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Eine unglaubliche Parade in der Verlängerung – und eine ganz starke Leistung im Elfmeterschießen: Ann-Katrin Berger war die gefeierte Heldin beim deutschen 7:6 (1:1, 1:1)-Erfolg im EM-Viertelfinale gegen Frankreich. Sie selbst gab sich aber ganz bescheiden.
Berger sank auf die Knie. Die ganze Arbeit hatte sich gelohnt. Mit ihrer Parade im Elfmeterschießen gegen Alice Sombath hatte die Torhüterin Deutschland ins Halbfinale gebracht. Trotz Roter Karte gegen Kathrin Hendrich in der 13. Minute. Trotz 0:1-Rückstand. Der Jubel brach über der 34-Jährigen zusammen.
Doch lange feierte „Anne“ nicht mit ihren Teamkolleginnen. Sie machte sich auf den Weg zur Mittellinie, wo einige der trauernden Französinnen zu Boden gegangen waren, und spendete Trost. Gleichzeitig brandete noch einmal Extra-Jubel auf, als die UEFA auf der Anzeigetafel Berger zur Spielerin des Spiels kürte.
Im Rampenlicht zu stehen, ist allerdings nicht die Sache der Ann-Katrin Berger. „Ich war nicht froh, dass wir ins Elfmeterschießen mussten. Aber dann habe ich meinen Teil beigetragen“, sagte die Torhüterin, die schon vor dem Viertelfinale Optimismus versprüht hatte, bescheiden und fügte hinzu: „Heute hat jede ihr letztes Hemd gegeben. Es sollte aber nicht um mich gehen, sondern um meine Mitspielerinnen. Sie haben heute über 120 Minuten unglaublich hart gearbeitet. Der ganze Verdienst gebührt dem Team, nicht mir.“
Epische Parade von Berger bringt die Verlängerung
Es war ein Abend, an dem Heldinnen geboren werden. Allen voran Berger, die schon in der Verlängerung mit einer epischen Parade das 1:1 festgehalten hatte. Als ein verunglückter Kopfball von Kapitänin Janina Menge Richtung Toreck segelte, stockte den 34.000 Fans im St. Jakob-Park der Atem. Das 2:1 für Frankreich schien nicht mehr zu verhindern. Aber Berger machte sich lang und länger – und parierte den Ball im Zurückspringen gerade noch auf der Torlinie.
„Ann-Katrin Berger zeigt es immer, dass sie eine unglaubliche Torhüterin ist“, sagte Co-Kapitänin Sjoeke Nüsken nach Abpfiff im Sportschau-Interview. „Ich nenne sie immer ‚The GOAT‘.“
Deutschland mit bestechender Mannschaftsleistung
Doch es wäre Bergers Mitspielerinnen gegenüber wirklich nicht fair, würde man ihren Anteil am Erfolg nicht erwähnen. Wie Minge und Co. nach der Roten Karte für Kathrin Hendrich geackert hatten, war bemerkenswert. Wie Sjoeke Nüsken den Rückstand nach einer einstudierten Eckballvariante per Kopf ausgeglichen hatte – herausragend.
Nach der Roten Karte ist es unheimlich wichtig, dass man solche Persönlichkeiten im Team hat. Da steht noch jemand, wenn die Gegnerinnen durchkommen. Kopfball aufs eigene Tor. Das gibt der Mannschaft den Push, über die Grenzen zu gehen.
Frankreichs Nationaltrainer
Und auch, dass Deutschland kompakt blieb, als es den Elfmeter-Fehlschuss von Nüsken zu verdauen galt, darf genauso nicht unerwähnt bleiben wie das bärenstarke EM-Debüt von Franziska Kett. Die junge Linksverteidigerin hatte Frankreichs Star-Angreiferin Delphine Cascarino erfolgreich an die Kette gelegt.
All das zwang sogar Frankreichs Trainer Laurent Bonadei dazu, ein Loblied auf den Gegner anzustimmen: „Die deutschen Spielerinnen haben heldenhaft gekämpft. Deutschland hat wirklich ein großartiges Spiel gemacht.“
Berger: „Erst feiern wir, dann kommt Spanien“
Und am Ende feierten alle deutschen Spielerinnen zusammen mit Berger, die den Schlusspunkt hinter eine Fußball-Heldinnengeschichte gesetzt hatte. Aber auch beim Bad in der Menge dachte Berger nicht nur an sich. Weil Linder – mittlerweile auf Krücken unterwegs – nur schwer hätte mit in die Kurve kommen können, nahm Berger sie kurzerhand auf den Rücken.
Voller Selbstbewusstsein stellte sie wenig später fest: „Jetzt haben uns alle wieder auf dem Zettel.“ Am Mittwoch trefen Berger und Co. in Zürich auf die spanischen EM-Favoritinnen. „Wir machen jetzt eins nach dem anderen. Erst mal feiern wir. Dann konzentrieren wir uns auf Spanien.“