Sechs Monate ist Donald Trump an diesem Wochenende im Amt. Die Bilanz? Da gehen die Einschätzungen weit auseinander – in den USA, aber auch in Europa.

Trump selbst spricht von einem „True Golden Age of America“. Und verbindet das halbrunde Jubiläum mit dem vollen Jahrestag des Attentats auf ihn. Am 13. Juli 2024 hatten die Schüsse bei einer Wahlkampfveranstaltung in Butler, Pennsylvania, seinen Kopf knapp verfehlt. Er interpretiert das als göttliche Vorsehung, damit er die USA und die Weltpolitik verändern könne.

True Golden Age? In den USA ist die Zustimmung zu Trump von 50,5 Prozent im Januar auf 45,3 Prozent nach sechs Monaten im Amt gesunken.

Christoph von Marschall

Die harten Umfragedaten: 45,3 Prozent der US-Bürger unterstützen seine Amtsführung, 50,7 Prozent lehnen sie ab. Bei der Inauguration am 20. Januar war das Verhältnis noch umgekehrt: 50,5 Prozent Zustimmung, 44,3 Prozent Ablehnung.

Negativ sehen US-Bürger Trumps Inflationspolitik

Bei der anderen Kernfrage der Demoskopen – nach der generellen Richtung des Landes – steht Trump hingegen vergleichsweise gut da, und das stabil. 42 Prozent sehen die USA auf dem richtigen, 53 Prozent auf dem falschen Kurs. Unter Biden waren die Zahlen weit schlechter: 62 Prozent sahen die USA auf dem falschen, nur 28 Prozent auf dem richtigen Kurs.

Christoph von Marschall ist Diplomatischer Korrespondent. Am Woodrow Wilson Center in Washington hat er in den vergangenen Monaten Trumps Politik beobachtet und die Herausforderungen für Europa untersucht.

Besonders kritisch betrachten die US-Bürger die Inflation. 39 Prozent unterstützen Trumps Politik, annähernd 60 Prozent beurteilen sie negativ. Etwas freundlicher sieht es für ihn bei Migrationsfragen aus: 47 Prozent pro, 51 Prozent contra. Unter dem Strich bleibt: Die politische Spaltung der US-Gesellschaft hat sich unter Trump eher verschärft.

Europa rückt unter Trumps Druck enger zusammen

Auf die EU hat der US-Präsident die umgekehrte Wirkung: Sein Druck bei Themen wie Strafzöllen, Verteidigungsausgaben, Unterstützung der Ukraine gegen Russland macht Trump auf dieser Seite des Atlantiks nicht beliebter. Aber die breite Ablehnung seiner Drohungen eint die Europäer – zumindest ein bisschen.

Die Bürger und die politische Klasse in den meisten EU-Staaten begreifen, dass sie mehr Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen müssen und sind zu höheren Ausgaben bereit. Sie akzeptieren ebenfalls, dass sie sich einen Handelskrieg mit den USA angesichts ihrer Abhängigkeit von Amerika nicht leisten können, Kompromisse anstreben und die nötigen Zugeständnisse machen müssen.

EU rückt ab von der Digitalsteuer

Das hat auch zur Folge, dass die EU ohne einige wichtige, ursprünglich erhoffte Einnahmen in ihrem neuen siebenjährigen Finanzplan auskommen muss: etwa aus einer Digitalsteuer, die vor allem amerikanische IT-Konzerne hätten zahlen sollen, oder aus einer Finanztransaktionssteuer.

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Einige EU-Staaten nutzen Trumps Wankelmütigkeit bei der Ukrainehilfe und seine generelle Sympathie für disruptive populistische Parteien, um sich dem Druck der Mehrheit in der EU zu entziehen. Die Slowakei hielt wochenlang die Verabschiedung schärferer Sanktionen gegen Russland auf. Spanien entzieht sich dem neuen Fünf-Prozent-Ziel der Nato.

Auch bei anderen Schicksalsfragen Europas ist noch lange kein Konsens in Sicht, von der Migration über die Klimapolitik bis zu Energiefragen. Böse gesagt: Nicht einmal Trump – samt der Gefahr, die von ihm für Europas Interessen ausgeht – gelingt es, die Europäer zu einer einigen Haltung zu bringen.