Im Juni hatte Russland seine Sommeroffensive im Krieg gegen die Ukraine gestartet. Meist erobert die Armee seither Dörfer und kleinere Orte, aber so stark wie in der Anfangsphase des Krieges kommen die Russen nicht voran. Das könnte auch an der massiven Drohnenpräsenz in diesem bewaffneten Konflikt liegen, schreibt der „Independent“.
Am Himmel über der Ukraine wimmele es an Kamikaze-, Überwachungs-, Bomber- und Anti-Drohnen-Drohnen, schreibt der „Independent“. Die unbemannten Flugobjekte seien so weit verbreitet, dass ukrainische Soldaten einen zehn Kilometer langen Korridor auf beiden Seiten der Kontaktlinie als „Kill Zone“ bezeichneten. Das bedeutet: Ziele auf beiden Seiten werden schnell ausgemacht und neutralisiert.
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Ukrainische Kommandeure sagten dem Portal, dass diese Entwicklung Russlands Fähigkeit beeinträchtigt habe, seine Überlegenheit bei der Truppenstärke und Artillerie effektiv auszunutzen. Jedes große Fahrzeug in Nähe der Front sei nun ein offensichtliches Ziel, weshalb die Russen nicht mehr so schnell vorrücken könnten.
Entsprechend habe Russland seine Taktik geändert und greife nun in der Regel in kleinen Gruppen von fünf bis sechs Soldaten an – zu Fuß, auf Motorrädern oder Quads. Diese Soldaten sollen die Ukrainer aus ihren Stellungen locken, damit dann die Russen wiederum mit Drohnen zurückschlagen könnten.
Die Offensive der russischen Armee hat sich dadurch zwar verlangsamt, aber nach wie vor haben ihre Soldaten auf dem Schlachtfeld die Oberhand. Der polnische Militäranalyst Konrad Muzyka sagte dem „Independent“, dass die Ukraine in einem langen Zermürbungskrieg wohl unterlegen wäre, auch wenn Drohnen das Schlachtfeld verändert hätten.
Muzyka warnt jedoch davor, deren Fähigkeiten überzubewerten. „Um einem Ziel den Schaden zuzufügen, den eine Artilleriegranate anrichtet, müsste man Dutzende von Drohnen starten“, sagte er. „Drohnen können die Lücken bis zu einem gewissen Grad füllen und einen gewissen Spielraum schaffen, aber sie sind kein Ersatz für Artillerie.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Russland hat nach offiziellen Angaben die Leichen von 1000 ukrainischen Soldaten an Kiew übergeben. Damit setze Moskau weiter die Vereinbarungen der Verhandlungen von Istanbul um, teilte der russische Chefunterhändler mit. Moskau hat im Gegenzug seiner Darstellung nach 19 russische Kämpfer zurückerhalten. Mehr hier.
- Auf einem Übungsplatz im Nordosten der Ukraine hat ein Rekrut zwei Ausbilder erschossen. Der Verdächtige habe aus einer automatischen Waffe Schüsse in Richtung mehrerer Vorgesetzter abgegeben, teilte die Polizei des Gebiets Tschernihiw mit. Mehr hier.
- Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew wettert erneut gegen die Nato und Europa. Auf die jüngsten Entwicklungen will Medwedew „in vollem Umfang reagieren“ – rudert im gleichen Statement allerdings wieder zurück. Mehr hier.
- Der Kreml hat Brüssel und Kiew dafür verantwortlich gemacht, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine immer noch läuft. Sprecher Dmitri Peskow warf den europäischen Ländern offenen Militarismus vor. Diese gäben Unsummen für Waffen aus, um den Krieg weiter zu befeuern. Mehr hier.
- Die Nato treibt die von US-Präsident Donald Trump angestoßene Lieferung weiterer Patriot-Flugabwehrsysteme an die Ukraine voran. Die Vorbereitungen für eine schnelle Verlegung liefen, sagte der militärische Oberbefehlshaber der Nato, Alexus Grynkewich. Mehr im Newsblog.
- Das ukrainische Parlament ernennt den scheidenden Ministerpräsidenten Denys Schmyhal zum neuen Verteidigungsminister. Dies teilt der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak mit.
- Am Donnerstagmorgen sollen russische Truppen einen massiven Artillerieangriff auf die Stadt Konstantinowka in der umkämpften Region Donezk durchgeführt haben. Das teilte der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Sergij Gorbunow, via Facebook mit.
- Litauen hat wegen einer über dem Land abgestürzten Drohne einen belarussischen Diplomaten einbestellt. In einer überreichten Note sei der „starke Protest gegen das unrechtmäßige Eindringen“ des unbemannten Flugobjekts in den litauischen Luftraum zum Ausdruck gebracht worden.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Politikerin Olga Stefanishyna zur neuen Botschafterin der Ukraine in den USA ernannt. Via Telegram teilte Selenskyj mit, er habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet.
- Bei einem russischen Drohnenangriff auf die ukrainische Großstadt Dnipro sind laut Behörden mindestens ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt worden. Es seien mehrere Brände ausgebrochen, teilte der Militärgouverneur des südostukrainischen Gebiets, Serhij Lyssak, mit.
- Russland hat nach Angaben aus Moskau 122 ukrainische Drohnen abgefangen. Die meisten Drohnen seien in Regionen im Südwesten in der Nähe zur Ukraine abgefangen und zerstört worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Donnerstag im Onlinedienst Telegram.
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