Frühmorgens auf der Terrasse hat Peter Kramer das Objektiv auf die Efeuranken an seinem Haus gerichtet. Er wartet auf den perfekten Moment: das Rotkehlchen beim Verlassen des Nestes. „1000 bis 1500 Bilder“ habe er an dem Morgen gemacht, doch die Ergebnisse überzeugen ihn noch nicht ganz, sagt er beim Durchsehen der Fotos.

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Als er wartete, weckte ein anderes Motiv seine Aufmerksamkeit: „Ich habe eine Kleeblüte im Morgentau gesehen und die Kamera ins Gras gelegt“ – das ist für den Geester das Besondere an der Fotografie: „Man hält die Augen auf und sieht seine Umgebung ganz anders.“

Diagnose Parkinson

Seit seiner Jugend fotografiert der 68-Jährige „mal mehr und mal weniger“. „Gestartet bin ich mit einer Ritsch Ratsch Pocket-Kamera von Agfa mit einer kleinen Filmrolle drin. Als die Kinder kamen, habe ich viele Dias gemacht.“ Intensiv beschäftige er sich seit seiner Pensionierung mit der Fotografie. Alle anderen Hobbys und Ämter habe er zu der Zeit aufgegeben. Kramer, der als Polizist in Geeste arbeitete, erhielt die Diagnose Parkinson und musste sein Leben neu organisieren.

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Zunächst habe er die Symptome kaum bemerkt. Es habe mit dem Geruchssinn begonnen, erinnert sich Kramer. „Alle anderen haben sich über einen Gestank beschwert und ich habe nur gemerkt, dass es eine Geruchsveränderung gab.“ Dann seien Schulterschmerzen hinzugekommen. Er wurde „von Arzt zu Arzt geschickt“, bis er auf eine Überweisung ins Krankenhaus bestanden habe, wo er die Diagnose erhielt.

Parkinson entsteht durch einen langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn. Typische Symptome sind Bewegungsstörungen wie Zittern, verlangsamte Bewegungen, Muskelsteifheit und Störungen des Gleichgewichts.

Während der Pandemie machte Peter Kramer zahlreiche Portraitaufnahmen, darunter auch dieses Selbstportrait.
Foto: Peter Kramer

Während der Pandemie machte Peter Kramer zahlreiche Portraitaufnahmen, darunter auch dieses Selbstportrait. Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

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Parkinson erschwert Einstellung der Kamera

„Ich habe nicht lange gezögert und eine Selbsthilfegruppe gesucht“, sagt Kramer. Dieser Entschluss habe ihm sehr geholfen. Inzwischen leitet er die Gruppe in Lingen, die wöchentlichen Sitzungen sind ein fester Termin in seinem Kalender. Einige der Mitglieder seien kreativ tätig, zählt der Geester auf: „Malen, töpfern, schnitzen, drechseln, Upcycling“.

Gelegentlich schränke ihn die Erkrankung beim Fotografieren ein: „Die Versteifung macht mir manchmal zu schaffen“. Wenn er Zoom und Schärfe einstellen wolle, funktioniere die Feinmotorik nicht immer richtig. „Aber verwackeln können meine Bilder nie“, sagt er mit einem Lächeln und einem Schulterzucken, „die Verschlusszeit stelle ich einfach ganz kurz ein“.

Bisher sei es ihm allerdings immer noch möglich, Bilder aufzunehmen. „Außer wenn ich einen Tag habe, an dem es mir insgesamt nicht so gut geht.“

Suche nach dem Eisvogel

„Das Fotografieren gibt mir Ruhe“, stellt Kramer fest. Zudem lasse es sich gut mit Fahrradtouren verbinden. „Und Parkinson ist eine Krankheit, die Bewegung braucht.“ Schwer falle ihm manchmal auch das Halten der Kamera mit Objektiv, „da halte ich dann manchmal auch eine Stunde lang fünf Kilo im Anschlag“.

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Doch das halte ihn nicht davon ab, einem Ziel zu folgen: Um endlich das perfekte Bild eines Eisvogels zu bekommen, stehe er mitunter auch stundenlang in einer Böschung am Kanal. „Dieses Bild ist zwar nicht scharf, aber endlich glauben mir alle, dass ich ihn wirklich verfolge“, sagt Kramer und zeigt eine Aufnahme.

Experimente mit LED-Leuchten

Seine Motive findet er nicht nur in der Natur. Lightpainting ist ein Gebiet, auf dem er ebenfalls gerne experimentiert. Dafür baut er teilweise nach Anleitungen aus dem Internet spezielle Vorrichtungen, die mit der entsprechenden Fototechnik zu neuem Leben erweckt werden: Aus einem mit LED-Leuchten beklebten Fahrradreifen wird eine Lichtkugel, aus einem Band mit Tischtennisball entsteht die Illusion eines Tannenbaums.

Diesen Fahrradreifen hat Peter Kramer mit LED-Lichtern beklebt, um besondere Fotos zu bekommen.
Foto: Johanna Dust

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Einige Fotos stellt Kramer zurzeit im Rathaus Geeste aus. Zu sehen sind die Bilder noch bis Anfang Oktober während der regulären Öffnungszeiten, montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr sowie montags bis donnerstags von 14 bis 16 Uhr. Erlöse aus dem Verkauf der Fotos kommen der Selbsthilfegruppe zugute.

Ein Ergebnis der Lightpainting-Fotografie von Peter Kramer.
Foto: Peter Kramer

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