Wie dringend erforderlich es ist, dass Städte wie Leipzig ihre Möglichkeiten ausbauen, Mietwucher zu bekämpfen, zeigte die bekannte Mietwucher-App der Linksfraktion im Bundestag. Über 500 Fälle von Mietwucher wurden durch die App allein in Leipzig aufgedeckt. Eine Zahl, die vorher auch Leipzigs Verwaltung nicht bekannt war. Das Sozialdezernat muss nun reagieren. Und Mietwucher in der klassischen Definition ist auch nur die Spitze des Eisbergs, wenn Haus- und Wohnungsbesitzer ihre Mieter nur als Melkkühe betrachten.
Leipzig ist eine Mieterstadt. Darüber wundern sich Leipzigs Statistiker immer wieder, wenn sie die jährlichen Bürgerumfragen auswerten. Wo doch jedes Jahr tausende Wohnungen verkauft werden, so viele, dass doch inzwischen fast jeder Leipziger eine Eigentumswohnung besitzen müsste. Aber es sind nur im allergeringsten Teil Leipziger, die tatsächlich die Wohnungen kaufen, in denen sie wohnen. Dazu fehlt ihnen in der Regel das nötige Kleingeld. Rund 240.000 Euro kostete 2024 eine Eigentumswohnung in Leipzig im Schnitt.
Ein Milliardenmarkt
Da erholten sich die Kaufzahlen erst langsam wieder, wie dem jüngsten Grundstücksmarktbericht der Stadt zu entnehmen ist. Nachdem sie 2023 auf 2.841 Fälle abgesackt waren, stiegen sie 2024 wieder auf 4.074 Fälle. Der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre liegt deutlich über 5.000 Kauffälle pro Jahr. Und 2020 bis 2022 wurden dabei jeweils über eine Milliarde Euro umgesetzt. 2024 waren es dann auch schon wieder 977 Millionen Euro.
Da sind längst schon Eigentumswohnungen dabei, die zum zweiten und dritten Mal weiterverkauft wurden. Nur eben nicht an die Mieter, die drin wohnen und sich das Schmuckstück nicht leisten können. Es sind Gutverdienende aus den etwas älteren Bundesländern, die ihr Geld in Leipziger Immobilien anlegen und oft gleich mehrere Wohnungen besitzen.
Kauffälle von Eigentumswohnungen (Sondereigentum) in Leipzig. Grafik: Gutachterausschuss, Gründstücksmarktbericht 2025
Nur 4 Prozent der Leipziger leben in einer Eigentumswohnung, die meisten davon in jenen Wohnungen, die ihnen in den frühen 1990er Jahren zu noch bezahlbaren Konditionen angeboten worden waren. Die meisten Leipziger – 87 Prozent (2024) – leben zur Miete, eine Zahl, die sogar leicht angestiegen ist in den letzten Jahren. Trotz des florierenden Marktes mit Eigentumswohnungen.
Und noch eine Zahl überrascht: Auch der Anteil der Leipziger, die im eigenen Haus wohnen, ist in den letzten Jahren leicht gesunken. Von 11 Prozent im Jahr 2022 auf 8 Prozent im Jahr 2024. Die Zahlen haben eine gewisse Unschärfe, denn sie stammen aus den jährlichen Bürgerumfragen. Aber das Gesamtbild ist ziemlich eindeutig. Selbst die sächsischen Förderprogramme zum Aufbau von Wohneigentum verpuffen, weil die meisten Sachsen überhaupt nicht das nötige Einkommen haben, um mittelfristig Wohneigentum zu erwerben.
Der Wohnstatus der Leipziger. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2023
Und das hat Folgen. Denn wenn nicht nur das Haus, in dem die Leipziger wohnen, einem Besitzer gehört, der irgendwo im fernen Westen residiert, sondern auch jede einzelne Wohnung einen anderen Besitzern in Köln, Stuttgart oder Düsseldorf hat, dann entstehen für die Mieter nicht nur unübersichtliche Zustände. Sondern auch Grauzonen. Grauzonen, die sehr teuer werden können. Denn von Natur aus sitzen Vermieter am längeren Hebel.
Es gibt zwei schon seit Kaisers Zeiten ein Gesetz gegen Mietwucher.
Aber wie auch SPD-Stadträtin Pia Heyne in der Debatte in der Ratsversammlung am 11. Mai betonte: Der § 5 Wirtschaftsstrafgesetz ist ein zahnloser Tiger. Mieter können ihn kaum in Anspruch nehmen und müssen mit teurehn Gerichtsprozessen rechnen, wenn der Vermieter auf seinen überzogenen Forderungen beharrt.
Die Stadt kann Geldbußen verhängen
Aktiv werden kann und muss die Kommune. Das war auch die Überraschung für Leipzigs Verwaltung, die vor dem Bekanntwerden der Daten aus der Mietwucher-App praktisch keine Informationen über tatsächlichen Mietwucher in Leipzig hatte. Doch es ist die Stadt, die nach Bekanntwerden von Mietwucher Ordnungsgelder verhängen kann und auch sollte. Bis zu 50.000 Euro können fällig werden. Die Stadt muss also aufwendig prüfen und kann dann ein Ordnungsgeld verhängen.
Eine entsprechende Informationsseite hat die Stadt inzwischen eingerichtet.
Dass das nicht wirklich reicht, zeigen die vielen Fälle, in denen Mieter dem Gebaren von Wohnungseigentümern und Hausverwaltungen ratlos gegenüberstehen, die auf Schadensmeldungen im Haus und Wohnung nicht reagieren, wichtige Reparaturen nicht durchführen, Beschwerden ignorieren, aber die Möglichkeiten, die Miete regelmäßig zu erhöhen, trotzdem regelmäßig voll ausnutzen.
Einen Fall aus dem Leipziger Norden schildern wir im nächsten Beitrag an dieser Stelle.