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Die weltweit gefeierte K-Pop-Band Stray Kids zieht Tausende Fans aus ganz Europa nach Frankfurt. Es ist ihr einziges Deutschlandkonzert im ausverkauften Waldstadion.
Frankfurt – In den Bussen, Zügen und Straßenbahnen in Richtung Waldstadion dominieren bereits Stunden vor Konzertbeginn eindeutig die „Stays“ – so der offizielle Name der Fans der weltweit gefeierten K-Pop-Band Stray Kids, die am Abend im ausverkauften Stadion vor 41 000 Menschen eine fulminante Show mit rockiger Live-Band bei ihrem einzigen Deutschlandkonzert abliefern werden. Die Stays, die aus ganz Europa angereist sind, tragen an diesem Dienstag rockige bis sexy Outfits: von Korsett-Tops hin zu lässig umgebundenen schwarz-roten Karohemden, manche haben ihre Haare blau gefärbt, andere rote Schleifen im Haar.
Auch optisch waren die Fans bereit für das Frankfurter Konzert der Stray Kids, © Christoph Boeckheler
Oder sie tragen plüschige Quokka-Haarreifen wie die 44-jährige Ungarin Anita. Ihr „Bias“, so nennt man in der K-Pop-Welt seinen Liebling der Band, ist Han. „Seit seinem Debüt wird Han wegen seiner vollen Wangen auch mit dem niedlichen australischen Tier Quokka verglichen“, sagt sie und strahlt. Sie sei auch schon beim Konzert der acht Bandmitglieder, die zwischen 23 und 27 Jahre alt sind, wenige Tage zuvor in Amsterdam gewesen. So „um die 200 Euro“ pro Show habe sie bezahlt.
K-Pop-Band Stray Kids begeistern Fans in Frankfurt
Eine 35-jährige Frankfurterin hat „knapp 600 Euro“ für ihr VIP-Ticket, das den Zutritt zum Soundcheck und in den Pit-Bereich, das sind die Stehplätze direkt vor der Bühne, ermöglicht, bezahlt. Von der Hauptbühne weg gibt es mehrere Laufwege als Teil der Bühnenarchitektur, die für die „“-Welt-Tour von Stray Kids entworfen wurde. Die Stray Kids performen so auch auf kleineren Bühnen und sind näher am Publikum. „Am Morgen gab es ein Losverfahren, das sogenannte Numbering für die Pit-Stehplätze. Und ich habe keine so gute Nummer gezogen, ich werde also nicht wie erhofft in der ersten Reihe stehen, sondern nur in Reihe sieben. Ich bin traurig“, sagt die Frankfurterin.
A © Christoph Boeckheler
Als sie bereits drinnen im Stadion beim Soundcheck ist, bilden sich vor den Eingangstoren lange Warteschlangen. Von den Autobahnbrücken winken fröhliche Stays runter, andere tauschen Freebies, selbst gebastelte Fan-Ketten, mit den Namen der Mitglieder aus. Drei Generationen an Stays wollen gemeinsam das Konzert erleben: Eine 40-Jährige aus Niedersachen ist mit ihrer 33-jährigen Schwester, der 61-jährigen Mutter und der 21-jährigen Freundin ihres Sohnes da. Sie sagt: „Meine Schwester hat als erstes Stray Kids entdeckt und uns alle damit angesteckt. Keiner von uns war vorher K-Pop-Fan. Anders als andere Bands haben sie nicht nur einen poppigen, sondern eben auch einen rockigen Sound, der hat uns besonders angesprochen. Und wir lieben ihre sympathische Art. Sie und die Community sind für uns eine Art Wohlfühlzone.“ „Stray Kids hält mich jung“, sagt ihre Mutter. Sie ist nicht die einzige „Noona“, der koreanische Begriff für ältere Schwester. Diese sind Teil der sehr offenen K-Pop-Community, die meist zwischen 20 und 30 Jahre alt ist.
Lange Schlangen vor dem Einlass des Stray Kids Konzert in Frankfurt. © Christoph BoeckhelerJung und Alt feiern K-Pop-Band Stray Kids in Frankfurt
„Mein Ziel ist es, Stray Kids zu sehen und dann zu sterben“, sagt die 57-jährige Susanne und lacht. Die Lehrerin aus Sachsen-Anhalt hat einen Premium-Sitzplatz für 430 Euro und sitzt entspannt mit ihrer Freundin Anna (25) beim Essen im VIP-Bereich. „Ich mag viele K-Pop-Bands und war dieses Jahr schon bei einigen Konzerten, weil mittlerweile immer mehr auch nach Deutschland kommen.“ Die Stray Kids zeichne aus, dass sie nicht nur eigene Songs schrieben, „sondern sie sind eben auch eine der wenigen Bands, die selbst ihre Musik produzieren“. Kritisch sieht sie den koreanischen Schönheitsstandard: Viele K-Pop-Stars unterziehen sich Operationen und müssen zudem sehr schlank sein. „Ein paar Gramm mehr auf den Rippen würde ihnen guttun. Aber der Leistungsdruck ist groß.“
Pressebilder vom Frankfurter Konzert waren nicht erlaubt. © Live Nation
Die südkoreanische Band spielte in den vergangenen Monaten bereits in Asien, Australien, Lateinamerika und USA. Und sie landete mit ihrem namengebenden Album „ATE“ zum fünften Mal in Folge auf dem ersten Platz der Billboard-Charts. Auf der Frankfurter Bühne performen die Stray Kids fast drei Stunden lang. Die Fans tanzen begeistert zu Hits wie „Chk Chk Boom“ oder „God‘s Menu“. Alles ist perfekt inszeniert: die Feuerfontänen, die energiegeladenen Choreos bis hin zu den Sing- und Tanzspielen mit den Fans. Ein Synchronsprecher übersetzt den Smalltalk der Bandmitglieder.
100 Jahre Waldstadion: Eine Zeitreise in Bildern durch die Frankfurter Arena – Von Ali bis CR7Fotostrecke ansehenZeichen für Non-Gender-Community
Rapper und Sänger Felix, der seine blondierte Mähne nach oben gebunden hat und einen schwarzen Rock über seiner engen Hose trägt, starrt manchmal während der Sprechparts des fröhlichen Team-Chefs Bang Chan etwas teilnahmslos ins Leere. „Vielleicht ist er wie alle von der Tour erschöpft“, sagt eine Fan-Frau. Der 24-jährige Felix ist in Australien als Sohn koreanischer Eltern geboren und aufgewachsen. „2017 wurde er bei der Gründung der Band, die während einer Survival-Reality-Show zusammengekommen ist, zunächst rausgeworfen, weil sein Koreanisch nicht gut genug war. Als er dann doch zurückkam, hat Teamleader Bang Chan ihn herzlich aufgenommen. Ich mag, dass sie sich supporten“, erzählt Selin (20). Felix‘ feenhaftes Gesicht, gepaart mit dem Kontrast seiner tiefen Bass-Stimme, wird von den Stays gefeiert. Stays heißen sie, weil die Band betont, dass sie dank ihrer Fans ihre Musikkarriere verfolgen kann, also „stay“ bleiben können.
Ein Highlight war der Wagen, mit dem Stray Kids auf einer Art Hebebühne eine Runde fuhr und so auch den weiter entfernten Fans im Frankfurter Waldstadion sehr nahe kam. © Sven-sebastian Sajak/JYP Entertainment
Michelle (21) sagt, nicht nur die Musik sei bedeutend: „Felix fühlt sich selbst zwar als Mann, aber er setzt sich mit seinem femininen Look auch für die Non-Gender-Community ein. Und Stray Kids sprechen über Dinge wie Mental Health.“ In Frankfurt am Abend steht das fröhliche Feiern im Mittelpunkt. Die Fans schwingen die roten Leuchtstäbe, schreien und singen euphorisch mit. Ein Highlight ist der Wagen, mit dem die Band auf einer Art Hebebühne eine Runde fährt und so auch den weiter entfernten Fans sehr nah kommt. Viele sehen Stray Kids zum ersten Mal live. Für ihre Begeisterung finden sie erst keine Worte. Selin erzählt später: „Zu Hause kamen mir unerwartet die Tränen. Das zeigt, wie viel mir Stray Kids bedeuten.“ (Kathrin Rosendorff)
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