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Causa Brosius-Gersdorf: 300 Rechtswissenschaftler üben Kritik (4 Min)

Stand: 14.07.2025 21:01 Uhr

Nach der gescheiterten Wahl neuer Richter und Richterinnen für das Bundesverfassungsgericht im Bundestag haben rund 300 Professorinnen und Professoren der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf den Rücken gestärkt.

In einem Offenen Brief kritisieren Vertreterinnen und Vertreter der rechtswissenschaftlichen Forschung und Lehre sowie der Justiz aus ganz Deutschland den Umgang mit Frauke Borsius-Gersdorf. An der fachlichen Qualifikation der Kandidatin gebe es keine Zweifel, heißt es in dem Statement. Der Fall Brosius-Gersdorf ermögliche es, „mittelfristig über den Verfall der angemessenen Umgangskultur die gesamte demokratische Ordnung zu beschädigen“. Dies gelte auch für die Person selbst und die beteiligten Institutionen. Zu den Unterzeichnenden gehören auch Wissenschaftler aus Niedersachsen, etwa die Direktorin des Kriminalwissenschaftlichen Instituts der Leibniz Universität in Hannover, Susanne Beck. Weitere Unterzeichnerinnen und Unterzeichner kommen unter anderem von den Universitäten Osnabrück, Bremen, Lüneburg, Göttingen, Hamburg, Kiel, Rostock sowie der Hochschule Stralsund.

Alle Äußerungen, die Brosius-Gersdorf wissenschaftliche Reputation in Frage stellen, seien „schlicht unzutreffend und unsachlich“, bekräftigten die rund 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Kritik an juristischen Positionen oder anderen Meinungen sei legitim. Darstellungen aber von vornherein als „abseitig oder radikal einzuordnen“, sei durch Unkenntnis der rechtswissenschaftlichen Diskussion geprägt, heißt es weiter. Die Aussagen einzelner Bundestagsabgeordneter, Brosius-Gersdorfs Universität solle wegen dieser Positionen Maßnahmen gegen die Rechtswissenschaftlerin ergreifen, „stellen einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit selbst dar“, heißt es in dem offenen Brief weiter.

Politik soll Wissenschaftler schützen

Das Bundesverfassungsgericht und die deutsche Staatsrechtslehre hätten ihr hohes internationales Ansehen gerade auch durch die Verbindung von Verfassungspraxis und Verfassungsrechtswissenschaft gewonnen, teilten die Professorinnen und Professoren mit. Dies setze aber voraus, dass Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler, die sich daran beteiligen sollen, von der Politik vor Herabwürdigung geschützt werden. „Im Fall von Frauke Brosius-Gersdorf ist dies den dafür verantwortlichen Personen und Institutionen bisher nicht gelungen“, heißt es am Ende des Statements.

SPD will an Brosius-Gersdorf festhalten

Die CDU-Bundestagsfraktion wollte am Freitag nicht wie zugesagt die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf zur Richterin wählen. In der Union hatte es offene Kritik an der Juristin gegeben. Hintergrund sind unter anderem deren Positionen zu Abtreibung und Impfpflicht. Daraufhin wurde die Wahl der insgesamt drei Richterinnen und Richter vertagt. Die SPD will an Brosius-Gersdorf festhalten.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach.

Auch er hätte nicht für die SPD-Kandidatin gestimmt, sagte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach im Gespräch auf NDR Info.

Unionsfraktionschef Jens Spahn im Bundestag.

Alles „kein Beinbruch“ und schon gar keine Krise: Kanzler Merz sieht nach der geplatzten Richterwahl keinen Zeitdruck, doch die SPD ist nachhaltig empört. Im Fokus: Unionsfraktionschef Spahn.

Blick in den fast leeren Plenarsaal des Bundestags.

AfD und Linke hingegen kritisieren Union und SPD nach dem Desaster um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf scharf.

Blick in den leeren Plenarsaal des Bundestags.

Der Juristin Brosius-Gersdorf wurden Dinge vorgeworfen, die sie nie gesagt hat – und manchem davon wurde selbst im Bundestag nicht widersprochen. In der Sommerpause sollte die Koalition einiges klären, mahnt eine Politologin. Von B. Schwarz.

Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichtes mit dem Schriftzug Bundesverfassungsgericht.

In der SPD ist der Ärger über die Union groß. Man fürchtet, dass durch die geplatzte Richterwahl auch das Verfassungsgericht als Institution beschädigt wurde. Kritisch äußert sich auch ein Ex-Verfassungsrichter, der lange CDU-Spitzenpolitiker war.

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