Shopping in Zürich –
Sechs brillante Bücher für die Ferienlektüre
Über Dramen, Kunst, Rassismus: die besten Geschichten von Zürcher Autorinnen und Autoren für abwechslungsreiche Leseauszeiten.
Publiziert heute um 18:09 Uhr
«Daily Soap» ist Nora Osagiobares Debütroman, der Anfang 2025 bei Kein & Aber erschienen ist.
Foto: Claudia Jucker
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.BotTalk
Jede Woche stellen wir an dieser Stelle Neuentdeckungen aus Zürcher Läden vor. Passend zu den Sommerferien empfehlen wir neue und neuste Bücher von Zürcher Autorinnen und Autoren.
«Hardbrücke» von Mike Mateescu
Der Autor liess sich von der schwierigen Situation auf dem Zürcher Wohnungsmarkt inspirieren.
Foto: Claudia Jucker
Zürichs Wohnungsmarkt kennt kein Erbarmen – das weiss auch der in Zürich lebende Schriftsteller Mike Mateescu, der sich von der Wohnkrise inspirieren liess. In seinem neuen Krimi «Hardbrücke» will ein Mieter via Geiselnahme, die während eines historischen Unwetters stattfindet, Rache an der neuen Hausbesitzerin nehmen – sie plant, das alte Gebäude abzureissen und in Luxuswohnungen umzuwandeln. «Hardbrücke» ist der erste Fall für die Ermittlerin Danica Troy. Zürich wird hier prominent und en détail beschrieben, und am Ende wartet ein Plottwist.
Mike Mateescu hat auch die Krimireihe um Privatermittlerin Enitta Carigiet verfasst, und seine Bücher sind fast immer eine Liebeserklärung an die Stadt. Wer also auf Mateescus süffige Sprache steht, kann sich auch durch die Carigiet-Reihe lesen. (cs)
Mike Mateescu: Hardbrücke. Th.-Gut-Verlag 2025, 256 Seiten, ca. 21.20 Franken.
«Wut und Liebe» von Martin Suter
Eine Liebesgeschichte, eine Krimihandlung, ein raffinierter Plot – ein typischer Suter.
Foto: Claudia Jucker
Wie weit ist man bereit zu gehen, um den Schmerz einer erloschenen Liebe zu überwinden?
Diese Frage steht im Zentrum des neuen Romans von Martin Suter. Mit «Wut und Liebe» stieg er direkt wieder auf Platz 1 der «Spiegel»-Bestseller-Liste ein – wie so oft.
Sein neuster Roman erzählt die Geschichte vom jungen Künstler Noah Bach, dessen Beziehung zu seiner Freundin Camilla stark vom ausbleibenden Erfolg belastet ist. Die schöne Buchhalterin Anfang 30 hat sich mehr vom Leben erhofft, als mit ihrem Geld knapp den Lebensunterhalt für sich und ihren Freund zu bestreiten – sie trennt sich, obwohl sie ihn liebt.
Der Frust treibt Noah Bach in eine Bar, wo er die 65-jährige Betty Hasler kennen lernt. Auch sie ist von der Liebe enttäuscht und voller Groll auf den Geschäftspartner ihres Mannes, dem sie die Schuld an dessen Tod gibt. Ein unmoralisches Angebot von ihr könnte die Probleme des erfolglosen Künstlers, der davon besessen ist, Camilla zurückzugewinnen, lösen. Lässt er sich darauf ein? Der Roman ist ein typischer Suter: abwechslungsreich, nicht tiefgründig, aber unterhaltsam – mit Twist.
Auf der Bühne kann man sich von «Wut und Liebe» am 31. August in der Tonhalle überzeugen. (nib)
Martin Suter: Wut und Liebe. Diogenes-Verlag 2025, 304 Seiten, ca. 30.40 Franken.
«Daily Soap» von Nora Osagiobare
Nicht nur der alltägliche Rassismus, auch die seltsamen Leidenschaften ihrer Familie machen der Hauptfigur Toni zu schaffen.
Foto: Claudia Jucker
Ein Schweizer Departement, das Menschen anhand von Kaffeefarbtönen in verschiedene Hautfarben-Spektren einteilt. Ein Zürcher Modeunternehmen, das mit absurden Ideen gegen Rassismusvorwürfe kämpft. Und eine SVP-Initiative, die Ausländern das Lachen untersagt. In ihrem Roman «Daily Soap» schreibt Nora Osagiobare über ihre persönlichen Rassismuserfahrungen, die sie als Frau mit nigerianischen Wurzeln im Knonauer Amt und in Zürich gemacht hat.
«Ich habe viel Wut und Frust angesammelt», sagt sie. «Und den musste ich wieder ablassen.» Osagiobare tut dies mit viel Ironie, Wiener Humor, Meme-Kultur und Fussnoten. Riz Casimir kommt in ihrem Buch vor, die Kronenhalle, On-Sneaker, Stefanie Heinzmann und lauwarmes Rivella blau. «Daily Soap» ist lustig zum Lesen. Und gleichzeitig himmeltraurig. (tiw)
«Letzte Ruhe im Wohnmobil» von Stephan Pörtner
Während der Wintermonate macht es sich Henry Kummer an der Mittelmeerküste gemütlich.
Foto: Claudia Jucker
Seinen Camper hat Henry Kummer über die Wintermonate in Südfrankreich unweit von Nizza stationiert, wo er mit Hündin Tara auf wenigen Quadratmetern haust. Endlich, so hofft Kummer, kann er seinen Ruhestand geniessen. Doch als ihm sein unsympathischer Platznachbar Georges einen Umschlag anvertraut und kurz darauf spurlos verschwindet, ist es mit der Ruhe vorbei.
Kummer, der zweiunddreissig Jahre lang am Empfang des Kripogebäudes an der Kasernenstrasse gearbeitet hat, ist zwar kein klassischer Ermittler, doch ehe er sich versieht, lässt ihn der Fall Georges nicht mehr los. Zwei Jahre nach dem «Campingplatzkiller» ist auch dieser Krimi ein süffiger Lesestoff. Der Zürcher Autor Stephan Pörtner beobachtet präzise und erzählt mit einer Prise Humor. (cju)
Stephan Pörtner: Letzte Ruhe im Wohnmobil. Atlantis-Verlag 2025, 208 Seiten, ca. 21.10 Franken.
«Anatol abholen» von Lea Gottheil
Immer wieder bekommt Jil Herbst Anrufe, sie müsse ihren Sohn Anatol abholen. Dafür vernachlässigt sie ihr eigenes Leben.
Foto: Claudia Jucker
Jil Herbst wird immer durchsichtiger, während ihr siebenjähriger Sohn Anatol immer lauter schreit. Er fliegt aus dem Kindergarten und von der Privatschule, obwohl er klug und fantasievoll ist. Anatol schafft es nicht, sich sozial zu integrieren, und zeigt nur Interesse für Videogames. Trotz diagnostiziertem ADHS und Medikation fällt er durchs System und bringt sein ganzes Umfeld an die Belastungsgrenze.
Die Zürcherin Lea Gottheil erzählt schonungslos Anatols Geschichte, ohne ihn für sein Anderssein zu verurteilen. Immer wieder lässt sie uns die Liebe der Mutter spüren, obwohl diese mit Suizidgedanken kämpft. Da ist ein unzähmbarer Wille, nicht aufzugeben und daran zu glauben, dass es eine Lösung geben muss. Und zwar für alle. Der Roman liest sich leicht, obwohl es das Thema nicht ist. (cju)
Lea Gottheil: Anatol abholen. Kommode-Verlag 2024, 252 Seiten, ca. 21.20 Franken.
«Die Entflammten» von Simone Meier
Dieses Buch erzählt zwei Familiengeschichten und handelt von Liebe, Kunst und Van Gogh.
Foto: Gregor Schenker
Erschienen ist dieser Roman bereits vergangenes Jahr, aber demnächst kommt die Taschenbuchausgabe heraus. Diese ist handlicher als das Hardcover, wenn man sie mit in die Ferien und die Badi nimmt. Die Zürcher Autorin Simone Meier erzählt eine Geschichte mit doppeltem Boden: Ihre Hauptfigur ist Gina, die ihrerseits ein Buch über Jo van Gogh-Bonger schreibt.
Jo hat tatsächlich gelebt und sorgte dafür, dass ihr Schwager Vincent van Gogh nach seinem Tod zum weltberühmten Maler wurde. Meiers Buch dreht sich um fragile Männer, Geschlechterrollen und den Kunstbetrieb. Die Sprache ist lakonisch und hat ein hohes Tempo, sodass sich die Geschichte aller Tragik zum Trotz sehr beschwingt liest. (ggs)
Newsletter
Zürich heute
Erhalten Sie ausgewählte Neuigkeiten und Hintergründe aus Stadt und Region.
Einloggen
Fehler gefunden?Jetzt melden.
0 Kommentare