RESPEKT. Das Wort steht auf einem Zettel in roten Großbuchstaben direkt neben der gläsernen Eingangstür. Mitarbeiter der Bäckerei Schäfer’s sollen bitte nicht unhöflich aufgrund ihrer Nationalität, Religion oder Hautfarbe behandelt werden, heißt es weiter, „Gehen sie mit den Menschen vor und hinter der Theke so um, wie sie selbst behandelt werden wollen.“

Eine Selbstverständlichkeit, könnte man meinen. Doch nicht hier. Zumindest verhalten sich manche Gäste nicht so. Vor allem dann nicht, wenn sie mit Menschen sprechen, die nicht hier geboren wurden. So erzählt es Filialleiterin Susanne Graner.

„Pankow ist ein konservativer Bezirk“, sagt Graner. Die 43-Jährige leitet zusammen mit ihrer Mutter die Bäckerei Schäfer’s gleich gegenüber der Alten Pfarrkirche nah am S-Bahnhof Pankow. Die Belegschaft ist divers, in den vergangenen Jahren wurden Menschen aus Syrien, der Ukraine und Indien eingestellt. Immer wieder sei es seither zu Vorfällen gekommen, sagt Graner. Vor allem ältere Kunden hätten sich teils über das Aussehen oder das Deutsch der Mitarbeiter beschwert.

Sprüche über das Kopftuch

Warum sie denn Kopftuch trage, das solle sie ablegen, ohne sei sowieso schöner: Solche Sprüche seien üblich gewesen, erzählt Manar Ibraheem, die ursprünglich aus Syrien kommt. Anfangs habe sie deswegen noch viel geweint, nach einiger Zeit habe sie sich daran gewöhnt. Eine Kollegin aus der Ukraine erzählt wiederum davon, ständig und ungefragt auf den Krieg angesprochen zu werden, der ihre Heimatstadt Cherson verwüstet hat.

Die aus Syrien stammenden Manar Ibraheem musste sich von Gästen schon anhören, sie solle das Kopftuch ablegen. Anfangs hat sie deshalb viel geweint.

© David Will

Vor drei Wochen gab es dann den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ein Kunde blafft Ibraheem zunächst an, wird dann laut. Als Graner dazwischengeht, spuckt der Mann beide Frauen an. An diesem Tag radelt Susanne Graner völlig aufgelöst nach Hause. Sie erzählt ihrem 13-jährigen Sohn, was passiert ist – und der hat eine Idee.

Eine neue Hausordnung

Warum nicht die Kundschaft in die Pflicht nehmen? Graners Sohn schreibt das Schild, das um Respekt bittet. Seither, so erzählen es die Mitarbeiterinnen übereinstimmend, sei der Umgang besser geworden. Das Schild fällt auf, viele Kunden lesen es sich aufmerksam durch, bevor sie den Laden betreten. Auch die B.Z. berichtete schon von der Initiative.

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„Wir finden es gut, dass es jetzt eine Art Hausordnung gibt“, sagt ein Kunde. Eine Beobachtung, die Olaf Klenke von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten teilt. „In den letzten Jahren hören wir solche Geschichten leider häufiger“, sagt Klenke. Was dagegen helfe: Farbe bekennen, darauf aufmerksam machen. Dann würden erfahrungsgemäß auch Stammgäste einschreiten.

„Wir hatten zuerst Bedenken, sogar Angst“, sagt Filialleiterin Graner. Ob man mit dem Schild nicht gerade die Falschen auf das Café aufmerksam machen würde. Doch die meisten Gäste hätten sehr positiv reagiert. „Deswegen bleibt es auch hängen!“