Berlin – Unternehmen suchen händeringend nach Fachkräften – aber in vielen Branchen auch nach Auszubildenden. In der Bundeshauptstadt wird nun um einen Azubi-Soli gestritten. Die Wirtschaft ist empört.

Berlins Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (49, SPD) plant eine Ausbildungsplatzumlage, sollten bis Jahresende nicht 2000 zusätzliche Ausbildungsstellen entstanden sein.

► Das heißt: Betriebe, die keinen Nachwuchs ausbilden, sollen ab 2028 in einen Fonds einzahlen – für Kritiker eine Art Strafzahlung. In ersten Entwürfen ist die Rede von 0,3 bis 0,5 Prozent der Bruttolohnsumme im jeweiligen Betrieb. Im Gegenzug sollen Ausbildungsbetriebe für jeden Azubi eine finanzielle Unterstützung erhalten.

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„Die sogenannte Ausbildungsplatzumlage wirkt faktisch wie eine Sondersteuer für Unternehmen und stellt einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand dar, ohne die eigentlichen Probleme auf dem Ausbildungsmarkt zu beheben“, kritisieren die Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg.

Bei einer Veranstaltung der IHK Berlin stieß Senatorin Kiziltepe auf heftigen Widerstand aus der Wirtschaft. „Alle Zahlen und Fakten prallen an Ihnen ab“, sagte Dieter Mießen, Ausbildungsleiter der Tiefbaufirma Frisch & Faust. Nach IHK-Berechnungen könnten bereits jetzt 40 Prozent der Azubi-Stellen nicht besetzt werden.

Kiziltepe hielt dagegen: „Nur 10,8 Prozent der Betriebe in Berlin bilden aus.“ Das sei die Hälfte des Bundesdurchschnitts. Sie stellte eine „Bagatellgrenze“ für Kleinstunternehmen in Aussicht, die von der Umlage ausgenommen sein sollen.

Berlins Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (49, SPD)

Berlins Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (49, SPD)

Foto: Katharina Kausche/dpa

Unklar bleibt allerdings, welche Betriebe zahlungspflichtig sind. Bei der IHK sagte Kiziltepe, Unternehmen mit Azubis seien generell ausgenommen. Im ersten Entwurf ist allerdings von einer Quote je nach Betriebsgröße die Rede.

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Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) etwa gehen von hohen Zahlungen aus, obwohl schon jetzt 490 Azubis pro Jahr ausgebildet würden. „Nach all meinen Berechnungen sind 660.000 Euro Differenz im Jahr noch das optimistische Szenario“, erklärte Timo Wille, Abteilungsleiter Berufsausbildung.

Kiziltepe verteidigte das Vorhaben: „Wir wollen Unternehmen nicht quälen, nicht bestrafen, sondern belohnen.“ Die Befürchtung, durch die Umlage ein „Bürokratie-Monster“ zu schaffen, teilte sie nicht. Sämtliche Verwaltungskosten würden vom Senat aufgefangen, alle Zahlungen an Betriebe weitergeleitet.

Als einziges Bundesland hat Bremen bereits eine Arbeitsplatzumlage eingeführt. „Dort ist weder ein Anstieg der Zahl der Ausbildungsverträge noch ein Zuwachs an Ausbildungsbetrieben zu verzeichnen“, berichten die Unternehmensverbände.