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  1. Seite 1Surfen und surfen lassen


  2. Seite 2Was kann der Mensch noch besser? Excel-Tabellen

Menschen verwenden Werkzeuge. Das ist eines der Merkmale, die uns überhaupt erst zu Menschen machen. Es führt eine Linie vom Faustkeil über die Spitzhacke zu, sagen wir, dem Webbrowser. Tiere können ihn nicht bedienen, und weil das Internet mit seinen Buttons und Werbebannern verworren ist, fiel es auch Maschinen bisher nicht leicht.

In dieser Hinsicht hat künstliche Intelligenz (KI) gerade einen Schritt zu uns Menschen aufgeholt. Das Unternehmen OpenAI hat am Donnerstag eine neue Funktion innerhalb des Chatbots ChatGPT vorgestellt, die selbstständig komplexe Aufgaben erledigen können soll. Dafür kann die KI unter anderem Websites bedienen, die vor allem für Menschen designt worden sind. 

ChatGPT-Agent heißt das System. Der Name greift das derzeit vermutlich meistgenutzte Buzzword der KI-Welt auf. Der Begriff ‚Agent‘ ist abgeleitet vom englischen Wort agency für Handlungsfähigkeit und beschreibt Systeme, die komplexe Aufgaben erfüllen, indem sie – noch so eine menschliche Fähigkeit –planen. Gerne wird eine Zukunft an die Wand geworfen, in der Menschen nur noch einen Prompt eingeben müssen und die KI erledigt die Büroarbeit eines ganzen Tages. Oder sie bucht eine Reise von Flug über Unterkunft bis Programm. Agenten sollen selbstständig Entscheidungen treffen können: Welche Zwischenschritte sind nötig, welche Informationen müssen recherchiert werden, welche Werkzeuge eingesetzt?

Ist das also der Moment, an dem KI den Funken der Erkenntnis empfängt, wie der Affe, der in der Eröffnungsszene von 2001: Odyssee im Weltraum zu den Klängen von Also sprach Zarathustra begreift, dass man herumliegende Knochen als Keule verwenden kann? Die Banalität der Beispiele, mit denen OpenAI sein System präsentiert, lässt daran zweifeln: In einer Videodemonstration zeigten OpenAI-Mitarbeiter etwa, wie der Bot auf Basis einer Hochzeitseinladung Shoppingseiten für zum Dresscode passende Kleidung und Hotels in der Nähe der Veranstaltung recherchierte. 

© ZEIT ONLINE

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Aber zumindest bringt OpenAI damit sein Produkt näher an das, was KI-Firmen seit Langem als Vision formulieren: einen virtuellen persönlichen Assistenten, der Informationen über seine Nutzerin kennt und ihr Alltagsaufgaben abnimmt. Wenn das so funktioniert wie in der Demonstration, dürfte das Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz damit relativ weit vorn sein. In Europa kann man die Funktion vorerst nicht nutzen, wir konnten sie daher nicht sofort testen. 

Ein „virtueller Computer“ für die KI

In dem neuen Modus kann ChatGPT laut OpenAI auf einen „virtuellen Computer“ zugreifen. Damit gemeint dürfte sein, dass der Agent nicht den Computer steuert, auf dem er läuft (also etwa den Mauszeiger bewegen könnte), sondern dass ein simulierter Computer auf den Servern von OpenAI läuft und dieser gesteuert wird. 

Darauf kann der Agent unter anderem auf verschiedene Arten im Internet surfen. Zum einen textbasiert, was für inhaltliche Recherchen gedacht ist. Und zum anderen optisch, also so ähnlich, wie ein Mensch es tun würde. In diesem Modus ist es dem System möglich, auf Schaltflächen zu klicken oder Textfelder auszufüllen. Beide Funktionen waren bereits separat verfügbar, neu ist die Kombination innerhalb eines Programms.

Nutzer können dem System außerdem Zugriff auf ihren Kalender oder ihre Dokumente geben. In einem Beispiel in der Videopräsentation erstellte der Agent etwa eine Power-Point-Präsentation auf Basis eines Berichts, der in einem Google-Drive-Ordner gespeichert war. Bevor der ChatGPT-Agent Aktionen ausführt, wie ein Produkt zu kaufen oder eine E-Mail zu versenden, fragt er die Nutzerin um Erlaubnis. 

Neben Alltagsaufgaben soll das neue Modell auch in wissenschaftlichen Fragen leistungsfähiger sein als vorherige. In einem Test, der messen soll, wie gut KI-Systeme in Mathematik, Naturwissenschaften und anderen Feldern abschneiden, erzielte der ChatGPT-Agent laut OpenAI einen Wert von etwas mehr als 40 Prozent korrekter Antworten. Elon Musks vor wenigen Tagen vorgestellte KI Grok 4 erzielte laut dessen Machern einen ähnlichen Wert, vorherige Systeme von OpenAI lagen darunter.