Berlin – Das „BB Hotel“ mitten im Schöneberger Nollendorf-Kiez ist für die Anwohner ein Alptraum. Denn dieses Hotel wird nicht von Touristen bewohnt, sondern von Groß-Familien aus Rumänien und Bulgarien. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg quartiert sie hier ein, der Eigentümer macht ein gutes Geschäft, doch die Umgebung leidet.
Nachts fahren große Autos vor, auf der Straße wird gehandelt, Fahrräder liegen weit verstreut auf den Gehwegen. Müll fliegt auf die Straße und über die Zäune zu den Anwohnern. Passanten werden angebettelt oder angepöbelt. Die Polizei wird regelmäßig gerufen, zieht aber meist wieder ab.
BILD hat mit den Anwohnern über die unhaltbaren Zustände gesprochen.
Ein Blick auf die Webseite des Hotels zeigt: Alles ausgebucht. Der Link für die Online-Buchung funktioniert nicht
Foto: Privat
„Ich wohne um die Ecke des Hotels. An vielen Tagen ist der Bürgersteig aufgrund von Dreck und Massenpicknicks nicht mehr passierbar“, so ein Mieter aus der gegenüberliegenden Straße.
Fast täglich kämen neue Autos mit Nummernschildern aus Osteuropa, Großbritannien und den Niederlanden an, die Fahrer: fast immer aus Rumänien und Bulgarien. „Ich fühle mich in meinem Lieblingskiez nicht mehr sicher. Die Bewohner wechseln alle paar Wochen. Das hat seit Jahren System. Und die Betreiber hängen da in der Lobby ab wie Schlossgeister“, sagt der Anwohner.
Ein Café-Angestellter sagt: „Die klauen immer diese grünen Mietfahrräder und brechen die auf. Das piept dann die ganze Nacht.“
Es gab bereits einen Brandbrief von einem anderen Hotelbetreiber an das Bezirksamt. Die Vorwürfe: Lärm, Dreck, Diebstähle, Wildpinkeln, Schlafen im offenen Kofferraum, Autorennen mit Unfällen.
Dieses Foto machte ein BILD-Leser und Anwohner. Er geht täglich an den Menschen vorbei, fühlt sich in seinem Kiez nicht mehr sicher
Foto: Privat
„Wir machen hier nichts Illegales“
Zusätzliche Probleme entstehen dadurch, dass das Sozial-Hotel mitten im Schwulen-Kiez liegt. Ein Anwohner. „Ich werde beim Joggen angegriffen und bespuckt. Vergangene Woche wurde der Besitzer einer Gay-Bar mit einer Flasche attackiert.
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BILD fragte vor Ort nach. Eine Hotel-Mitarbeiterin, Frau H., steht am Tresen, hinter ihr ein Ordner mit Meldebescheinigungen. „Diese Menschen werden uns vom Amt zugewiesen“, sagt sie. „Wir machen hier nichts Illegales. Bei uns sind viele Rumänen und Bulgaren, weil sie sich in anderen Unterkünften mit Arabern nicht wohlfühlen. Manche zahlen ihre Unterkünfte auch selbst!“
Eine Nachfrage beim Bezirksamt ergibt: Das Hotel ist tatsächlich für alle zwölf Berliner Bezirke als Not-Unterkunft ausgewiesen. Und die Bezirke nutzen das bei Bedarf, aus Neukölln etwa hat man 26 Bewohner herübergeschickt. Aus Treptow-Köpenick sind es sieben – und alle beziehen Leistungen vom Jobcenter.
Das Hotel ist ein schönes Haus in bester Lage. Für die Betreiber ist die Nutzung als Sozial-Hotel offenbar profitabler, als es an Touristen zu vermieten.
Foto: Til Biermann
Mal liegen die Tagessätze pro Person bei 27 Euro, mal bei 54 Euro. Die staatliche Pflicht zur Unterbringung bei extremer Wohnungsnot führt manchmal zu absurden Kosten, sieben Millionen Menschen werden bundesweit beim Wohnen staatlich unterstützt, allein für die 5,5 Millionen Bürgergeldempfänger kostet das 20 Milliarden Euro im Jahr. Die Zeltstadt auf dem ehemaligen Flughafen Tegel etwa kostet den Steuerzahler etwa 500 Millionen Euro im Jahr.
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Was die Beschwerden der Anwohner betrifft: In anderen Unterkünften sehe es viel schlimmer aus, sagt Frau H. Tatsächlich: Die Lobby, in der eine Dolmetscherin gerade einer Migranten-Familie hilft, Dokumente auszufüllen, ist gut aufgeräumt, hinten bügelt ein Mann Klamotten.
Da seit 2014 die EU-Arbeitnehmer-Freizügigkeit auch für Bulgarien und Rumänien gilt, sind besonders viele aus diesen Ländern nach Deutschland gekommen – wie viele der Sozial-Hotel-Bewohner. Da sie EU-Bürger sind, steht ihnen unter Umständen Hilfe vom Jobcenter zu. Und die nutzen die Familien mit vielen Kindern.
Dieses Foto machte ein Anwohner. Eines der Fahrzeuge mit rumänischem Nummernschild ist mit überhöhter Geschwindigkeit in parkende Autos gecrasht, die Feuerwehr musste anrücken
Foto: privat
„Der Rest kommt dann vom Amt“
Eine Bulgarin, langer Rock, erklärt vor dem Hotel, wie das läuft. „Wir machen Minijobs. Und der Rest kommt dann vom Amt“, sagt sie, die zur oft stark diskriminierten Minderheit der Roma gehört. Ein etwa 40-jähriger Mann lacht und sagt: „Wir kommen fast alle aus der gleichen Stadt.“
Hintergrund: Wer aus dem EU-Ausland nach Deutschland zieht, hat fünf Jahre lang keinen Anspruch auf Bürgergeld, es sei denn, man hat eine Arbeit – angestellt oder selbstständig – und stockt auf.
Jetzt sind Rumänen und Bulgaren aus prekären Verhältnissen in Deutschland gelandet. In meist ärmeren Stadtteilen im ganzen Bundesgebiet bewohnen sie ganze Häuserblocks. An Briefkästen sind dann oft viel mehr Namen, als in einer Wohnung leben können. Da flattern die Bürgergeld- und Kindergeldbriefe vom Amt ein – Verdacht auf Sozialbetrug.
In diesem Abriss-Haus in Berlin waren auf einmal 82 neue Mieter gemeldet – fast alle aus Bulgarien
Foto: Hildburg Bruns
Das zumindest geht laut Frau H. in dem Hotel beim Nollendorfplatz nicht. „Jeder, der hier gemeldet ist, wohnt hier auch“, sagt sie.
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