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„Euer Priester ist zurück“: Sänger Rob Halford von Judas Priest lässt sich und die Band in der Olympiahalle München feiern.„Euer Priester ist zurück“: Sänger Rob Halford lässt sich und die Band feiern. © Martin Hangen

Judas Priest legen in der Münchner Olympiahalle eine höllisch gute Show hin. Die Heavy-Metal-Altmeister zeigen, dass sie nichts von ihrer Kraft eingebüßt haben.

München – Ganz schön verwegen für eine Heavy-Metal-Band, als Intro der eigenen Show „War Pigs“ von Black Sabbath zu verwenden. Diesen Riesenbrocken aus dem Zentralmassiv des harten Rock. Judas Priest lassen den Song eine Weile laufen, dann blenden sie ihn aus und Rob Halford kreischt die ersten Zeilen von „All Guns blazing“. Haargenau wie früher – also wie eine richtig, richtig schlecht gelaunte Wetterhexe. Als wären keine 35 Jahre vergangen, seit der Song aufgenommen wurde. Andy Sneap und Richie Faulkner lassen das famos fiese Gitarrenriff fräsen – und in der Olympiahalle ist der Teufel los.

Flinke Finger: Gitarrist Richie Faulkner von Judas Priest in der Münchner OlympiahalleFlinke Finger: Gitarrist Richie Faulkner. © Martin Hangen

Man darf den Auftakt zum beeindruckenden Konzert an diesem Sonntagabend als selbstbewusstes Signal verstehen: Black Sabbath mögen die Gründerväter des Heavy Metal sein – aber Judas Priest haben ihn Mitte der Siebziger optisch und klangtechnisch weiterentwickelt zu diesem Biest, das heute noch erfolgreich sein Unwesen treibt. Man nehme nur Accept, die altgedienten deutschen Hardrock-Haudegen, die den gut 9000 Fans im Vorprogramm einheizten: Sie verdanken Judas Priest alles.

Sänger Halford sieht mittlerweile aus wie der große Bruder des Kabarettisten Torsten Sträter

Sänger Halford, der mit seiner Glatze und dem Rauschebart mittlerweile aussieht wie der große Bruder des Kabarettisten Torsten Sträter, weiß das natürlich. Aber der Mann mit dem Ehrentitel „Metal God“ macht kein großes Aufhebens darum, so wie die große Show ohnehin nicht sein Ding ist. Er schreitet die Bühne ab, macht martialische Gesten mit seinen behandschuhten Fäusten, winkt dem Publikum (und spickt für manchen Text offenbar auf einen Teleprompter) – mehr nicht. Dafür kann er seine Stimmbänder immer noch malträtieren wie ein Junger, was ehrlich gesagt ein kleines Wunder ist nach diesem exzessiven Leben.

Und er gibt sich große Mühe mit dem Outfit – er zieht sich öfter um als Taylor Swift! Während die Gitarristen, Bassist Ian Hill und Drummer Scott Travis beim infernalischen Eröffnungs-Lärm aus allen Rohren feuern, verschwindet Halford zum ersten Mal hinter einem Paravent, zieht den Ledermantel (dessen Rücken als Hommage an München eine silberne Schlange in Brezen-Form zierte) aus und erscheint mit einem kürzeren Gehrock mit Nietenbesatz. Es wird noch lauter: „Hell Patrol“ – das Publikum steht kopf (trotz des grottigen Sounds, der im Laufe des Konzerts auch nicht besser wird). Und Halford ruft in den Jubel: „Euer Priester ist zurück!“ Dann schaut er Richie Faulkner während dessen Solo nickend auf die flinken Finger – als wäre er der zufriedene Betriebsprüfer von der IG Metal.

Volles Rohr: Bassist Ian Hill und Gitarrist Glenn Tipton. Links auf der Leinwand: Drummer Scott Travis von Judas Priest in der Münchner Olympiahalle.Volles Rohr: Bassist Ian Hill und Gitarrist Andy Sneap. Links auf der Leinwand: Drummer Scott Travis. © Martin Hangen

Das Album „Painkiller“ aus dem Jahr 1990, jene späte Blüte des klassischen Heavy Metal und womöglich dessen quintessenzielles Statement, spielen sie an diesem Abend nahezu vollständig. Nach einer Handvoll Songs ist offenbar schon Zugaben-Zeit: Mit „Freewheel Burning“ und „Breaking the Law“ kommen zwei Fan-Lieblinge früh – aber dann schicken sie gleich „Night Crawler“ und das relativ selten gespielte „Solar Angels“ hinterher, und man weiß, dass dieser alten Kanone das Pulver sicher nicht ausgehen wird.

Nicht nur Altrocker jubeln heute, sondern auch ziemlich viel junges Metal-Gemüse

Die Bühne kommt relativ unscheinbar rüber, auf der Videoleinwand flimmert ein kruder, aber durchaus Metal-konformer Mix aus schwarz-weißen Düster-Bildern und Manga-artigen Monstern – zwischendrin auch mal alte Szenen aus britischen Fabriken und Werkstätten. „Working Class“ eben: So fing alles an in den Siebzigern. Im Interview mit unserer Zeitung erzählte Halford neulich, dass er im Grunde nur die Wahl hatte, Sänger zu werden oder im Stahlwerk zu malochen wie sein Vater (Das gesamte Interview lesen Sie hier).

Er hat die richtige Wahl getroffen, und er weiß, wem er zu danken hat: den „beautiful Fans“. „Am Ende kommt alles auf euch an, Ihr schönen Metal Maniacs.“ Und tatsächlich jubeln da nicht nur Altrocker zurück, sondern auch ziemlich viel junges Metal-Gemüse.

„Beautiful Metal Maniacs“: Die Fans feiern Judas Priest in der Münchner Olympiahalle„Beautiful Metal Maniacs“: Die Fans feiern Judas Priest. © Martin Hangen

Und dann biegen sie mit einer fulminanten Performance von „Painkiller“, dem Song, in die Zielgerade. Eine Naturgewalt, die Halfords Vier-Oktaven-Organ alles abverlangt. „Electric Eye“ und „Hellbent for Leather“ – natürlich knattert der Sänger nun mit Harley Davidson auf die Bühne und nimmt sein Image als schwuler Leder-Mann auf die Schippe, indem er Andy Sneap ein paar mit der Peitsche überzieht. Szenen wie diese kann man einem Nicht-Metal-Fan nur schwer erklären. „Living after Midnight“ beendet den Reigen – Halford nun in einer bodenlangen Jeans-Kutte. „The Priest will be back!“, verspricht die Videoleinwand.

Nach dem frenetischen Abschied von ihren geliebten „Metal Maniacs“ ertönt wieder ein verwegenes Lied von Band: „We are the Champions“. Judas Priest dürfen das.