Nachdem die Stadt München im März die Ausweitung der Radlogistik beschlossen hatte, ist jetzt der neue XXL-Radlogistikhub auf dem Gelände der ehemaligen Paketposthalle im Beisein der Stadtspitze sowie Verantwortlichen aus der Logistik eröffnet worden. Auf einer Fläche von über 2.000 Quadratmetern entstand im Untergeschoss des Areals der größte anbieteroffene Radlogistik-Hub Deutschlands, in dem verschiedene Logistik- und Lastenrad-Serviceunternehmen unter einem Dach vereint sind. Die Fläche wird vom Mobilitätsreferat angemietet und an (Rad-)Logistikunternehmen untervermietet. Dabei handelt es sich um einen Teil des Zwischennutzungsprojekts „Pineapple Park“. Die Kosten für das neue Radlogistik-Areal können während der Projektlauf- zeit von 2025 bis 2027 durch Mieteinnahmen sowie Projektmittel aus dem EU-Projekt metaCCAZE gedeckt werden.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Mobilitätsreferent Georg Dunkel und der Referent für Arbeit und Wirtschaft Christian Scharpf warfen bei einem Presserundgang einen Blick hinter die Kulissen des neuen Hubs. Ebenfalls dabei ist Stefan Behrendt, Managing Director Food Logistics bei Dachser, der das Pilotprojekt zur Kühllogistik mit Lastenrädern bei Dachser Food Logistics vorstellt. Hier werden erstmals bei dem Allgäuer Logistiker Kühlwaren per Lastenrad befördert.

Premiere für Kühllogistik mit Lastenrad

Zum Einsatz kommt eine aktive Kühlung vom Denso-Spin-Off GreenZen Solutions, die eine geschlossene Kühlkette garantiert und aktuell 20 Kilometer Radius mit einer Tour sicherstellt. Knapp 200 Kühlsendungen seien bereits zugestellt worden, weitere Optimierungen im Gange. Derzeit dient noch eine Wechselbrücke als „Kühllager“, perspektivisch ist eine Halle im Hub dafür vorgesehen. Die Impulse für diese Lösungen kämen auch von den Kunden, wie ebenso von der Europäischen Union – und aus der staureichen Realität in München, berichtete Behrendt. Daneben sind auch Unternehmen wie B4B Logistics, GLS und Pacflix an dem neuen Standort aktiv. Weitere Gespräche, etwa mit UPS und Amazon liefen vielversprechend, so die Verantwortlichen. 

Letzte Meile per Bike findet der OB prima

Das Münchner Stadtoberhaupt, der sich selbst outete, nicht unbedingt ein Fahrradfreund zu sein, zeigte sich überzeugt, dass gewerblich genutzte Lastenräder einen wichtigen Teil zur Entlastung des dichten Verkehrs in der Landeshauptstadt beitragen könnten. Die letzte Meile per Bike zurückzulegen, spare viele Lkw und reduziere gefährliche Situationen durch Parken in zweiter Reihe, so Reiter. Er hält die Anwendung darüber hinaus nicht nur für Paketdienste, sondern auch für viele Gewerbe und das Handwerk für sinnvoll. Gewerblich genutzte Lastenräder seien keine Nischenanwendung mehr, konstatierte auch Mobilitätsreferent Georg Dunkel im Hinblick auf die steigenden Umsätze der Radlogistiker, 2024 bei 190 Mio. Euro. Dadurch seien 2.200 Tonnen CO2 gespart worden und 8,5 Mio. Kilometer per Lastenrad absolviert.

Verlagerung aufs Bike kann Lieferzonen entlasten

Wirtschaftsreferent Scharpf sieht die Lastenradlogistik auch als Attraktivierungsfaktor für den Wirtschaftsstandort. Bei hohem Zuzug nach München wachse der Raum nicht mit, deshalb brauche es innovative Ansätze und Lösungen. Das Gros der Güter werde zwar wohl weiter per Lkw transportiert werden müssen, doch Lastenräder seien eine wichtige Ergänzung und Entlastung, insbesondere auch in der dichten Altstadt. Zudem könne die Verlagerung von Teilen des Wirtschaftsverkehrs aufs Rad wiederum für Entlastung der Liefer- und Ladezonen sorgen. Projektverantwortliche Christiane Behrisch betonte, das Vorhaben sei vor allem auch von Unternehmen gewünscht und werde sich bei Vollvermietung selbst tragen. Gleichwohl sei als Anschub und speziell für Start-ups die Förderung wichtig und essentiell. 

Über zehnfache Fläche 

Der neue Hub ist die um das zehnfache skalierte Variante des ersten Radlogistikhubs, der im August 2023 im Rahmen der kommunalen Teilstrategie „Wirtschaftsverkehr“ am Viehhof eröffnet wurde. Der Standort hat sich rasch etabliert und bewährt: Nach eigenen Aussagen konnten die Unternehmen in den letzten Monaten bis zu 30 Prozent Zeit auf der sogenannten „letzten Meile“ der Zustellung einsparen, da Parkplatzsuche und Stauzeiten entfallen. Insgesamt konnten so bereits in den ersten neun Monaten des Radlogistik-Betriebs am Viehhof bereits 8.000 Stunden Standzeit im öffentlichen Raum reduziert und 260.000 Sendungen ausgeliefert werden, wie man im März 2025 bilanzierte. Gleichzeitig entlastet die Radlogistik die Lieferzonen in der Innenstadt. Nach allen Erfahrungen lassen sich mit 15 Lastenrädern zehn Transporter ersetzen, resümierte Dunkel. 

Idealer Standort in einstigem Postareal

Angesichts dieser Erfolge hätten immer mehr Logistikunternehmen Interesse gezeigt, die Zustellung per Lastenrad innerhalb des Mittleren Rings auszubauen, wofür es neue, größere Umschlagplätze braucht. Auf dem neuen, weitläufigen, unterirdischen Areal, das früher die Post für die Brieflogistik nutzte, existieren bereits Verkehrswege, Anfahrtsrampen, Sozialräume, die gemeinschaftlich genutzt werden können. Zudem sollen sich auch Serviceunternehmen, wie etwa Wartungs- und Werkstattpartner, einmieten. Außerdem will man Showroom-Flächen für Lastenradhersteller integrieren, um Gewerbetreibenden die Vorzüge des Lastenradeinsatzes praxisnah und zum Testen demonstrieren zu können. 

„München ist Online-Shopping-Hauptstadt, in keiner anderen Stadt werden so viele Pakete und Päckchen ausgeliefert wie bei uns, so die Statistik. Das sorgt für viel Lieferverkehr, und dafür brauchen wir innovative Lösungen. Immer mehr Logistiker setzen auf die innerstädtische Anlieferung per Cargobike. Der große Vorteil der Lastenräder ist, dass sie nicht im Stau stecken bleiben und die Parkplatzsuche einfacher ist. Das spart den Unternehmen Zeit und Geld. Der Münchner Radlogistik-Hub ist eine echte Erfolgsgeschichte. Ich freue mich, dass wir sie jetzt mit dem XXL-Hub fortschreiben“, erklärte Bürgermeister Dominik Krause nach dem Beschluss im März. 

Ideengeber für den Showroom war hier ebenfalls Peter Blösl von B4B Logistics, der es für essentiell hält, auch das Handwerk für den Lastenradeinsatz zu gewinnen. Es gelte, Vorurteile abzubauen und vielleicht für den Start mal ein Lastenrad zu den sonstigen Transportern in der Flotte zu nehmen, so Blösl beim Rundgang. Geplant sind auch Gewerbeschauen oder kleine Hausmessen, um die Branchen gezielt anzusprechen. Man wolle die Lücken schließen, die es bisher gebe. 

Radlogistik ist schon heute attraktiv

Aus Sicht von Mobilitätsreferent Georg Dunkel sei die Radlogistik in München schon heute so attraktiv für die Unternehmen, dass man schon eineinhalb Jahre nach der Eröffnung des ersten Radlogistik-Hubs am Viehhof nun noch eine zweite, zehnmal größere Radlogistik-Drehscheibe in Angriff nehme. Ausdrücklich würdigte er die Unterstützung der IHK bei der Suche nach einer passenden Fläche.

„Dass wir diese vor allem auch dank der Förderung des EU-Projekts metaCCAZE für den städtischen Haushalt kostenneutral umsetzen können, ist dabei eine große Erleichterung – und ein wichtiger Beitrag für die Förderung des nachhaltigen Wirtschaftsverkehrs in München“, erklärte Dunkel im März.