. Die Parallelgesellschaften, in denen diese Verbrechen gedeihen konnten, sind kein Zufall, sondern das Ergebnis einer Politik der falschen Toleranz.

Nun rächt sich diese Verdrängung. Rechtspopulistische Kräfte wie Reform UK gewinnen an Zulauf, während Labour seine moralische Autorität verspielt und jeden, der eine neue Aufarbeitung der Fälle fordert, zu einem „Rechtsextremen“ macht. Die Forderungen werden radikaler: Massenabschiebungen, Entzug der Staatsbürgerschaft für Mittäter, „schnelle und brutale Justiz“, wie Reform-UK-Politiker Rupert Lowe es formuliert.

Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Eine Gesellschaft, die bestimmte Formen des Rassismus aus ideologischen Gründen ignoriert, macht sich mitschuldig. Die aktuelle Weigerung der Labour-Regierung, eine umfassende Untersuchung einzuleiten, ist dabei nur die Fortsetzung jener Politik der Verdrängung, die den Skandal erst möglich machte.

Vom behördlichen Wegschauen um die Jahrtausendwende bis zur heutigen Blockadehaltung Starmers zieht sich eine direkte Linie des Versagens: Es ist die Geschichte einer Elite, die ihre moralische Autorität auf dem Altar der politischen Korrektheit opferte. Die Opfer warten bis heute auf Gerechtigkeit – doch was sie bekommen, ist nur das Echo ihres damaligen Hilferufs: ein System, das sich weigert, hinzusehen.

Henry Donovan ist Deutsch-Brite. Er besuchte die Axel-Springer-Akademie und ist heute selbstständiger Kommunikationsberater in Berlin.