Nach persönlichen Vorwürfen gegen Joachim Frank weist das Generalvikariat auf Kardinal Woelkis Beliebtheit hin – ein Meinungsforscher widerspricht.

 

Der Streit zwischen dem Erzbistum Köln und dem „Kölner Stadtanzeiger“ (KStA) geht in eine neue Runde. Nach der Veröffentlichung einer Forsa-Umfrage zu Kardinal Rainer Maria Woelki kontert die Erzdiözese erneut mit einer Stellungnahme. Derweil weist die Tageszeitung persönliche Angriffe des Amtsleiters des Generalvikariats, Frank Hüppelshäuser, gegen ihren Chefkorrespondenten Joachim Frank zurück: Auf einen Offenen Brief von dort reagiert der Chefredakteur mit einem eigenen Offenen Brief, der auch an Woelki adressiert ist.

Darin weist Gerald Selch, Chefredakteur des KStA, die scharfe Kritik Hüppelshäusers an der KStA-Berichterstattung über die Eröffnung des Erzbischöflichen Bildungscampus Köln-Kalk zurück. „Grundsätzlich muss unsere Berichterstattung einen empfindlichen Punkt getroffen haben, wenn Sie unseren Chefkorrespondenten Joachim Frank […] mit persönlichen Angriffen und haltlosen Unterstellungen derart verunglimpfen“, heißt es in dem Dokument, das zunächst im KStA-Intranet verbreitet wurde. Der Offene Brief liegt Kirche+Leben vor.   

Selch: Erzbistum verlässt akzeptablen Diskursraum

Hüppelshäuser bestreite trotz seiner scharfen Worte keinen „einzigen Fakt“ der KStA-Berichterstattung, weil er das nicht könne, so Selch. Die Tageszeitung habe „nachweislich korrekt“ berichtet. Man habe offengelegt, wie die Leitung des Erzbistums versuche, ihre Vorstellungen umzusetzen – „mit Verboten, Drohungen und allerlei anderen Formen psychischen Drucks“. Darüber hinaus gehe aus der Wortmeldung von Woelkis Amtsleiters nicht hervor, worauf er sich in der Sache beziehe.

Die Bezeichnung der Berichterstattung als „menschenverachtend“ verlasse den „akzeptablen Diskursraum“, schreibt Selch. Das sei eine „Grenzüberschreitung der Institution katholische Kirche gegenüber der freien Presse“, so der Chefredakteur. Behauptungen, die KStA-Berichterstattung ziele darauf ab, das Erzbistum Köln oder Kardinal Woelki zu diskreditieren, seien „absurd“. Die Tageszeitung gehe lediglich der „ureigenen und grundgesetzlich geschützten Aufgabe“ des Journalismus nach: „Wir informieren und machen öffentlich, was für die Menschen relevant ist und was sie bewegt.“

Berichterstattung häufig „letzte Möglichkeit der Kritik“

Dementsprechend gebe es im Erzbistum Köln eine „große Dankbarkeit“ für diese Berichterstattung – das beweise eine „Fülle von Hinweisen und Meldungen von Haupt- und Ehrenamtlichen“. Die freie Presse sei an dieser Stelle „nicht selten eine (letzte) Möglichkeit, kritikwürdigem Verhalten der Bistumsleitung etwas entgegenzusetzen“. Das sei die Motivation der KStA-Berichterstattung, so Selch, und nicht „stereotyp unterstellte ,ökonomische Beweggründe‘ oder gar persönliche Motive“. 

Neben dem auf den 11. Juli datierten Offenen Brief von Amtsleiter Hüppelshäuser veröffentlichte das Erzbistum Köln am Dienstag auf seiner Internetseite zwei weitere Stellungnahmen. Die eine setzt sich ohne persönliche Unterschrift mit einer repräsentativen Forsa-Umfrage auseinander, die von KStA und „Kölnischer Rundschau“ in Auftrag gegeben wurde. Diese attestiert Kardinal Woelki historisch niedrige Vertrauenswerte.  

Erzbistum legt andere Zahlen vor – Meinungsforscher sieht es anders

Dem entgegnet das Erzbistum: Die Umfrage-Zahlen widersprächen „eindeutig“ dem eigenen Eindruck, dass „viele Gläubige“ Woelki und seinen Einsatz für das Erzbistum Köln schätzten. Als Beispiele nennt die Stellungnahme unter anderem den Eucharistischen Kongress „kommt & seht“ im Juni, an dem etwa 1.000 Menschen teilgenommen haben sollen. Des Weiteren setze sich Woelki besonders für Bedürftige ein und gebe ihnen seine Stimme. 

Forsa-Chef Manfred Güllner zeigt sich über diese Stellungnahme auf Anfrage von Kirche+Leben „irritiert“. Die in der Reaktion des Erzbistums genannten Zahlen seien im Unterschied zu den Forsa-Zahlen nicht repräsentativ. Man betreibe keine „Gefälligkeitsforschung“ und lasse sich nicht instrumentalisieren. Güllner sagt, er könne nicht verstehen, warum das Erzbistum Tatsachen nicht anerkenne und so den „Vertrauensverlust“ in die Kirchen verstärke.

Ein zweiter Text des Erzbistums behandelt den „Umgang mit queeren Schülerinnen und Schülern im Erzbistum Köln“ – auch dieser weist keinen Verfasser aus. Der Beitrag betont, in den Erzbischöflichen Schulen seien „Respekt, Akzeptanz und ein offener Dialog […] selbstverständlich Ausdruck eines gelebten christlichen Menschenbildes“. Eine inklusive Umgebung sorge dafür, dass sich alle Schüler „sicher und wertgeschätzt fühlen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität“. Die vom KStA berichteten Ereignisse rund um die Eröffnung des Erzbischöflichen Bildungscampus werden nicht angesprochen.