Das ARD-Sommerinterview mit AfD-Chefin Alice Weidel wurde am Sonntag von lautstarken Protesten begleitet. Der Sender will nun Maßnahmen ergreifen, um solche Störungen künftig zu verhindern.

„Ein ungestörter Ablauf der Interviews ist in unserem Interesse und vor allem im Interesse des Publikums, daher werden wir aus der Sendung Schlüsse ziehen und in Zukunft Vorkehrungen treffen“, teilte eine Sprecherin des ARD-Hauptstadtstudios auf dpa-Anfrage mit. Details nannte sie nicht.

„Wir bedauern, dass das Interview durch die akustische Protestaktion teilweise schwer zu verstehen war.“ Das werde intern ausgewertet. Bis zum Beginn der Sendung sei die Protestaktion nicht bekannt gewesen.

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Das ARD-„Sommerinterview“ mit der rechtsextremen AfD-Chefin ist im Lärm einer Gegendemonstration fast untergegangen. Das Open-Air-Gespräch im Berliner Regierungsviertel wurde von Protesten mit Trillerpfeifen, Hupen und Anti-AfD-Slogans vom anderen Spreeufer begleitet.

Dort standen eine kleinere Gruppe Demonstranten sowie ein Bus. Das Fahrzeug gehört dem Künstlerkollektiv „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS) und hat extrastarke Lautsprecher an Bord.

Phasenweise musste sich die Parteivorsitzende nach vorn beugen, um die Fragen von Moderator Markus Preiß zu verstehen. Preiß sprach anschließend im Livestream der ARD von verschärften Bedingungen. Man habe sich teilweise kaum verstehen können.  

Die ARD versuchte zwischenzeitlich, dem Lärmpegel durch Anpassung der eigenen Tontechnik Herr zu werden, was die Probleme allerdings nicht löste. „Ich habe jetzt ein Echo auf dem Ohr, jetzt geht gar nichts mehr”, sagte Alice Weidel nach zehn Minuten.

Ein Chor aus Ausburg lief vom Band

Deutlich schlimmer wurde es noch, als aus den Boxen des Busses ein weiblicher Chor in Endlosschleife ertönte. Er bestand aus lediglich zwei Wörtern: „Scheiß AfD“. Eingesungen hat sie der „Corner Chor“ aus Augsburg.

Seinen Bus hat das Zentrum für Politische Schönheit auf den Namen „Adenauer SRP+“ getauft. Es handelt sich um einen umgerüsteten Gefangenentransporter.

Im Februar war er von der Berliner Polizei am Rande einer Demonstration beschlagnahmt, nach einer Woche jedoch wieder dem Besitzer übergeben worden. Die Polizei hatte das Fahrzeug zunächst als „verkehrsunsicher“ eingestuft. Unter anderem war eine Schlussleuchte beschädigt.

Am Sonntag erklärte ein Sprecher der Berliner Polizei auf Nachfrage, es sei ein lautes Lied „mit den technischen Einrichtungen des sogenannten Adenauerbusses“ abgespielt worden. An dieser Aktion hätten sich 25 Personen beteiligt. Die Polizei habe die nicht angemeldete Aktion dann beendet. Festnahmen habe es nicht gegeben.

Die ARD veröffentlichte im Nachgang zur Sendung einen Faktencheck, in dem sie die Aussagen Weidels auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfte. Unter anderem nannte Weidel demnach eine grob falsche Zahl zu ausreisepflichtigen Syrern.

Im Netz empören sich AfD-Anhänger nicht nur über die Demonstranten, sondern äußern auch Verschwörungstheorien über die ARD. Womöglich habe der Sender den Lärm genauso gewollt oder gar inszeniert, heißt es. Manche AfD-Anhänger vermuteten, die ARD habe am gegenüberliegenden Spreeufer Mikrofone installiert, um deren Tonspuren über das Interview zu legen.

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Das Künstlerkollektiv bittet im Netz unterdessen um Spenden, um den Dauerbetrieb des Busses zu ermöglichen. Das Geld werde für Versicherung, Wartung und Betrieb des Fahrzeugs benötigt, allerdings auch für “juristische Auseinandersetzungen mit der Polizei Berlin und der Landesregierung”. (mit dpa)