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Anna Average Autorin DietzenbachMit Humor durch Krisen: „Anna Average“ schrieb lustige Ereignisse an schwierigen Tagen auf. So entstand ihr Buch „Alles Alltag oder was?“. © Privat

Anna Average jongliert mit den Herausforderungen des Alltags. Humor ist ihr Schutzschild gegen die Überforderung. Ihr Buch gibt stillen Heldinnen eine Stimme.

Dietzenbach – Wie es sich anfühlt, als Mutter, Freundin, Tochter, Ehefrau, Mitarbeiterin, Köchin und Chauffeurin sich im Leben zu verlieren, weiß die Dietzenbacher Autorin „Anna Average“. Das Fass läuft schnell über, selbst die kleinen Dinge überfordern einen. Sie jongliert zwischen Arztterminen, Kindergeburtstagen, Wäsche, Arbeit, Familienleben, Hobbys und den unberechenbaren Dingen des Lebens. Sie versucht, die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen und dabei nicht verrückt zu werden. Mit einem Schutzschild aus Humor kommt sie durch den Alltag.

Average widerspiegelt die Durchschnittsfrau über 40, die alles meistert und die von der Gesellschaft „keinen Applaus“ dafür bekommt. In ihrem Buch „Alles Alltag oder was?“ ist sie die Stimme jeder solcher Frau – einer stillen Heldin im Alltag. „Es gibt so viele Frauen, die kümmern sich um tausend Dinge gleichzeitig und bekommen dafür kaum Anerkennung“, sagt die Dietzenbacher Autorin. Eigentlich heißt sie anders, ihren wahren Namen will sie aber nicht preisgeben. „Das war die Bitte meiner Kinder. Sie sagten zu mir: ,Mama, dass du peinlich bist, wissen wir ja. Aber wenn du jetzt auch noch über uns mit deinem eigenen Namen schreibst, können wir uns ja nirgends mehr blicken lassen!‘“ Und so veröffentlichte sie ihre Ansammlung aus humorvollen Kurzgeschichten aus ihrem Leben unter einem Pseudonym: „Da ich mich als ziemlich durchschnittlich betrachte, wurde eben Anna Average geboren.“

Es gibt so viele Frauen, die kümmern sich um tausend Dinge gleichzeitig und bekommen dafür kaum Anerkennung.

Ein Beispiel aus ihrem Buch: „Ich rege mich ja ganz gerne auf, besonders über Kleinigkeiten. Das ist gut für die Gesundheit, bringt den Kreislauf in Schwung und hat einen Seelen-reinigenden Effekt. Einmal hochfahren, System auf Volllast bekommen, an der Decke kleben, wieder runterkommen, Thema durch.“

„Mit einem Vollzeitjob, zwei Kindern, einem Mann, Haushalt, Hobby, Eltern, Freunden und gesellschaftlichen Verpflichtungen gab es Tage, an denen alles einfach zu viel war“, erklärt die 59-Jährige. Ihre Eltern rieten ihr damals, jeden Abend an einen schönen Moment des Tages zu denken und dankbar dafür zu sein. Daraus wurde ihre Lebensphilosophie. Wenn etwas Lustiges oder Schönes passierte, sie sich über etwas ärgerte oder sie etwas zum Nachdenken brachte, schrieb sie es sich etwa zehn Jahre lang auf einem Zettel auf, irgendwann wechselte sie zu Maus und Tastatur. Sie las es und hatte wieder Hoffnung, dass alles gut sein wird. „Es war für mich, wie eine Therapie.“

13 Jahre später findet sie beim Aufräumen das Manuskript mit kurzen Alltagsgeschichten von A bis Z und da ihre Kinder bereits groß sind, beschließt sie, es zu veröffentlichen, schreibt Verlage an. Und stößt auf Ablehnung. Nach ein paar Monaten Schweigen seitens der Verlage merkt sie: Die beste Lösung für sie ist Selbstpublishing mit book on demands (BoD). Das heißt: „Die Bücher werden erst gedruckt, wenn sie bestellt werden“, erläutert die Autorin. „Das war relativ kostengünstig und unkompliziert“, sagt sie. Die größte Herausforderung? Die Formatierung – daran saß sie Tage.

Das Gefühl nach der Veröffentlichung: „Es war schön, weil es etwas ist, was ich mir vorgenommen und durchgezogen habe.“ Von Lesern und Freunden bekommt sie positive Rückmeldungen. Es war ihr wichtig, keinen langen Roman zu schreiben, sondern kurze Texte, die Menschen zwischendurch in der Pause oder im Urlaub lesen können. „Meine Freunde sagten, dass sie mich beim Lesen sprechen hören“, sagt sie und lacht. Als Inspiration dienten ihr die Bücher von Jan Weiler und Ildikó von Kürthy. „Ich selbst lese gerne französische Krimis“, sagt Average. Sie ergänzt: „Dort wird auch immer die Landschaft und das Essen beschrieben. Und ich esse leidenschaftlich – deswegen finde ich solche Beschreibungen toll.“

Ein weiteres Beispiel aus ihrem Buch: „Ich fluchte über den BH, dessen Verschluss sich wieder selbstständig gemacht hatte. Ich stoppte, und versuchte, durch mehrere Lagen meines Zwiebellooks mit meinen eiskalten Fingern zu meinem BH-Verschluss vorzudringen, um ihn wieder zu schließen. Ich fummelte und fummelte, bis ich endlich bemerkte, dass es nichts zum Schließen gab. Ich hatte ganz einfach vergessen, einen BH anzuziehen!“

Die Autorin plant zudem ein zweites Buch, im selben Stil. „Das passt einfach zu mir.“ Mit ihrer ersten Lesung kommt sie auch nach Schwetzingen, eine Stadt, wo sie ihre Jugend verbrachte. Das wird nicht die letzte sein, die humorvollen Alltagsgeschichten will sie auch in der Umgebung vorlesen und den Lesern damit das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind. (Von Sylwia Ramona Sigas)