Tänzerinnen und Tänzer des Hamburg Ballett stehen in einem Kreis und halten sich mit ausgestreckten Armen fest. Sie tragen bunte Alltagskleidung. Die Szene stammt aus dem zeitgenössischen Stück "The Times Are Racing" von Justin Peck.

AUDIO: Hamburger Ballett-Tage: Tanz gerät bei Nijinsky-Gala zur Nebensache (4 Min)

Stand: 21.07.2025 14:19 Uhr

Nach dem plötzlichen Aus von Demis Volpi und einer aufgewühlten Saison hat das Hamburg Ballett bei der Nijinsky-Gala Geschlossenheit gezeigt. Ein Abend mit internationalen Gästen, Abschieden von Solisten und einem Publikum, das sichtlich bewegt war.

von Stefanie Wittgenstein

Lloyd Riggins ist am Schluss mehr als erleichtert – und braucht erstmal „ein großes Bier“, wie er lachend erzählt. Der langjährige Assistent von John Neumeier, und derjenige, der jetzt für mindestens ein Jahr das Hamburg Ballett leiten wird, hat es geschafft: Er hat nach einer für die Kompagnie traumatischen Saison die Balletttage samt Nijinsky-Gala zum Abschluss über die Bühne gebracht. Hat die Veranstaltung sogar moderiert, obwohl er eher schüchtern und alles andere als eine „Rampensau“ ist. Es war ein schier unglaublicher Kraftakt – aber einer, den alle dringend gebraucht haben.

Ein Balletttänzer liegt kopfüber auf seiner Schulter, neben ihm steht eine Tänzerin.

Das erklärte Senator Carsten Brosda im Kulturausschuss, der am Freitag tagte. Die Compagnie soll an der Intendanten-Suche beteiligt werden.

Interims-Chef Lloyd Riggins: Gemeinsames Tanzen hilft

„Für Tänzer ist es immer heilsam, zusammen zu tanzen“, findet Riggins. „Wirklich zusammen, mit der ganzen Kompagnie. Nicht ein paar Tänzer hier, ein paar Tänzer da.“
Und wie sie zusammen getanzt haben. Über fünfeinhalb Stunden lang haben das Hamburg Ballett und sehr kurzfristig engagierte Gasttänzer aus Berlin, London, New York und Beijing ein wie immer facettenreiches Programm gezeigt. Eines, das vielleicht zu getragen begonnen hat, das aber im Laufe des Abends immer packender wurde.

Doch das Programm war diesmal eher Nebensache. Zu groß war die Krise der letzten Monate rund um den gescheiterten Neuanfang unter Demis Volpi. Es war das beherrschende Thema im Publikum. „Das war klar, dass das schiefgeht“, erzählt eine Zuschauerin danach. „Und zwar bei jedem. Neumeier hatte sich dieses große Standing in 50 Jahren aufgebaut. Wer könnte überhaupt in seine Fußstapfen treten?“ Eine andere Besucherin findet: „Für meine Begriffe wurde zu schnell das Handtuch geworfen. Ich hätte Demis Volpi gerne noch eine Chance gegeben, und auch dem Ensemble.“

Demis Volpi: Nur einmal wurde sein Name erwähnt

Nur ein einziges Mal wurde Volpis Name erwähnt – und zwar als die Arbeit „The Times Are Racing“ von Justin Peck gezeigt wurde, die Volpi für diese Saison nach Hamburg geholt hatte. Das Stück, bei dem die Tänzer in Turnschuhen und Jeans tanzen, hat dem Abend sehr gut getan.  

Die Tänzerin Anna Laudere und der Tänzer Alessandro Frola in einer ausdrucksstarken Ballettpose auf einer blau beleuchteten Bühne. Sie trägt ein helles Ballettkostüm, er ein weißes Oberteil und weiße Leggings.

Abschied mit großer Geste: Alessandro Frola tanzt mit Anna Laudere im „Adagietto“ aus John Neumeiers Choreografie zur Fünften Sinfonie von Gustav Mahler – sein letzter Auftritt mit dem Hamburg Ballett.

Emotionale Höhepunkte des Abends waren schließlich die Abschiede der fünf ersten Solisten – langjährige Tänzerinnen und Tänzer wie Madoka Sugai, Christopher Evans, Jacopo Bellussi, Alexandr Trusch und Alessandro Frola. Nicht alle, aber doch einige hatten gekündigt, weil sie mit Volpi nicht weiterarbeiten wollten. Nun sind die meisten von ihnen vergeben.

Alessandro Frola geht nach Wien

Alessandro Frola hat ein Anschluss-Engagement in Wien – und war am Sonntagabend trotzdem wehmütig: „Es hat sich nicht wie mein letztes Mal auf der Bühne der Staatsoper angefühlt.“ Er wolle noch nicht akzeptieren, dass es das letzte Mal war. Aber es sei schon eine harte Saison gewesen, die ihn aber habe wachsen und zu der Person werden lassen, die er heute sei.

Der Aufbruch nach John Neumeier, der übrigens in der ersten Reihe saß und mehrfach beklatscht wurde, wird noch gefunden werden müssen. Die Fans des Hamburg Balletts können ihn kaum erwarten.   

Kultur Senator Carsten Brosda sitzt im Kulturausschuss.

Woran die Intendanz Demis Volpis scheiterte und welche Fehler es beim Auswahlverfahren gab, ist weiterhin unklar.

Xue Lin in pinkem Kleid als Meerjungfrau und Louis Musin als Meerhexer mit Maske und schwarzem Glitzergewand in einer intensiven Szene aus "Die kleine Meerjungfrau".

Nach Demis Volpis Aus hat die Compagnie Neumeiers „Kleine Meerjungfrau“ zur Eröffnung der Ballett-Tage aufgeführt.

Ein Mann mit schwarzen Haaren schaut etwas verzeifelt. Im Hintergrund sind die Spiegel eines Tanzsaals zu sehen.

Nach dem Eklat am Hamburg Ballett und der Vertragsauflösung von Intendant Demis Volpi äußert sich Tänzer Alexandr Trusch.

Demis Volpi blickt zurück

Die Gründe für den Rauswurf Volpis sind vielschichtig. Das System seines Vorgängers John Neumeier gehört dazu.

Schlagwörter zu diesem Artikel

Tanz