Höhner-Star im Interview
Henning Krautmacher spricht über den Gesundheitszustand seiner Frau
von teleschau
20.07.2025, 10:59 Uhr
20. Juli 2025 um 10:59 Uhr
Henning Krautmacher war 36 Jahre Frontmann der Kölner Band Höhner. 2022 stieg er aus, weil seine Frau schwer erkrankt war. Im Interview denkt er über seine Lebensentscheidungen nach.
Jetzt kehrt der Musiker mit dem markanten Schnurrbart in neuer Rolle zurück: In der ZDF-Impro-Komödie „Andere Eltern – Die 1. Klasse“ (Ausstrahlung: Donnerstag, 24. Juli, 20:15 Uhr) übernimmt Krautmacher die Rolle eines älteren Lehrers. Inmitten engagierter Helikoptereltern wehrt er sich humorvoll gegen moderne pädagogische Trends.
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Im Interview spricht Henning Krautmacher offen über die Herausforderungen im deutschen Bildungssystem, seine wichtigsten Lebenserkenntnisse und seine tiefe Verbundenheit mit dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen. Neben seiner musikalischen Karriere bringt er auch eigene Erfahrungen aus seinem Pädagogikstudium mit ein.
Die ausgebildeten Lehrer der Schule, zum Beispiel die junge Paula (Maike Jüttendonk) oder der erfahrene Walter (Henning Krautmacher), betrachten die selbsternannten Lehrkräfte aus der Elternschaft kritisch. ZDF und © Frank Dicks Henning Krautmacher: „Weil meine Frau sehr krank war“
teleschau: „Andere Eltern – Die 1. Klasse“ spielt in Köln – Ihrer Stadt. Trotzdem muss man auch dort erst mal als Lehrer in einem Impro-Film besetzt werden, wenn man kein Schauspieler ist.
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Henning Krautmacher: Die Welt ist klein, aber speziell Köln ist ein Dorf. Der Regisseur und Macher des Films und der vorherigen Serie, Lutz Heineking jr., ist im gleichen Ort geboren, in dem ich jetzt lebe: in Pulheim-Stommeln. Vielleicht hatte Lutz mich deshalb im Kopf, als es darum ging, einen älteren, alternativ zum angestrengten Cast der Eltern denkenden Lehrer zu besetzen. Da hat er bei mir natürlich offene Türen eingerannt. Ich würde mich als Gelegenheitsschauspieler bezeichnen.
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Samstag, 19.07.2025 | 19:38
teleschau: Wollen Sie in Zukunft eher als Schauspieler denn als Musiker arbeiten?
Krautmacher: Na ja, „arbeiten wollen“ ist vielleicht ein wenig zu ambitioniert formuliert. Mit 68 Jahren sehe ich mich nicht in einer Lebensphase, in der die Karriereplanung ganz oben auf der Tagesordnung steht. Ich hatte ja meinen Abschied von De Höhner bekannt gegeben. Weil meine Frau sehr krank war, wollte ich damals eine Auszeit nehmen. Meiner Frau geht es inzwischen wieder gut. Und da ergab es sich, dass ich mich wieder so schönen Dingen wie dem Entertainment widmen konnte.
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„Ich hatte da immer einen sehr emotionalen Zugang“
teleschau: Das mit dem Lehrer ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Sie haben mal Heilpädagogik studiert …
Krautmacher: Angefangen ja, aber nicht abgeschlossen! Ich interessierte mich immer für Musik und Kunst. Mein Abitur habe ich in Kunst gemacht. Mein Anliegen war es stets, Kindern und Jugendlichen mit schwierigem Background über die Kunst auf dem Weg ins Leben zu helfen. Das war auch mal meine Motivation fürs Pädagogik-Studium. Vielleicht hätte ich meine Ausbildung auch abgeschlossen, aber dann kam eine immer erfolgreicher werdende Band dazwischen. Da war es keine Frage, wie ich mich entscheiden würde. Ich habe den direkten Weg zum Leben als Musiker genommen (lacht).
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teleschau: An der Schule geht es ja immer um die Frage: Wie gelingt es uns, Kindern etwas beizubringen? Haben Sie eine Antwort?
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Krautmacher: Ja. Lernen funktioniert über die Begeisterung für den Stoff. Als Pädagoge erreicht man etwas, wenn es man schafft, ein Feuer in den Kindern zu entfachen. Ich hatte da immer einen sehr emotionalen Zugang – über die Musik. Das ist eine Kunstform, die direkt unsere Seele anspricht. Deshalb ist Musik in der Geschichte der Menschheit auch so bedeutend. Weil wir über sie unsere Gefühle freilegen.
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teleschau: Aber müssten dann nicht alle Musiklehrer sehr erfolgreich sein?
Krautmacher: Ganz so einfach ist es nicht. Ich glaube, Lehrer sind am erfolgreichsten, wenn ihre Persönlichkeit die Schüler motiviert. Man muss den Kindern etwas mit Überzeugung vorleben, dann sind Sie automatisch motiviert. Darum ging es auch immer wieder in der Ausbildung zum Heilpädagogen.
Henning Krautmacher als Höhner-Sänger im Jahr 2011 bei „Das Herbstfest der Abenteuer“ in Chemnitz. 2011 Getty Images/Andreas Rentz Henning Krautmacher kritisiert das Schulsystem
teleschau: Sie haben zwei Söhne und eine Enkeltochter, die auch schon auf eine weiterführende Schule geht. Wie hat sich Ihr persönlicher Blick auf Schule über drei Generationen verändert?
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Krautmacher: Schule war damals und ist heute weit davon entfernt, ein gutes Klima für Bildung zu schaffen. Dies wird sich auch nicht ändern, solange wir in diesem preußischen Lernstil verhaftet bleiben. Wenn Kinder in Reih und Glied sitzen, Hände auf den Tisch, und zuhören müssen, wird niemals eine intrinsische Motivation fürs Lernen entstehen.
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teleschau: Wie könnte man die wecken?
Krautmacher: Ich wäre dafür, dass sich Kinder viel früher mit ihren eigentlichen Interessen beschäftigen dürfen. In der Grundschule müssen Grundlagen gelegt werden: Rechnen, Lesen und richtig Schreiben können, das finde ich wichtig. Deshalb engagiere ich mich in Köln in einem Verein, der das Lesenlernen fördert. Doch bereits nach der Grundschule sollte man Kindern viel mehr Raum geben, sich ihren Interessen und Talenten zu widmen. So erleben sie sich positiv und haben auch gleich viel mehr Lust, sich dem Lernen zu widmen. Dank KI verdoppelt sich das Weltwissen mittlerweile binnen weniger Wochen, habe ich gehört. Will man all dieses Wissen in Unterrichtspläne packen? Das ist doch zum Scheitern verurteilt. Ich glaube, wenn man richtig lesen und schreiben kann, hat man die wichtigsten Werkzeuge in der Hand, sich mit individuellen Interessen und Motivation dem Weltwissen selektiv zu nähern.
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teleschau: Wie sieht es mit politischer Bildung aus? Wir reden heute viel darüber, dass wir unsere Demokratie verteidigen müssen. Dafür muss man sich aber erst mal für Politik interessieren …
Krautmacher: Für Politik gilt dasselbe wie für alle anderen Fächer: Man wird Kinder nun dann für politische und gesellschaftliche Themen interessieren, wenn man Begeisterung und Interesse weckt. Kein Jugendlicher wird sich für die Demokratie engagieren, nur weil man ihm oder ihr sagt, dass es wichtig wäre. Das wird niemals funktionieren.
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„Aber wer kann und möchte das schon noch in diesem Alter?“
teleschau: Kommen wir zur Musik. Sie treten ab und zu wieder als Gast bei den Höhnern auf. Kehren Sie vielleicht zurück zur Band?
Krautmacher: Nein, definitiv nicht. Wenn man mal aufgehört hat, sollte man auch dabei bleiben. Das ist auch eine Altersfrage. Es ist ein Unterschied, ob man in einer Band im Hintergrund sein Instrument spielt oder ob man wie ich der Frontmann ist. Letzteres ist ein Job, der ungeheuer viel Energie kostet. Vor allem, wenn man ihn auf langen Tourneen Abend für Abend ausfüllt. Die Höhner haben bis zu 350 Konzerte pro Jahr gespielt, eine fast schon absurde Zahl. Nicht jeder ist Mick Jagger, der mit 80 noch auf der Bühne herumhampelt und das ja auch gut macht. Aber wer kann und möchte das schon noch in diesem Alter?
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teleschau: Womit wollen Sie sich stattdessen beschäftigen?
Krautmacher: Die Krankheit meiner Frau war der Impuls, auch über mein Leben nachzudenken. Was will ich noch? Wie kostbar ist meine Zeit? Ich habe 153 Tage am Krankenbett, in Krankenhäusern gesessen. Ich hätte keinerlei Lust gehabt, mich in dieser Zeit auf der Bühne bejubeln zu lassen. So bin ich aus dem Job des Frontmannes ausgestiegen, so wie man ein Medikament ausschleicht. Es gab Wichtigeres zu tun. Dann merkt man irgendwann, dass es einem gar nicht so sehr fehlt, wie man vielleicht dachte. Heute kann ich ganz entspannt auf die Zeit zurückschauen und mich freuen, dass es für meine alte Band trotzdem weitergeht. Ich habe meinen Frieden mit diesem Lebensabschnitt geschlossen und es war gar nicht so schwer. Jetzt absolviere ich ab und zu einen musikalischen Gastauftritt, spiele eine Rolle wie jetzt oder verfolge andere Projekte, die mich interessieren.
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„Höhner“-Star arbeitet an einem Buch
teleschau: Zum Beispiel?
Krautmacher: Ich schreibe gerade an einem Buch über Kölner Plätze. Viele Menschen kennen die Geschichte hinter den Orten nicht, an denen sie täglich vorbeihetzen. Auch das ist etwas, was mich interessiert: Geschichte von Orten und darüber vom Kleinen auf größere Zusammenhänge zu schließen. Wobei wir wieder beim Thema Motivation wären. Wer den Zusammenhang zwischen seiner Umgebung, ihren Dingen und sich selbst erkennt, ist verbundener und motivierter, mit dieser Welt umzugehen.
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Bayer oder 1. FC Köln? „Das ist ein komplexes Thema“
teleschau: Apropos Köln. Sie sind in Leverkusen geboren und haben in jungen Jahren dem Fußballverein Bayer Leverkusen eine Hymne geschrieben. Heute pflegen Sie eher enge Verbindungen zum Rivalen, dem 1. FC Köln. Wie geht so etwas?
Krautmacher: Ich bin ja Schlebuscher, das ist der einzige Stadtteil Leverkusens, der über die Linie 4 wie an einer Nabelschnur mit der Kölner Innenstadt verbunden ist. Die Verbindung nach Köln war bei mir immer da – und das im Wortsinne. Mein geliebtes Schlebusch werde ich nie verleugnen. Es stimmt, dass ich diesen Fansong für Bayer geschrieben habe. Doch das ist sehr lange her. Damals war sogar Reiner Calmund noch ein ganz kleines Licht bei Bayer. Ich hatte eine enge und persönliche Verbindung zum Verein. Mit Jürgen Gelsdorf (Spieler und späterer Trainer von Bayer Leverkusen von 1976 bis 1991, d. Red) war ich eng befreundet. Heute kenne ich dort niemanden mehr. Im Gegenzug ist die Verbindung zum 1. FC Köln immer enger geworden. Toni Schumacher ist Ehrenmitglied bei den Höhnern. Auch Wolfgang Overath ist ein persönlicher Freund. Und dann haben wir ja auch die FC-Hymne geschrieben.
teleschau: Würden Sie sich als Fan beider Vereine bezeichnen?
Krautmacher: Das ist ein komplexes Thema. Doch wenn Sie es genau wissen wollen: Ich werde mich stets zu beiden Vereinen bekennen. Als Fußballfan bin ich nicht so der Typ Fanatiker. Für mich geht es immer um Menschen, und dort, wohin ich die engeren Verbindungen habe, halte ich mich gerade öfter auf. Ich bin ein Mensch, bei dem die Chemie stimmen muss. Und wo sie stimmt, das fühle ich mich wohl.