„Ich habe das Glück, ehrenamtlich in einem sechsköpfigen Vorstand mitarbeiten zu dürfen. Unser Antrieb sind 75 000 Kinder und Jugendliche in etwa 2500 Chören und Ensembles, deren Interessen wir vertreten“, sagt der 34-jährige Wuppertaler, der in den letzten fünf Jahren auch im Stadtrat saß. Er freut sich sehr, dass Deutschlands Landesmusikräte in diesem Jahr die menschliche Stimme zum „Instrument des Jahres“ erkoren haben.
„Die Stimme ist immer dabei, jeder kann sie benutzen, jeder Mensch kann singen, die menschliche Stimme kann (fast) alles“, sagt Guder, der mit zehn Jahren als Sänger in der Wuppertaler Kurrende begonnen hat. „Das war toll. Ich war „der Typ mit der Stimme“ und konnte zwei oder dreimal in der Woche meine Peergroup treffen“, erinnert er sich. In der Grundschule hatten zwei Praktikanten den Eltern empfohlen, Max in den Knabenchor zu schicken. „Da war ich genau richtig und habe mit viel Freude unter der Leitung von Heinz Rudolf Meier gesungen.“ Nach dem Abitur und wegen einer Studienzeit im Ausland, verließ er den Chor. In einem Grußwort zum 100. Jubiläum der Kurrende im vorigen Jahr sagte er als Vorsitzender der Deutschen Chorjugend: „Die Kurrende ist mehr als nur Singen. Sie ist Verein, Freundeskreis, ein Stück zu Hause. Alle Beteiligten schaffen einen Ort, an dem mit höchster Qualität Musik gemacht wird, aber auch soziale Kompetenzen gefördert werden.“
„Singen ist Gemeinschaft“, sagt Guder und mag deshalb das Motto der Deutschen Chorjugend sehr: „Zusammen singen wir stärker.“ Er denkt, dass durch das „Instrument des Jahres“ die menschliche Stimme und der Gesang deutlich mehr im Fokus stehen. „Das ist auch ein Werbeeffekt für Chöre“, meint der begeisterte Sänger, der heute im Wuppertaler Pop-Chor chor&more aktiv ist. Bei einem offenen Singen auf dem Arrenberg hat ihn die Chorleiterin Hilde Kuhlmann vor sieben Jahren überzeugt. „Die Chorprobe ist mein Ruhepol. Wir singen mit viel Spaß auf sehr hohem musikalischen Niveau mit einer tollen Chorleiterin“, schwärmt Guder und ergänzt: „Ich kann mir nicht vorstellen, nicht mehr zu singen.“
Er nennt es ein großes Glück, dass er in Wuppertal in zwei niveauvollen Chören singen durfte. Der Switch zwischen den Genres – von Bach und Mendelssohn zu Coldplay und Cyndi Lauper – habe ihm viel Freude gemacht. „Chorgesang ist so vielfältig“, betont er – und hat den Eindruck, dass es neuerdings wieder mehr Chorgründungen gibt. „Es geht aufwärts, die Zahl der Chöre wächst“, bestätigt der nordrhein-westfälische Landesmusikrat. Von jungen Popchören über Hochschul- oder Jazzchöre, den Barbershop-Gesang bis zum Heavy-Metal-Chor ist alles vertreten.
Allerdings haben die etwa 50 000 Chöre in Deutschland schwere Zeiten hinter sich. Jahrelang registrierte der Deutsche Chorverband Rückgänge. Lebensbedingungen und Freizeitverhalten veränderten sich, der demografische Wandel kam hinzu – eine Entwicklung, die auch Sportvereine, die Freiwillige Feuerwehr oder Gewerkschaften spüren. „Diese Entwicklung wurde durch die Pandemie beschleunigt“, sagt die Geschäftsführerin des Deutschen Chorverbandes, Veronika Petzold. In der Corona-Zeit haben viele Chöre aufgegeben. Chorgesang war strengen, teils existenzgefährdenden Einschnitten unterworfen, Singen galt als besonders gefährlich.
Chöre haben schwere Zeiten hinter sich – nun die Trendwende
Offenbar ist eine Trendwende in Sicht: In Großstädten entstehen Chöre mit besonderen Konzepten. In Nordrhein-Westfalen gehe nur die Zahl der reinen Männerchöre weiter zurück, alle anderen Chorgattungen, auch Kinder- und Jugendchöre wüchsen, erklärt eine Sprecherin des Landesmusikrates. Gesungen werde vielfach Pop-Repertoire der vergangenen 20 Jahre in mehrstimmigem Satz. „Als Bundesjugendverband hilft die Deutsche Chorjugend auch bei Neugründungen von Chören“, erklärt Max Guder.
Ein Projekt ist der SingBus, der seit 2021 durch Deutschland fährt und das Ziel hat, Kinderchöre bei der Neugründung und bei der Chorarbeit zu unterstützen. Im Rahmen des Programms „SingBus – in jedem Ort ein Kinderchor“ gestaltet die Deutsche Chorjugend gemeinsam mit Chören, Vereinen und Schulen Aktionstage, bei denen zusammen und füreinander gesungen wird. Der Bus bietet Kindern im wahrsten Wortsinn eine Bühne, viel musikalisches Know-how und praktische Unterstützung. „Wer einen Kinderchor gründen möchte, kann sich bei uns melden“, sagt Guder.
An das ehrenamtliche Engagement bei der Deutschen Chorjugend kam der Wuppertaler durch eine notwendige berufliche Veränderung. Bei den Kommunalwahlen 2020 erlangte er ein Ratsmandat, musste daraufhin seine Stelle in der Verwaltung der Stadt Wuppertal aufgeben und bewarb sich auf eine Stellenausschreibung bei der Deutschen Chorjugend. Dort wurde er hauptamtlicher Projektmanager. Als 2022 ein Vorsitzender gesucht wurde, kandidierte Guder für dieses Ehrenamt, wurde gewählt und musste sich im Hauptberuf wieder umorientieren. Von seinen Aufgaben ist er begeistert: „Wir fördern die musisch-kulturelle Bildung junger Menschen, Kinder- und Jugendbeteiligung, ehrenamtliches Engagement und vieles mehr. Auch in Wuppertal haben wir Mitgliedschöre“, sagt Guder.
Sehr wichtig findet er die Chorleica – die Jugendleiter-Card für junge Menschen in Chören. Umfangreich sind die Angebote der Deutschen Chorjugend zum Kinderschutz. Eine Fülle von Arbeitshilfen wie die Broschüre „Damit mehr Kinder singen dürfen! Chorangebote an Schulen gestalten“, stehen gedruckt und online zur Verfügung. Der Podcast Chor.LEBEN gibt in ansprechenden 30 bis 60 Minuten auf lebendige Weise viele Tipps und Hilfen für den Choralltag. „Wir fördern aktiv Chorbegegnungen. Für die Förderung 2026 kann man sich jetzt bei uns bewerben“, ermuntert Max Guder die Chöre.