Marc-André ter Stegen ist beim FC Barcelona in Ungnade gefallen. Jetzt kursieren sogar Informationen über eine neuerliche schwere Verletzung.
Wenn Marc-André ter Stegen noch eines Beweises bedurfte, dass seine Zeit beim FC Barcelona abgelaufen ist, erhielt er ihn am Donnerstag: Da konnte er in der klubnahen Zeitung „Mundo Deportivo“ nachlesen, wie Trainer Hansi Flick die Vereinsreporter am Trainingsgelände während einer informellen Plauderei über diverse Themen wissen ließ, dass sein Augenmerk auf der Zukunft im Tor liege. Auf Joan García, dem für 25 Millionen Euro vom Lokalrivalen Espanyol verpflichteten Neuzugang.
Nagelsmanns Forderung an Flick
Nicht mehr liegt sie auf ter Stegen: Abrupt und geradezu brutal kann wirken, dass der deutsche Nationaltorwart nach elf Jahren im Verein als überschüssig gilt. Ter Stegen, vergangene Saison sogar Kapitän der Katalanen, konnte das anfangs wohl selbst kaum glauben.
Hansi Flick im Dialog mit Marc-André ter Stegen
Als sich die Volte während der Nations-League-Endrunde abzuzeichnen begann, erklärte er, dass er sich weiterhin in Barcelona sehe und eventuellen Konkurrenzkämpfen gelassen entgegenblicke. Bundestrainer Julian Nagelsmann allerdings forderte schon damals von Flick eine „Info an Marc“.
Kurz vor dem Trainingsstart in dieser Woche hat ter Stegen die gewünschte Info nun persönlich bekommen. Flick erklärte ihm nach übereinstimmenden Medienberichten nicht nur seine Präferenz für García – sondern auch, dass er für seine zweite Barça-Saison mit Wojciech Szcęzsny als Stellvertreter plane. Konkurrenzkampf? Diese Woche trainierte ter Stegen separat von der übrigen Mannschaft im Kraftraum.
Wieder der Rücken?
Eine Reaktion auf seine Degradierung, so dachten alle – bis später am Donnerstag plötzlich die Meldung auftauchte, ter Stegen sei ernsthaft am Rücken verletzt. Laut dem für gewöhnlich gut informierten Portal „Jijantes“ und weiterer Medien würden er und die Ärzte sogar eine Operation in Erwägung ziehen.
Bereits Ende 2023 wurde bei ter Stegen ein Eingriff an der Bandscheibe vorgenommen, damals fiel er rund zwei Monate aus. Nun sprechen die Berichte von einer möglichen Zwangspause bis Jahresende. Nächste Woche solle die endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen fallen, heißt es in den Berichten. Ein offizielles Statement von Vereins- oder Spielerseite gab es bis zum Nachmittag nicht.
Eine Verletzung steht auch am Anfang des Zerwürfnisses von ter Stegen und Barça. Vorigen Herbst riss er sich die Patellasehne im rechten Knie. Die Saison schien für ihn beendet, doch ter Stegen arbeitete mit seinem bekannten Ehrgeiz am Comeback und erklärte sich im April wieder für einsatzbereit. Jahrelang war er einer der Leistungsträger gewesen, oft hatte er ein kriselndes Team fast im Alleingang gerettet. Aus seiner Sicht durfte er das Barça-Tor als ewiges Stammrevier betrachten.
Zog sich 2024 einen Riss der Patellasehne zu: Marc-André ter Stegen
Ein Interview und weitere Affronts
Doch offenbar hatte er seine Position überschätzt. Parallel zum Wiedereinstieg ins Training plauderte er lange in einem „Bild“-Podcast – untypisch für einen verletzten Spieler, zumal als Kapitän eines Vereins, dessen Profis sonst keine Einzelinterviews gaben. In dem Talk ging es nicht nur bisweilen nah an Klatsch und Tratsch über seine Zeit im Verein. Ter Stegen drängelte trotz fehlender Spielpraxis auch auf seine baldige Rückkehr – und Flick hatte dadurch plötzlich eine unliebsame Torwartdebatte am Hals. Dabei hatte sich Szcęzsny gerade mit starken Leistungen konsolidiert.
Aus dem Klub wurde später von weiteren Affronts berichtet. So habe ter Stegen wegen der Entscheidung für Szcęzsny die Reise zum Champions-League-Halbfinalrückspiel bei Inter Mailand verweigert. Bei der Meisterfeier nach dem vorletzten Spiel gegen Villarreal soll der Kapitän aus Frust über geringe Einsatzzeiten das vorgesehene Grußwort an die Zuschauer boykottiert haben. Tatsächlich wirkte die Party seltsam halbgar, und waren die Irritationen bei Flick und Präsident Joan Laporta zu greifen. Ter Stegen und sein Lager haben sich zu den Vorwürfen nicht geäußert.
Wojciech Szczesny (l.) hat Marc-André ter Stegen in der letzten Saison im Tor des FC Barcelona vertreten
Barça setzt auf den Jüngeren und Billigeren
In Spanien empfindet man Barças Vorgehen als hart, aber nicht unlogisch. Ter Stegens Verletzungen häuften sich in den vergangenen Jahren, und er verdient allein deutlich mehr Gehalt als der neun Jahre jüngere Joan García mit Szcęzsny zusammen. Angesichts seiner Milliardenschulden hat Barça gerade wenig Spielraum für Romantik.
An sich erwarten die Beobachter daher nun ein komplexes Pokerspiel. Ter Stegen ist vertraglich noch drei Jahren an den Klub gebunden, dieser möchte ihn von der Gehaltliste bekommen und schien dafür auch bereit, ihn ablösefrei und unter Zahlung einer Abfindung gehen zu lassen. Als halbwegs verbrieft galt bisher allerdings nur ein Interesse von Galatasaray Istanbul. Müsste sich ter Stegen nun wirklich operieren lassen, würde das Thema wohl in den nächsten Winter verschoben.
Das Problem für Julian Nagelsmann würde dadurch gewiss nicht geringer. Am 4. September beginnt mit dem Spiel in der Slowakei die WM-Qualifikation. Im Moment wirkt auch ter Stegens Zukunft im DFB-Tor ungewisser denn je.