U21-Nationalkeeper, für 2 Mio. Euro Ablöse von Kaiserslautern zu Bayer Leverkusen, Spitzentalent! Lennart Grill (26) galt 2020 als kommender Super-Torwart in Deutschland. Fünf Leihen und sechs Wechsel später geht es für ihn von Union Berlin zu Dynamo Dresden. Beim Zweitliga-Aufsteiger will er endlich den Neu-Angriff. Dafür räumt Grill mit der Vergangenheit auf…
„In erster Linie muss man sich erstmal selber bewusst werden, dass die einzigen Erwartungen, die zählen, die sind, die man an sich selbst hat“, erklärt er auf die Frage, ob der Druck für ihn als junger Spieler damals zu hoch war. „Das muss man vielleicht auch erst lernen, mittlerweile habe ich diese Erfahrung zum Glück. Im Nachhinein hätte man auch sagen können, mehr Spielpraxis im ganzen jungen Alter wäre sinnvoller gewesen.“
Lennart Grill als Jung-Star in Leverkusen 2021.
Foto: picture alliance / augenklick/Thorsten Wagner/Witte
Beim Transfer zu Bayer übersprang er die 2. Liga, von der 3. Liga ging’s direkt ganz hoch. Doch in der Bundesliga konnte er sich nie durchsetzen. Für ihn heute wohl ein Fehler.
Über seine vielen Stationen sagt er: „Es gibt Schöneres. Rückgängig kann man es nicht mehr machen. Im Nachhinein hätte man manches vielleicht anders gelöst. Trotzdem hat es mich hierher gebracht. Auch wenn es nicht hundertprozentig läuft, macht es dich am Ende stärker. Für den Charakter ist es nicht schlecht, immer neue Leute kennenzulernen.“
Keine Kampfansage an Schreiber
Die persönliche Zielstellung bei Dynamo Dresden formuliert er defensiver.
„Im Endeffekt ist klar, dass man spielen will. Aber nach einer Woche ist es früh, etwas zu erwarten“, meint Grill. Keine Kampfansage, keine Attacke, erstmal Demut. Möglicherweise auch, weil der neue Mann weiß, dass Tim Schreiber (23) nach der Aufstiegssaison in Dresden einen kleinen Bonus im internen Duell um die Nummer eins genießt.
Tim Schreiber (Mitte) hat mit Grill neue Konkurrenz bekommen.
Foto: Robert Michael/dpa/ZB
Trotzdem: Union Berlin wollte er diesmal endgültig verlassen. „Es war das Ziel, mal wieder fest bei einem Verein zu sein. Das Wichtigste ist, wieder irgendwo anzukommen.“
Genervt von Leihen – zuletzt in einer Saison an Braunschweig und Fürth, erpicht auf den Neustart! Obwohl das Groundhopping der Vergangenheit einen Vorteil hat.
„Mich kann nichts mehr überraschen“
Grill: „Mich kann kein Torwarttrainer mehr überraschen. Es gibt nichts, was ich noch nicht gesehen habe. Und anstrengender als bei Gerry Ehrmann wird es auch nicht mehr.“
Bei der Lauterer Keeper-Legende wurde er für Großtaten ausgebildet.
„Gerry ist ein Weltklasse-Typ. Natürlich eckt er ab und zu an. Für seine Torhüter war er immer wie eine Vaterfigur, hat auf seine Leute nie etwas kommen lassen und stand immer hinter ihnen. Das gibt einen Schuss Selbstvertrauen. Deshalb sind fast alle Keeper, die bei ihm rauskamen, bekannt für eine mentale Stärke.“
Bei Union Berlin wurde Lennart Grill dreimal verliehen.
Foto: picture alliance/dpa
Zu der will der gebürtige Pfälzer in Dresden zurück – auch wenn sein Debüt mit vier Gegentoren in 18 Minuten im Test bei Slavia Prag (2:4) unverschuldet wie im Horrorfilm ablief. „Ich hatte auch den Eindruck, dass ich da nicht viel machen konnte. Aber mein Gott, so ist es manchmal. Klar, hätte ich mir es anders gewünscht“, gesteht er.
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Sonntag beim Vorbereitungsturnier in Zwickau kann der 1,92-Meter-Riese gegen Wolfsburg und den gastgebenden Regionalligisten auf eine weitere Bewährungsprobe hoffen. Schreiber trainiert bisher individuell, könnte die Partien verpassen.
„Es geht um die Art und Weise, was strahlt man aus. Es ist das Wichtigste, der Kette Sicherheit zu geben. Das Jahr wird uns fordern, das brauchen wir“, meint Grill.
Er betont: „Am Ende kann nur einer spielen. Auf der anderen Seite sind die Zeiten von Kahn und Lehmann vorbei, wo man sich gegenseitig das Schlimmste wünscht. Es geht darum, gemeinsam erfolgreich zu sein. Da hilft es, sich in der Torwartgruppe gegenseitig zu pushen und sich im Training keine kompletten Kackbälle hin zu schießen.“