Der Spruch war eingeplant, die Reaktion nicht. Als Jürgen Trittin (70, Grüne), 2009 bis 2013 Fraktionschef der Umweltpartei im Bundestag, bei Markus Lanz (56) zur Attacke auf Unionsfraktionschef Jens Spahn (45, CDU) ansetzte, schlug ihm aus der Runde plötzlich schallendes Gelächter entgegen.
Ursache: Eine Frage des Talkmasters zum Parteienstreit um die mögliche Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf (54). Lanz zu Trittin: „Der Schaden – wie groß ist der?“
Trittin erst weit ausholend: „Das ist der zweite Fall, wo die Koalition wegen Widersprüchen in den eigenen Reihen nicht handlungsfähig war. Sie hat zwei Anläufe gebraucht, um den Kanzler zu wählen, bedurfte der helfenden Hand der Linkspartei und der Grünen.“
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Trittin dann auf den Punkt: Die Richterwahl sei „erneut an inneren Widersprüchen in der Union zum Platzen gebracht worden. Das heißt: Jens Spahn kann seinen Job nicht!“
Lebhafte Heiterkeit in der Runde! Alle lachten laut los, und Markus Lanz prustete: „Das ist jetzt die übliche Provokation!“
Auch Jürgen Trittin verzog kurz die Mundwinkel, war dann aber sichtlich angestrengt um Ernsthaftigkeit bemüht: „Nein, nein!“, wehrte er ab. „Ein Fraktionsvorsitzender muss solche Entwicklungen in der eigenen Fraktion…“
Markus Lanz (li) und Jürgen Trittin führten eine lebhafte Diskussion über die Richterwahl
Foto: Markus Hertrich
Dann zeigte der Grüne-Politiker, worum es ihm bei der Attacke wohl hauptsächlich ging: „Das wirft ja jetzt auch Fragen auf, wo eigentlich die Stimmen gefehlt haben bei der Wahl von Merz. Da waren ja erst die Sozialdemokraten unter Verdacht, und es kommen jetzt ganz neue Ideen auf: Dass sie aus der Union gekommen sind.“
Trittin: „Es hat eine Kampagne gegeben.“
Lanz zur Richterwahl: „Ist da etwas von außen an die Fraktion herangetragen worden?“ Trittin: „Es hat eine Kampagne gegeben. Leute, die eine offene Front zur AfD haben. Das muss ein Fraktionsvorsitzender beherrschen, sonst ist er nicht geschäftsfähig. In den sozialen Medien war ja diese Stimmung schon da, und die Kampagne lief.“
Trittin danach über sein eigentliches Ziel: „Am Ende geht das nicht nur mit Jens Spahn, sondern auch mit Friedrich Merz nach Hause. Er hat uns ja ordentliches Regieren versprochen. Ich habe dann gesagt, wir versprechen als Grüne ordentliches Opponieren.“
Lanz über eigene Infos: „Ich hab‘s gehört, erfahren irgendwie, von Menschen aus der CDU, die schon Tage vorher ahnten, dass sich da was zusammenbraut, und die sagten: Das geht schief.“
Journalistin Antje Höning
Foto: Markus Hertrich
Journalistin Antje Höning (58) dazu: „Entweder hat Spahn sich gesagt, egal, ich krieg‘ das hin, oder er hat unterschätzt, wie viele das sind. Die Union erweist sich ja als schlecht vorbereitet auf diese Regierung. Sie haben einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei, sind aber jetzt permanent auf die Linkspartei angewiesen.“
Dazu komme, so Höning, „dieses Geraune, gibt es in der Union auch offene Flanken zur AfD?“ Trittin prompt: „Das ist die Braunzone der CDU. Jens Spahn stand ja auch immer im Verdacht, eine Offenheit zu dieser Option zu haben.“