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Die Perlon-Gruppe mit Hauptsitz in Munderkingen (Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg) ist in wirtschaftliche Schieflage geraten. © Perlon GmbH
Der deutsche Weltmarktführer Perlon meldet wirtschaftliche Schwierigkeiten an. Jetzt soll ein Sanierungsverfahren den Traditionskonzern retten.
Munderkingen – Der deutsche Weltmarktführer für synthetische Filamente, die Perlon-Gruppe, hat beim Amtsgericht Augsburg Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Sieben deutsche Gesellschaften des Traditionsunternehmens sind betroffen. Fast 500 Mitarbeiter an drei deutschen Standorten bangen um ihre Arbeitsplätze, während das Management eine „strukturelle Neuausrichtung“ verspricht.
„Die gerichtlichen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung geben uns den notwendigen Rahmen, um Perlon grundlegend neu aufzustellen und langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu machen“, wird Co-CEO Matthias Peter in einer Mitteilung zitiert. Sein Kollege Jens Becker ergänzt: „Wir sind überzeugt, dass Perlon mit dem richtigen Konzept gestärkt aus dieser Restrukturierung hervorgehen wird.“
Das sind die 12 größten Unternehmen aus Baden-Württemberg Fotostrecke ansehenPerlon beschäftigt in Deutschland fast 500 Mitarbeiter an drei Standorten
Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland 487 Mitarbeiter an drei Standorten, dem Hauptsitz in Munderkingen (Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg, 162 Beschäftigte), Bobingen (Kreis Augsburg, Bayern, 210 Beschäftigte) und Wald-Michelbach (Kreis Bergstraße, Hessen, 115 Beschäftigte). Alle Standorte sollen nach Angaben der Geschäftsführung erhalten bleiben. Die ausländischen Gesellschaften in China, den USA, Indien und Polen sind nicht von den Verfahren betroffen.
Papiermaschinenbespannungen brechen um 40 Prozent ein
Hintergrund der Krise sind strukturelle Veränderungen im europäischen Markt für Papiermaschinenbespannungen, einem traditionell wichtigen Absatzbereich der Perlon-Gruppe. In diesem Segment sank die Auslastung in den vergangenen drei Jahren um rund 40 Prozent. Zusätzlich belasten stark gestiegene Energie- und Lohnkosten sowie gestörte Lieferketten das Unternehmen.
Der internationale Verdrängungswettbewerb verschärft die Lage zusätzlich. Der Gesellschafter, die Serafin-Unternehmensgruppe, hat das Unternehmen in den zurückliegenden Jahren mit Investitionen und Garantien „im hohen zweistelligen Millionenbereich“ unterstützt. Eine nachhaltige Trendumkehr konnte jedoch nicht erzielt werden.
„Strukturelle Neuausrichtung“ soll die Perlon-Gruppe wieder profitabel machen
Die Restrukturierung zielt auf eine konsequente operative Reorganisation ab. Jedes Werk innerhalb der Perlon-Gruppe soll künftig profitabel operieren. Strukturen sollen verschlankt, Prozesse vereinheitlicht und Kosten reduziert werden. „Es braucht eine strukturelle Neuausrichtung, um Perlon wieder in die Lage zu versetzen, aus eigener Kraft profitabel wirtschaften zu können“, betont Kamil Grzelak, Geschäftsführer der Serafin-Unternehmensgruppe.
Die Geschäftsführung bleibt im Amt und wird durch die Restrukturierungsexperten Arndt Geiwitz, Christian Plail und Dr. Markus Mairgünther von der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz als Generalbevollmächtigte unterstützt. Dr. Max Liebig von der Kanzlei LIEBIG Insolvenzverwaltung wird als gerichtlich bestellter Sachwalter die Verfahren überwachen.
Der operative Geschäftsbetrieb läuft trotz der Insolvenzverfahren weiter. Die Lieferfähigkeit sei in gewohnt hoher Qualität sichergestellt. „Perlon verfügt über technologische Kompetenz, eine global aufgestellte Kundenbasis und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, betont Sanierungsexperte Christian Plail.
Der Fall Perlon zeigt exemplarisch die Herausforderungen deutscher Industrieunternehmen im globalen Wettbewerb. Während traditionelle Märkte wie die Papierindustrie schrumpfen, müssen sich bisherige wirtschaftliche Spitzenreiter zum Teil neu aufstellen. Unsere Redaktion berichtete erst vor wenigen Tagen, dass ein anderer deutscher Weltmarktführer Stellen abbaut, wovon ein Viertel der Mitarbeiter betroffen sein soll.