DruckenTeilen
Kommt ein Ende des Ukraine-Kriegs, wenn Putin stirbt? Ein Militärexperte glaubt nicht daran, dass der Tod Putins dies bewirken würde und nennt Gründe.
Wien/Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin ist 72 Jahre alt und immer wieder gibt es Gerüchte über seinen Gesundheitszustand. Regelmäßig taucht in dem Zusammenhang die Frage auf: Was würde passieren, wenn Putin stirbt? Käme das Ende des Ukraine-Kriegs, wenn Russlands Machthaber nicht mehr die Fäden zieht?
Ende des Ukraine-Kriegs, wenn Putin stirbt? „Nur einer von vielen eines Regimes“
Der Militär-Experte Marcus Matthias Keupp hat dahingehend nicht viel Hoffnung: Selbst wenn Wladimir Putin sterben würde, bliebe die aggressive Ausrichtung Russlands nach seiner Einschätzung unverändert. „Putin ist nur einer von vielen personellen Repräsentanzen eines autoritären, militanten und nationalistischen Regimes“, sagte Keupp der Wiener Zeitung Kurier.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in BildernFotostrecke ansehen
Keupp ist an der Militärakademie der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) in Zürich tätig und blickt pessimistisch auf die Aussichten für einen möglichen Frieden im Ukraine-Krieg. Das Land werde bei einem Tod Putins die Kämpfe in der Ukraine nicht einstellen, sondern die Intensität seiner Angriffe möglicherweise nur reduzieren. „Es wird eine ewig blutende Grenze geben.“
Ukraine-Krieg nach Putins Tod beendet? Prozedere für Nachfolge ist klar geregelt
Aber was würde überhaupt in Russland passieren, wenn Putin stirbt? Das Vorgehen wäre dann klar geregelt, schilderte Fabian Burkhardt, Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg gegenüber ntv. Würde Putin als russischer Präsident sterben, ginge die Macht unmittelbar auf den Premierminister des Landes über.
Das ist seit 2020 Michail Mischustin. Er leitete früher die russische Steuerbehörde, nach dem Rücktritt von Dmitri Medwedews schlug Putin ihn als neuen Ministerpräsidenten vor, woraufhin ihn die Staatsduma wählte.
Nach Putins Tod kämen Neuwahlen – Schlägt dann Medwedews Stunde?
Der russischen Verfassung nach müsste Mischustin als Interimspräsident innerhalb von drei Monaten Neuwahlen in Russland veranlassen. Laut Russland-Experte Burkhardt könnten auch andere Politiker im Kreml nach dem Amt des Interimspräsidenten streben, falls Putin sterben würde: Als Beispiel nannte er Dmitri Medwedew. Dieser war von 2008 bis 2012 selbst russischer Präsident und fällt jetzt durch massive aggressive Rhetorik gegenüber der Ukraine und dem Westen auf.
Ende des Ukraine-Kriegs nach Putins Tod? Experte glaubt an „Wendepunkt“
Es sind nicht alle Experten der Meinung, dass Putins Tod nicht viel am Ukraine-Krieg ändern würde. Russland-Experte und Journalist Jens Siegert glaubt dann an einen „Wendepunkt“ in Russland, weil Putin, der seit 25 Jahren regiert, so viel Macht hat. „Die politische Macht ist mit ihm legitimiert“, sagte Siegert imSWR.
Die meisten Menschen in Russland würden Frieden in der Ukraine wollen, so der Fachmann. Und es gebe auch Anzeichen dafür, dass nicht die komplette politische Elite Russlands hinter Putins Entscheidungen stehe. Jemand aus dieser Schicht könnte die Macht übernehmen, wenn Putin stirbt.
Was passiert nach Wladimir Putin in der Ukraine, käme ein Ende des Krieges? Der russische Präsident am 18. Juli 2025 bei einem Treffen in Moskau. © IMAGO/Mikhail MetzelPutin will in Deutschland Parteien für sich gewinnen
Generell setze Russland laut dem Züricher Militärexperten Keupp seine Bemühungen fort, europäische Länder zu destabilisieren. Putin habe in Ungarn und der Slowakei bereits die politische Führung für sich gewonnen und verfolge ähnliche Ziele in Österreich und Deutschland, so Keupps Warnung. „Er wird versuchen, links- und rechtsradikale Mehrheiten zu schaffen, also Parteien dort an die Macht zu bringen, die seine Punkte vertreten und hinter seiner Agenda stehen.“
Im Fall von Deutschland dürfte damit die AfD gemeint sein, die immer wieder durch ihre Russland-freundliche Haltung auffällt. Auch das BSW von Sahra Wagenknecht, das in einer aktuellen Wahlumfrage zulegt, fordert einen anderen Umgang mit Putin.
Experte sieht Weg zum Ende des Ukraine-Kriegs durch Waffenhilfe
Bei den aktuellen Rüstungsvorhaben der EU vermisse er die nötige Entschiedenheit, erklärte Keupp außerdem. Finanzielle Mittel zu besitzen, sei etwas anderes, als Mut zu zeigen. „Man kann sich eine Pistole kaufen, aber schießen muss man wollen.“ Den Pfad zu einem Ende des Ukraine-Kriegs sieht er in der Ausweitung der Waffenhilfe für die Ukraine.
Leise Hoffnung auf ein Ende des Ukraine-Kriegs macht auch eine Kehrtwende von US-Präsident Donald Trump. Er setzte Putin ein Ultimatum von 50 Tagen für eine Waffenruhe in der Ukraine – sonst drohen Folgen. (dpa/smu)