Alles muss raus! Und das im schlechtesten Sinne. Nach dem Brand in einem Wohn- und Geschäftshaus in der Langen Straße in Waren muss „müritz.buch“-Inhaber Stefan Dahlmann sich auf eine lange Durststrecke an angestammtem Platz einstellen.

Krebsrisiko durch ausgetretene Dämpfe

Wenige Tage nachdem die Flammen an einem frühen Morgen loderten und die noch schlafenden Menschen in den Wohnungen oben in Gefahr brachten, saßen Experten für die Schaden-Aufarbeitung mit Dahlmann an einem Tisch.

Ergebnis: „Hier ist nicht viel zu retten. Die Ware auf gar keinen Fall. Der Rauch und Ruß liegen wie dicke Fettfilme auf den Büchern und den anderen Artikeln. Das bekommt niemand sauber. Und der Geruch ist kaum zu ertragen. Die Decke und der Fußboden müssen auf jeden Fall raus“, berichtet Dahlmann in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Schlimmer noch! Durch die verbrannten Schuhe nebenan – teils auch Gummistiefel – sei ein krebserregender Stoff entstanden. „Es sind giftige Dämpfe ausgetreten, so dass auch alle, die in den Laden mussten, nur noch mit Schutzanzug ihren Job machen konnten.“

Am frühen Morgen war die Feuerwehr von Waren in die Innenstadt ausgerückt , weil ein Wohn- und Geschäftshaus brannte. Der Schuhladen und ein Buchladen nahmen Schaden.Bild vergrößern

Am frühen Morgen war die Feuerwehr von Waren in die Innenstadt ausgerückt , weil ein Wohn- und Geschäftshaus brannte. Der Schuhladen und ein Buchladen nahmen Schaden. (Foto: Miriam Brümmer)

Man könne die Bücher nur noch durch Fachfirmen entsorgen lassen, resümiert Dahlmann. Eine schmerzliche Erfahrung für einen Buchfreund! Und auch für die fünf Mitarbeiter, die den Schreck erst einmal verarbeiten müssen.

Denn zu tun gab es saisontypisch genug. „Der Laden ist nie so voll wie um diese Zeit. Wir hatten uns auf das Sommergeschäft eingestellt. Da haben wir von allem etwas mehr, beispielsweise auch mehr Landkarten und Ähnliches im Angebot, ebenso viele Bücher für lesehungrige Touristen“, beschreibt Stefan Dahlmann den Schaden.

Das "müritz.buch"-Team hofft nach dem Brand auf eine rasche Lösung für die Kunden. Schließlich sei der "Laden so voll wie nie", denn man habe ich sich auf den Sommer eingestellt.Bild vergrößern

Das „müritz.buch“-Team hofft nach dem Brand auf eine rasche Lösung für die Kunden. Schließlich sei der „Laden so voll wie nie“, denn man habe ich sich auf den Sommer eingestellt. (Foto: Carina Göls)

Dem Unglück sei auch die seit Jahren beliebte Aktion mit „Lesetüten“ für Mädchen und Jungen zur Einschulung  zum Opfer gefallen. Dabei waren die traditionell von Kindern der zweiten Klasse bereits liebevoll bemalten Tüten schon fast gepackt, jeweils mit einem Buch, Lesezeichen und einem Brieflein. Alles vergebens.

Überdies müssten viele Bestellungen, die sich bereits auf dem Weg befänden, storniert werden. Es komme viele durcheinander. Er habe so etwas noch nicht erlebt, sagt Dahlmann, der von einer Schadensumme im sechsstelligen Bereich ausgeht.

Beliebter Treffpunkt für Bücherfreunde

Doch der Buchhändler setzt darauf, dass wenigstens die Regale und andere Möbel im Laden zu retten sind. „Da gibt es Spezialfirmen, die machen das. Ich werde diese Möbel auch gern behalten.“

Behalten möchte er ebenso das gemietete Geschäft in schöner zentraler Lage der Müritzstadt. Seit langem kennen die Kunden diesen Treffpunkt für Lesefreunde. Es wird gefragt, gekauft, bestellt und über das eine und andere Lese-Erlebnis geredet. Man tauscht sich aus und ist Teil der Stadt-Kultur, wie viele es wahrnehmen.

Aus der Verwaltung sei, so sagt Dahlmann allerdings, „leider niemand auf mich zugekommen nach der Nachricht vom Brand“. Er klingt nicht wirklich enttäuscht – als hätte er es nicht anders erwartet. Dabei müssen – damit es keinen Leerlauf über Monate gibt – neue Räume zum Übergang her. Doch noch sei nichts Festes in Aussicht. Das Ausweichquartier solle ja bestenfalls auch im Zentrum, in der Hauptbummelmeile der Müritz-Stadt sein.

Buchladen-Chef Stefan Dahlmann sucht nach einer Lösung, damit der Verkauf wieder aufgenommen werden kann.Bild vergrößern

Buchladen-Chef Stefan Dahlmann sucht nach einer Lösung, damit der Verkauf wieder aufgenommen werden kann. (Foto: Carina Göls)

Fürs Erste wolle man von nun an online den Kunden die Möglichkeit geben, ihre Bücher zu bestellen und sich von „müritz.buch“ nach Hause schicken zu lassen, bis es wieder möglich ist, in einen Laden zu kommen. Dass viele Menschen in der Stadt Anteil an dem Unglück nehmen, hat Stefan Dahlmann sehr bewegt. „Manche fragten, ob und wie sie helfen können, wollten den Laden ausräumen und reinigen helfen. Das ist toll!“

Gutachter gehen von Brandstiftung aus

Unterdessen war bekannt geworden, dass der Brand nach Einschätzung eines Brandgutachters vorsätzlich gelegt wurde. Das hatte die erste Untersuchung durch einen Fachmann ergeben, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage dem Nordkurier sagte. Dazu passe auch, dass die Beamten an der Rückseite des großen Gebäudekomplexes ein eingeschlagenes Fenster vorgefunden hatten.