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Überraschende Kehrtwende: Nach langer Blockade wird endlich der Weg frei für neue Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft. Diese treffen Putins wichtige Einnahmequellen.
Brüssel – Ein weiterer Schlag für Russlands Wirtschaft: Die Mitgliedstaaten verständigten sich auf ein neues Sanktionspaket, wie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mitteilte. Zuvor hatte die Slowakei den Widerstand gegen die neuen Sanktionen aufgegeben. Ursprünglich wollte das EU-Land eine Sondergenehmigung durchsetzen, um weiterhin russisches Gas beziehen zu können. Doch dann hob der slowakische Ministerpräsident die Blockade auf. Für Kremlchef Wladimir Putin ist das 18. Sanktionspaket ein weiterer Dämpfer für die kriegsrelevanten Einnahmen.
EU verhängt neue Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft – Dämpfer für zentrale Einnahmen
Denn das 18. Sanktionspaket soll insbesondere die russischen Einkünfte aus dem Export von Öl in Drittstaaten weiter reduzieren und den russischen Finanzsektor treffen. Die Einnahmen aus Öl und Gas sind für den russischen Haushalt unentbehrlich und sind aufgrund der westlichen Sanktionen bereits eingebrochen.
Eine besonders heiß diskutierte Maßnahme zur Reduzierung der Öleinnahmen ist die Senkung des Öl-Preisdeckels auf 45 US-Dollar pro Barrel. Er gilt für den Verkauf von russischem Öl in Drittstaaten wie Indien, China oder die Türkei und wurde 2022 gemeinsam mit den USA und Japan, Kanada und Großbritannien eingeführt.
Nach wochenlanger Blockade wird der Weg frei für neue Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft. © Mikhail Sinitsyn/dpa
Um ihn durchzusetzen, werden Unternehmen Sanktionen angedroht, die am Transport von russischem Öl zu einem Preis unterhalb des Preisdeckels beteiligt sind. Diese Regelung zielt auf Reedereien ab, aber auch auf Unternehmen, die Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste anbieten.
Neue EU-Sanktionen treffen Russlands Finanzsektor – auch Nord Stream im Visier
Zudem ist vorgesehen, durch Sanktionen eine denkbare Wiederinbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 1 und eine Nutzung der Pipeline Nord Stream 2 auszuschließen. Am Betrieb der Nord Stream 2 hatte sogar ein US-Investor Interesse bekundet. Das hatte Spekulationen über eine mögliche Reaktivierung der Pipeline befeuert. Die Bundesregierung hatte sich jüngst gegen eine Inbetriebnahme bzw. Wiederinbetriebnahme beider Pipelines ausgesprochen.
Neben den oben genannten Maßnahmen wurde zudem Folgendes vereinbart:
- Einführung eines Importverbots für raffinierte Produkte aus russischem Rohöl. Das sind etwa Kraftstoffe für Autos und Flugzeuge und Heizöl. Damit soll eine Gesetzeslücke geschlossen werden, die Russland bislang indirekte Exporte über Drittländer ermöglichte.
- Einführung eines Verbots von Finanztransaktionen mit Unternehmen aus Drittländern, die Öl-bezogene Sanktionen umgehen.
Listung von mehr als 100 Schiffen, die Teil der sogenannten russischen Schattenflotte zur Umgehung von Energiesanktionen sind. Sie dürfen künftig nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen und dürfen auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert, finanziert oder ausgerüstet werden. Insgesamt sind damit künftig rund 450 Schiffe betroffen. - Listung von zusätzlichen 22 Banken, die vom Finanzkommunikationssystem Swift abgekoppelt werden; dazu Ausweitung der Strafmaßnahme auf ein vollständiges Verbot von Transaktionen.
- Erstmals Verbot von Transaktionen mit zwei chinesischen Finanzinstituten, die EU-Sanktionen behindern; zudem Sanktionierung von mehreren chinesischen Unternehmen, die Russlands Angriffskrieg direkt unterstützen, sowie der größten Rosneft-Raffinerie in Indien.
- Einführung von weiteren Ausfuhrbeschränkungen; betroffen sind etwa Werkzeugmaschinen, die im militärisch-industriellen System verwendet werden können.
- Ausweitung der Liste mit sanktionierten Einzelpersonen, Unternehmen und Organisationen um mehr als 50 Einträge. Sie umfasst damit künftig mehr als 2.500 Einträge.
EU drängt Putins Wirtschaft weiter in die Ecke: „Druck weiter erhöhen“
Die EU-Außenbeauftragte Kallas bezeichnete das neue Sanktionspaket als eines der stärksten bislang. „Wir werden den Druck weiter erhöhen, sodass ein Ende der Aggression für Moskau zur einzig verbleibenden Option wird“, schrieb sie in sozialen Netzwerken. Der formale Ministerratsbeschluss für das neue Sanktionspaket sollte im Laufe des Tages erfolgen. Die Strafmaßnahmen würden dann wenig später in Kraft treten. (bohy mit Material der dpa)