(Bloomberg) — Im Zollstreit mit Washington werden die EU-Unterhändler dem Vernehmen nach noch in dieser Woche zusammenkommen, um Maßnahmen für den Fall eines Scheiterns der Gespräche mit Donald Trump auszuarbeiten. Die Verhandlungsposition des US-Präsidenten hat sich offenbar deutlich verhärtet.

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Vorrangiges Ziel bleibt es, die Gespräche mit Washington am Laufen zu halten und noch vor Ablauf der Frist am 1. August zu einem Ergebnis zu kommen. Die Verhandlungen, die vergangene Woche in Washington stattfanden, haben keinen nachhaltigen Fortschritt gebracht, wie informierte Kreise Bloomberg berichteten. In den kommenden zwei Wochen soll weiterverhandelt werden.

Insidern zufolge strebt die US-Seite auf EU-Waren nun einen nahezu flächendeckenden Zollsatz von über 10% an. Ausnahmen wären nur noch in wenigen Bereichen vorgesehen: Luftfahrt, bestimmte medizinische Geräte und Generika, einige Spirituosen sowie ausgewählte Maschinen, auf die die US-Industrie angewiesen ist.

Ein Sprecher der Europäischen Kommission erklärte, man äußere sich nicht zu laufenden Gesprächen.

Beide Seiten haben dem Vernehmen nach auch über sektorale Obergrenzen sowie Quoten für Stahl und Aluminium gesprochen – und über einen Mechanismus, um Lieferketten gegen Herkunftsländer mit systematischer Überproduktion abzusichern. Auch ein unterschriftsreifes Abkommen müsste von Trump gebilligt werden – seine Haltung gilt jedoch als unklar.

“Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Einigung erzielen werden”, sagte US-Handelsminister Howard Lutnick am Sonntag in der CBS-Sendung “Face the Nation”. “Ich denke, alle diese wichtigen Länder werden erkennen, dass es besser ist, ihre Märkte für die Vereinigten Staaten von Amerika zu öffnen, als erhebliche Zölle zu zahlen.”

Trump hatte der Europäischen Union in diesem Monat in einem Schreiben angedroht, ab dem 1. August einen Zollsatz von 30% auf die meisten EU-Exporte zu verhängen. Neben diesem Pauschalzoll würden Autos und Autoteile mit einer Einfuhrabgabe von 25% belegt, Stahl und Aluminium mit dem Doppelten. Für Arzneimittel und Halbleiter kündigte Trump neue Zölle bereits für den kommenden Monat an. Auf Kupfer erhob er jüngst 50%. Insgesamt schätzt die EU, dass US-Zölle inzwischen Waren im Wert von 380 Milliarden Euro betreffen – rund 70% der EU-Ausfuhren in die Vereinigten Staaten.

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Vor Trumps Schreiben hatte die EU noch gehofft, sich auf ein erstes Verhandlungsgerüst zubewegen zu können, das Gespräche auf Basis eines einheitlichen 10%-Zolls ermöglichen würde.

Brüssel strebt umfassendere Ausnahmen an, als Washington bislang bietet, und will sich auch vor künftigen sektoralen Zöllen schützen. Zwar ist der EU klar, dass ein Abkommen unausgewogen zugunsten der USA ausfallen wird. Doch man will das Gesamtbild sorgfältig bewerten, bevor über sogenannte Re-Balancing-Maßnahmen entschieden wird, wie Bloomberg bereits berichtet hatte. Wie zu hören ist, sind einzelne Mitgliedstaaten zu höheren Zöllen bereit – sofern ausreichend Ausnahmen verhandelt werden können.

Teil jedes möglichen Abkommens wären auch Regeln zu nicht-tarifären Handelshemmnissen, Kooperationen im Bereich wirtschaftlicher Sicherheit, digitale Handelsthemen sowie strategische Einkaufspolitiken.

Angesichts schwindender Hoffnungen auf eine Einigung und der näher rückenden Frist dürfte die EU nun beginnen, einen Notfallplan auszuarbeiten – für den Fall, dass eine Verständigung scheitert, wie darüber informierte Kreise berichten. Politische Rückendeckung durch die Regierungschefs wäre notwendig, denn die Konsequenzen wären erheblich, hieß es weiter.

Substantielle Gegenmaßnahmen würden vermutlich eine weitere Eskalation im transatlantischen Handelskonflikt provozieren. Trump hatte wiederholt gewarnt, jede Vergeltung gegen US-Interessen werde härtere Reaktionen seiner Regierung nach sich ziehen.

Die EU hat bereits Zölle auf US-Waren im Umfang von 21 Milliarden Euro genehmigt, die kurzfristig aktiviert werden könnten – als Antwort auf Trumps Metallzölle. Die Liste zielt auf politisch empfindliche Bundesstaaten und umfasst etwa Sojabohnen aus Louisiana, dem Heimatstaat von Kongresssprecher Mike Johnson, sowie weitere Agrarprodukte, Geflügel und Motorräder.

Zudem hat Brüssel ein Maßnahmenpaket im Umfang von 72 Milliarden Euro vorbereitet – als Antwort auf Trumps sogenannte Reziprokzölle und Autoabgaben. Im Fokus stehen Industrieprodukte wie Flugzeuge von Boeing, US-Fahrzeuge und Bourbon Whiskey.

Darüber hinaus arbeitet die EU an weiteren Maßnahmen jenseits von Zöllen: etwa an Exportkontrollen und dem Ausschluss amerikanischer Anbieter bei öffentlichen Aufträgen.

Überschrift des Artikels im Original:EU to Prepare Retaliation Plan as US Trade Stance Hardens (1)

–Mit Hilfe von Nathan Risser.

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