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Streikende Lieferando-Fahrer:innen auf der Hauptwache. © Christoph Boeckheler
Die Gewerkschaft NGG bestreikt den Lieferdienst Lieferando. Am Donnerstagnachmittag gab das Unternehmen die Kündigung von 2000 Mitarbeitenden bekannt.
Frankfurt – Es wird wieder gestreikt. Diesmal sind es die Kuriere beim Essenslieferdienst Lieferando, die sogenannten Rider. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte zum bundesweiten Warnstreik bei Lieferando aufgerufen. Auf der Frankfurter Hauptwache fand am Donnerstagnachmittag die zentrale Kundgebung für Frankfurt, Offenbach, Mainz und Darmstadt statt. Hier streikten die Rider vom Nachmittag bis Mitternacht.
Unter anderem wird ein Tarifvertrag gefordert, doch darauf gehe Lieferando nicht ein, so der Vorwurf. „Seit mehr als zwei Jahren stellt sich Lieferando taub. Gerade nach der hohen Inflation der vergangenen Jahre ist ein Tarifvertrag mehr als überfällig“, sagte NGG-Gewerkschaftssekretärin Rhein-Main Anna Langensiepen. Die NGG fordert Lieferando zudem auf, den Aufbau einer „Schattenflotte“ sofort auszusetzen und schon vorhandene Strukturen zurückzubauen.
Übernehmen Subunternehmer gefeuerte Lieferando-Mitarbeiter?
„Schattenflotte ist nicht nur ein Begriff von dem bekackten Putin, Schattenflotte ist auch ein Begriff von Lieferando“, sagte Mark Baumeister, Bundesreferatsleiter bei der NGG für das Gastgewerbe, vor den buhenden Streikenden. Vor zwei Wochen habe Lieferando die Gesamtbetriebsräte nach Berlin gebeten, um ihnen mitzuteilen, dass 2000 Fahrer:innen die Kündigung erhalten. Darüber wurden die Betroffenen am Donnerstag um 16 Uhr per Mail benachrichtigt. Hinter dieser Entscheidung stehe ausgerechnet der älteste Bruder der Klimaaktivistin Luisa Neubauer: Lennard Neubauer, seit gut einem Jahr Deutschland-Chef von Lieferando.
Die NGG wirft Lieferando vor, zunächst Arbeitsplätze abzubauen. So seien dadurch allein in Berlin innerhalb weniger Monate rund 500 Stellen gestrichen worden. Oftmals würden die gekündigten Beschäftigten aber danach durch die Subunternehmen kontaktiert. Ihnen würden neue Verträge zu schlechteren Konditionen angeboten. Es soll so auch zu mutmaßlichen Mindestlohnverstößen gekommen sein, heißt es bei der NGG. Seit Monaten berichteten Beschäftigte davon, dass Lieferando verstärkt auf Dienstleister wie „Fleetlery“ setze, um im Vorgriff auf die Umsetzung der EU-Plattformrichtlinie das Kuriergeschäft in fremde Hände zu geben.
Ein Fahrer des Essenslieferdienstes Lieferando. © Sebastian Gollnow/dpa„Anhaltende Weigerung des Lieferando-Mutterkonzerns Just Eat Takeaway“
In den kommenden Wochen und Monaten sollen laut NGG weitere Warnstreiks in Deutschland folgen, in Hamburg startete die Streikwelle am vergangenen Wochenende mit einem 36-Stunden-Warnstreik. Hintergrund sei die „anhaltende Weigerung des Lieferando-Mutterkonzerns Just Eat Takeaway“, mit der NGG in Verhandlungen über einen Tarifvertrag für die rund 6000 Beschäftigten einzutreten. Lieferando ist in Deutschland der größte Lieferdienst.
Für das Grußwort auf der Kundgebung hatte sich Jan van Aken, Bundesvorsitzender der Linkspartei, angekündigt. „Wenn sie euch den Stinkefinger zeigen, dann zeige ich denen den Stinkefinger“, sagte er, den Mittelfinger in die Luft reckend. Ihm war es nicht zuletzt als ehemaliger Fahrradkurier für Zeitungen wichtig, spontan für diese Kundgebung länger in Frankfurt zu bleiben.