Gut fürs Klima, schlecht für die Kasse: Der öffentliche Nahverkehr soll klimaschädliche Emissionen senken. Doch die Finanzierung des ÖPNV gestaltet sich zunehmend schwieriger. Am kommenden Mittwoch sollen der Wirtschafts- und der Mobilitätsausschuss des Stadtrats über das Programm der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) für das kommende Jahr entscheiden. Schon von März an konnten Bezirksausschüsse und Verbände ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Doch viele Wünsche, zum Beispiel nach dichteren Takten, kann die MVG nicht erfüllen, weil das Geld dazu fehlt. Stattdessen wird beim Bus-Angebot teilweise sogar ausgedünnt.

Betroffen sind die Linien 56, 58, 68, 162 und 163. Einen dichteren Takt gibt es dagegen bei der Linie 57 nach Freiham. Um den Schulverkehr der Nachfrage entsprechend zu bedienen, soll das Angebot tagsüber auch auf den Linien 55, 143, 157 sowie auf der von der Kürzung betroffenen Linie 162 angepasst werden. Zusatzangebote soll es auch beim 139er und beim 182er geben. Auf der Linie 164 sind entweder längere Busse oder Verstärkerfahrten vorgesehen. Die ursprünglich geplanten Kürzungen bei den Buslinien 193 und 197 werden laut Vorlage nicht umgesetzt.

Bei der U-Bahn und der Tram dagegen tut sich nicht viel. Auf der Linie U6 plant die MVG zwischen Münchner Freiheit und Harras eine gleichmäßigere Taktung. Im Zuge des Baus der Tram-Westtangente geht die neue Tram 14 zwischen Pasing und Gondrellplatz in Betrieb.

Das eigentlich geplante On-demand-Angebot, also ein Rufbus, wird ebenfalls angepasst, also verkleinert. Ursprünglich waren dafür 6,75 Millionen Euro vorgesehen. Davon werden nun 4,24 Millionen für die Startfinanzierung der Tram 14 umgeschichtet.

Die Verwaltung bewertet die aktuelle Lage alles andere als rosig: „Aufgrund der anhaltend angespannten personellen sowie finanziellen Situation ist weiterhin wenig Spielraum für Angebotsausweitungen im ÖPNV vorhanden“, heißt es in der Vorlage. „Die Finanzierungskulisse des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in München ist derzeit nicht ausreichend, um das bestehende Leistungsangebot der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) aufrechtzuhalten.“ Sprich: Die Einnahmen reichen bei Weitem nicht, um die Kosten zu decken. Dazu trägt auch das Deutschlandticket bei, das zu hohen Einnahmeverlusten führt, die aus Sicht der Verkehrsunternehmen nicht ausreichend von der Bundesregierung kompensiert werden.

Die Stadt gibt für den Verkehr mehr als 144 Millionen Euro aus

Im vergangenen Jahr zählte die MVG 615 Millionen Passagiere, das entspricht dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Doch das im Grunde stagnierende Angebot wird der wieder angestiegenen Anzahl an Passagieren aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn nicht gerecht. Ein gutes Angebot und der gezielte Ausbau des Angebots seien auch künftig nötig, um die politischen Ziele der Verkehrswende zu erreichen, heißt es in der Stellungnahme des Verbands. „Wird der Takt ausgedünnt, werden Fahrgäste vom Öffentlichen Nahverkehr abwandern und die politischen Ziele so konterkariert.“

Auch der Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr im Münchner Forum sieht die geplanten Kürzungen kritisch. Die Fraktionen der CSU und SPD sind vor den am Montag anstehenden Fraktionsbesprechungen noch nicht alle zu einer Stellungnahme bereit. Die Grünen kündigen ihre Zustimmung an, die FDP ihre Ablehnung, da viele Anträge ohne ausreichende Prüfung oder Erklärung vom Tisch gewischt worden seien. Stefan Jagel, Fraktionsvorsitzender Linke/Die Partei, dagegen findet deutliche Worte für die sogenannte Anpassung des ÖPNV-Angebots. Er bewertet es als „Katastrophe“, vor allem für die Stadtrandbezirke. „So werden wir die Verkehrswende nicht schaffen.“

Wie aus der nicht-öffentlichen Vorlage für den Ausschuss hervorgeht, die der SZ vorliegt, gibt die Stadt für die Positionen Linienverkehr MVG, ÖPNV-Infrastruktur, Tariffinanzierung Stadtverkehr, Ausbildungsticket und „Betriebskostendefizit Angebotsausweiung“ mehr als 144 Millionen Euro aus – Geld, das offenbar nicht reicht, obwohl der selbst auferlegte Kostendeckel um fast zehn Millionen Euro überschritten wird. Ginge es nach der Linken, sollte die Stadt lieber teure U-Bahn-Projekte wie die U9 oder die Verlängerung der U5 nach Freiham aufgeben und stattdessen neue Tramstrecken bauen. Auch ÖDP/München-Liste-Fraktionschef Tobias Ruff hält eine Umschichtung von Mitteln für geboten. „Die geplanten Kürzungen im ÖPNV-Angebot sind ein fatales Signal“, sagt er. „Wer Millionen für die Olympiabewerbung locker machen möchte, darf nicht am ÖPNV-Angebot sparen.“