Stand: 18.07.2025 19:51 Uhr

Nachdem Intendant Demis Volpi vor rund einem Monat das Hamburg Ballett verlassen musste, hat sich der Kulturausschuss des Hamburger Senats mit dem Thema befasst. Neue Erkenntnisse gab es kaum, aber: Das Übergangsteam bleibt für die gesamte aktuelle Spielzeit im Amt.

Man wolle vorerst an Lloyd Riggins, Nicolas Hartmann und Gigi Hyatt festhalten, erklärte Kultursenator Carsten Brosda am Freitag. Bei der Suche nach einer Nachfolgeregelung „werden wir uns Zeit nehmen“, sagte der SPD-Politiker und fügte hinzu: „Dann werden wir mit der Compagnie aufarbeiten, was in diesem Jahr passiert ist.“

Die Tänzerinnen und Tänzer des Hamburg Balletts sollen auch ganz explizit im Vorfeld befragt werden, was sie sich von einer neuen Leitung erwarten. „Das wird mit einer externen Moderation passieren. Und erst auf dieser Grundlage gehen wir dann in die Neuaufstellung, die auf Dauer sein wird“, beschrieb Brosda das weitere Vorgehen.

Xue Lin in pinkem Kleid als Meerjungfrau und Louis Musin als Meerhexer mit Maske und schwarzem Glitzergewand in einer intensiven Szene aus "Die kleine Meerjungfrau".

Nach Demis Volpis Aus hat die Compagnie Neumeiers „Kleine Meerjungfrau“ zur Eröffnung der Ballett-Tage aufgeführt.

CDU bemängelt fehlende Selbstkritik

Dass man sich Zeit für die Neubesetzung nehme, stieß bei der Opposition auf Zustimmung, gleichwohl hätte sich der CDU-Abgeordnete Dietrich Wersich mehr Selbstkritik von Brosda erwartet: „Es ist heute tatsächlich weder klar geworden, woran es eigentlich gescheitert ist, welche Fehler vielleicht auch in dem Auswahlverfahren gemacht worden sind. Und es ist auch kein Plan erkennbar geworden, wie man das in der Zukunft verhindern will. Das ist natürlich nicht gerade eine ermutigende Botschaft.“

Kritik kommt aber auch von der Linkspartei. Marie Kleinert beklagte, man hätte bei der Anstellung das alte Arbeitsumfeld von Volpi in Düsseldorf stärker befragen müssen: „Das ist ja schon auch ein grober Fehler, der passiert ist.“ Laut Brosda sei aber John Neumeier selbst auf Einladung Volpis in Düsseldorf gewesen und habe sich anschließend für den 40-Jährigen als Nachfolger ausgesprochen.

Brosda: Intendanzberufung immer ein Risiko

Bei der Verpflichtung von Volpi sei eine zehnköpfige Findungskommission beteiligt gewesen, man hätte nicht ahnen können, dass es so schief laufen würde, erklärte Brosda. Jede Intendanzberufung sei ein Risiko, weil es um die Arbeit mit kreativen Menschen gehe. Da könne jeder noch so sorgfältig geplante Prozess scheitern. Konkrete Fragen zum Scheitern von Volpi beantwortete der Senator nicht, das sei Teil der Vertragsauflösungsverhandlungen.

Gesucht wird die „eierlegende Wollmilchsau“

Beim Hamburg Ballett bestehe nun die Schwierigkeit, „die eierlegende Wollmilchsau“ zu finden: Jemanden, der einerseits nach 51 Jahren und mehr als 170 tanztechnisch hoch anspruchsvollen Balletten das Erbe Neumeiers pflegt, der andererseits aber auch neue Tanzsprachen nach Hamburg bringt.

Hamburgs Ballett-Intendant Demis Volpi sitzt an einem Schreibtisch

Im Streit steht Aussage gegen Aussage. Aber das Bild ist nicht schwarz-weiß, sondern vielschichtig, meint Stefanie Wittgenstein.

Fachlich war das Volpi durchaus gelungen, wie auch die aktuellen Balletttage zeigen, bei denen mit modernen Stücken Türen geöffnet wurden. Aber eine Compagnie zu übernehmen, die mehr als 50 Jahre mit einem einzigen – auch noch legendären – Choreografen gearbeitet hat – das ist fraglos ein umwälzender Prozeß. Da muss man auch menschlich total offen sein – und da darf es kein toxisches Arbeitsklima geben, wie viele aus Compagnie kritisiert hatten.

Vielleicht müsse es auch eine Teamlösung werden, so Brosda, der allerdings auch erklärte, dass die Ablösung der Compagnie von Neumeier definitiv schon begonnen habe.

Ein Mann mit schwarzen Haaren schaut etwas verzeifelt. Im Hintergrund sind die Spiegel eines Tanzsaals zu sehen.

Nach dem Eklat am Hamburg Ballett und der Vertragsauflösung von Intendant Demis Volpi äußert sich Tänzer Alexandr Trusch.

Drei Männer und eine Frau sitzen an einem Tisch vor einer großen Bücherwand. Vor ihnen stehen Mikrofone und Wassergläser.

Kultursenator Carsten Brosda steht in der Kritik und weist Fehler bei der Benennung von Volpi zurück.

Hamburgs Ballett-Intendant Demis Volpi sitzt an einem Schreibtisch

Im Streit steht Aussage gegen Aussage. Aber das Bild ist nicht schwarz-weiß, sondern vielschichtig, meint Stefanie Wittgenstein.

Demis Volpi bei der Arbeit.

Der Entscheidung gehen monatelange Auseinandersetzungen zwischen Volpi und dem Ensemble voraus. Nastasja Müller mit Details.