Im Grunde gehören solche Nachrichten längst zum Leipziger Alltag. Häuser werden verkauft und die neuen Besitzer kündigen gleich mal allen Mietparteien, die zu aushaltbaren Mieten noch drin wohnen. Andere Vermieter greifen zum Werkzeug, klemmen Strom, Gas und Wasser ab, um die „renitenten“ Mieter zum Auszug zu zwingen, weil sie das Haus luxussanieren wollen. Aber selbst wenn scheinbar alles nach Vertrag läuft, kann der Mietalltag zum Albtraum werden.

So wie in einem Haus im Leipziger Norden, dessen Wohnungen schon vor Jahren als Eigentumswohnungen an den Markt gebracht wurden. Die neuen Eigentümer wohnen irgendwo im fernen Westen. Aber sie haben keine in Leipzig ansässige Hausverwaltung beauftragt, sondern eine in Bayern.

Und da wurde es schnell abenteuerlich, wie ein Mieter gegenüber der LZ erzählt, der hier zwar schon seit über zehn Jahren wohnt, aber von den Kapriolen einer intransparent arbeitenden Hausverwaltung immer wieder überrascht wird.

Überhöhte Betriebskosten, angedrohte Kündigungen

„Bei uns im Wohngebiet (…) haben wir seit geraumer Zeit Probleme mit den Vermietern, vor allem mit deren westdeutscher Hausverwaltung/en. Immer mehr Mietern wird wegen Eigenbedarf gekündigt. Den Meisten droht die Obdachlosigkeit, weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden. Bei uns im Haus wurden absichtlich verkehrte Betriebskostenabrechnungen erstellt, mit exorbitant hohen Nachforderungen von teils mehr als 2.000 (zweitausend) Euro. Ich habe bereits den Mieterbund Leipzig eingeschaltet.

Auf die Forderungen des Mieterbundes geht unsere Hausverwaltung nicht ein und sendet geforderte Unterlagen nicht an uns, wo man nachprüfen könnte, woraus sich derlei Forderungen zusammensetzen sollen. Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass das Absicht ist, um uns in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben und somit über die Gerichte die Kündigung zu erwirken.“

Normalerweise sind Hausverwaltungen verpflichtet, die Nebenkostenabrechnung jedes Jahr detailliert zu belegen. Darauf haben Mieter einen Anspruch, denn sie müssen wissen, welche Kosten ihnen in Rechnung gestellt werden. Und ob diese Kosten berechtigt sind oder eigentlich gar nicht auf der Nebenkostenabrechnung stehen dürften, weil sie eigentlich zu Lasten der Vermieter gehen.

Beliebtes Werkzeug: die Eigenbedarfskündigung

Aber die Sache mit den undurchschaubaren Nebenkostenabrechnungen ist scheinbar nicht genug. Denn auf Einsprüche und Beschwerden der Mieter reagieren dann die Wohnungsbesitzer augenscheinlich auf eine Weise, die dem Mietrecht regelrecht Hohn spricht: Die nervenden Mieter bekommen dann eben einfach eine Kündigung auf Eigenbedarf zugeschickt und müssen die Wohnung baldmöglichst verlassen.

Auch das ein Instrument aus uralten Zeiten, das kaum noch etwas mit dem tatsächlichen Wohnbedarf von Wohnungseigentümern zu tun hat. Wieder bliebe den Mietern nur der teure Weg vor Gericht, um die Eigenbedarfsanmeldung anzufechten, was sich die Meisten aber nicht leisten wollen oder können. Wer ohnehin schon knapp bei Kasse ist, vermeidet das Risiko auflaufender Anwaltsgebühren.

Und zieht lieber aus in der Hoffnung, mit der nächsten Wohnung dann wenigstens eine verlässliche Hausverwaltung zu bekommen, die sich auch um kaputte Aufzüge, Wasserschäden, Mülltrennung und überschaubare Nebenkosten kümmert.

Die Mietentwicklung in Leipzig seit 2013. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2023Die Mietentwicklung in Leipzig seit 2013. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2023

„Es betrifft früher oder später jeden von uns, da fast alle (!) Immobilien im Osten im Besitz Westdeutscher sind, die immer mehr von Kündigungen wegen Eigenbedarf Gebrauch machen, um für sich selber oder ihre Angehörigen die Wohnungen zu sichern, in diesen miserablen Zeiten“, befürchtet der Mieter aus dem Leipziger Norden, der in den letzten Jahren – weil er diesen ganzen Ärger eigentlich nicht wollte – auch jede Mieterhöhung mitgemacht hat, sodass aus einer Wohnung für 4,50 Euro je Quadratmeter inzwischen eine für über 6 Euro je Quadratmeter geworden ist.

Und der auf beharrliche Nachfrage nach einer transparenten Nebenkostenabrechnung schon mal die Antwort bekam, er könne ja auch kündigen. Denn die Vermieter wissen ganz genau, wie eng der Leipziger Wohnungsmarkt inzwischen ist und dass hier niemand mehr „einfach“ so mal auszieht, weil es im Osten oder Westen der Stadt noch genügend freie Wohnungen gibt. Diese Zeiten sind vorbei. Und zumindest einige Schwarze Schafe unter den Vermietern scheinen das inzwischen weidlich auszunutzen.

„Wo soll das noch hinführen, wenn wir alle obdachlos werden? Es gibt doch nirgends mehr bezahlbaren Wohnraum!“

Es geht in Leipzig also längst um viel mehr als den nachweisbaren Mietwucher, der mit professionell erarbeiteten Mietspiegeln eingedämmt werden soll. Die Unwucht auf dem Mietwohnungsmarkt sorgt auch dafür, dass sich viele Mieter vieles gefallen lassen, was Vermieter ihnen zumuten, was eigentlich durch das Mietrecht nicht gedeckt ist.

Aber eine wirkungsvolle Praxis in einem Wohnungsmarkt, in dem die Mietentwicklung seit 2014 steil in die Höhe geht.