mRNA-Methode gegen Bakterien statt Viren
Das könnte sich nun ändern: Das Team um Elia hat erstmals einen Impfstoff gegen die Lungenpest entwickelt und erfolgreich im Tierversuch getestet. Grundlage dafür war eine vor zwei Jahren von den Forschenden entwickelte Methode, die menschliche Zellen dazu bringt, auch bakterielle Proteine zu produzieren. Anders als bei mRNA-Vakzinen gegen Viren ist es für solche Impfstoffe gegen bakterielle Erreger deutlich komplizierter, Zellen zur Herstellung solcher Fremdproteine zu bringen.
Der Grund: Viren sind ohnehin daran angepasst, ihre Proteine über unsere Zellmaschinerie herzustellen. Sie produzieren eigens dafür Enzyme – die sich dann auch für die mRNA-Impfstoffe nutzen lassen. Bakterien haben dagegen ihre eigenen Proteinfabriken. Daher müssen Forschende erst geeignete genetisch-biochemische Signalwege finden. Wenn die mRNA diese „Anweisungen“ dann in die Zellen einschleust, können diese das Bakterienprotein erzeugen und so das Immunsystem vorwarnen.
Bauanleitungen für zwei Pest-Proteine
Nach diesem Prinzip haben Elia und seine Kollegen jetzt erstmals einen mRNA-Impfstoff gegen die Lungenpest entwickelt. Er beruht auf den mRNA-Bauanleitungen für zwei Proteine von Yersinia pestis. „Das F1-Protein bildet die Kapsel des Bakteriums und schirmt es vor der Phagozytose durch die Wirtzellen ab“, erklären die Forschenden. „Das LcrV-Protein unterdrückt die inflammatorische Reaktion des Wirts.“
In Lipidbläschen verpackt kann mRNA in die Zellen eingeschleust werden. Moderne mRNA-Wirkstoffe nutzen dafür speziell optimierte Lipid-Nanopartikel. © Fancy Tapis/ Getty images
Wie bei den Corona-Impfstoffen auf mRNA-Basis werden die in der Boten-RNA kodierten Bauanleitungen in einer Lipid-Nanohülle verpackt. „Dieses Lipid-Nanopartikel ähnelt in seiner Zusammensetzung den menschlichen Zellmembranen, dadurch kann es mit diesen verschmelzen“, erklärt Elia. Die Zellen lesen daraufhin die Bauanleitungen aus und produzieren die Bakterienproteine. Dadurch kann nun das Immunsystem diese Biomarker des Pesterregers erkennen und sich merken.
100-prozentiger Schutz selbst gegen hochaggressive Pest-Stämme
Im Tierversuch hat sich der neue Lungenpest-Impfstoff bereits bewährt. Dafür wurden Mäuse zwei- oder dreimal im Abstand von jeweils 14 Tagen mit dem mRNA-Vakzin geimpft, dann erhielten sie per Nasenspray eine tödliche Dosis des Lungenpest-Erregers. Das Ergebnis: “Die Impfung verlieh den Tieren einen 100-prozentigen Schutz gegen die Lungenpest“, berichten die Forschenden. Selbst nach nur zwei Impfungen überlebten alle Mäuse die normalerweise tödliche Infektion.
Ähnlich wirksam war die mRNA-Pestimpfstoff auch gegen zwei weitere hochaggressive Stämme von Yersinia pestis. „Die Tiere wurden nicht einmal krank“, berichtet Elia. Die hohe Schutzwirkung des neuartigen Vakzins eröffnet damit die Möglichkeit, die mRNA-Technologie künftig auch gegen die gefährliche Pest einzusetzen. Das könnte beispielsweise helfen, die wiederkehrenden Pestausbrüche auf Madagaskar zu verhindern.
Schutz gegen Seuche und Biowaffen-Terror
„Angesichts der Tatsache, dass Yersinia pestis von der WHO als potenzielle Biowaffe der Stufe-1 eingestuft wird, reicht diese mRNA-Plattform noch über den konventionellen Infektionsschutz hinaus“, schreibt das Team. Denn der mRNA-Impfstoff könnte auch dann eingesetzt werden, wenn ein terroristischer Biowaffen-Angriff mit dem Pesterreger droht. Zudem eignet sich das zugrundeliegende Prinzip auch für Impfstoffe gegen andere bakterielle Erreger, wie Elka und seine Kollegen erklären.
Bevor der neue mRNA-Impfstoff gegen die Lungenpest aber zugelassen werden kann, muss er zunächst weitere Tierversuche absolvieren. Dann könnten die ersten klinischen Studien mit Menschen erfolgen. (Advanced Science, 2025; doi: 10.1002/advs.202501286)
Quelle : Tel-Aviv University
15. Juli 2025
– Nadja Podbregar