Rund 140 Veranstaltungen finden in diesem Jahr im Vorfeld des Hohen Friedensfestes am 8. August in Augsburg statt – zu einer Zeit, in der das Thema Frieden durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten eine bedrückende Aktualität bekommen hat. „Singt für den Frieden“ lautete das Motto der Augsburger Chornacht am Samstag, die Menschen im Gesang zusammenführte. Die eigene Stimme als Musikinstrument, und zugleich als Metapher für die Fähigkeit, sich in eine Gemeinschaft gestalterisch einzubringen, war dabei ein symbolträchtiger Aspekt.

In der Innenstadt zwischen Grottenau und Ulrichskirche, zwischen Jakobskirche und Königsplatz traten 26 Chöre an neun Spielstätten auf, und das in zwei Programmabschnitten zu je 75 Minuten. Das bedeutete: Pro Spielstätte konnte man im Regelfall drei Chöre je 25 Minuten lang genießen. Die Bühnen befanden sich in Kirchen und Konzertsälen, aber auch im Lettl-Museum, im überdachten Viermetzhof im Maximilianmuseum, oder unter freiem Himmel. Manchmal wurde am Klavier begleitet, meist sangen die Chöre a capella.

Die Augsburger Chornacht zeigt: Singen ist ein sehr persönlicher Moment

Die Chöre selbst zeigten sich in vielfältiger Zusammensetzung, in Alter und Geschlecht gemischt oder auch spezialisiert auf bestimmte Stimmlagen. Hier trafen Augsburger auf Augsburger, Menschen auf der Bühne, denen man im städtischen Alltag in anderen Berufen begegnet und mit ihnen interagiert, und Menschen im Publikum, die die hohe Kunst des Gesangs genießen wollten und zu schätzen wussten. Es ist ein sehr persönlicher Moment, denn Singen findet ohne Instrument statt. Es kann daher kein typisches Verspielen, kein Problem bei der Interaktion zwischen Künstler und Instrument geben. So ergibt sich eine äußerst intime Atmosphäre im Klangraum zwischen den Singenden und den Zuhörenden, die den Genuss des Chorgesangs zu etwas Besonderem macht.

So war es nicht verwunderlich, dass nur wenige freie Plätze in den größeren Stätten frei blieben und die kleineren überfüllt waren. Lediglich die beiden Gemeinschaftstermine „Augsburg singt“am Fuggerplatz und zum Abschluss um 23 Uhr am Rathausplatz, an denen sich jeder beteiligen konnte, wurden durch den Regen beeinträchtigt.

Ein Gebärdenchor führt ein irisches Friedenslied auf

Besonderes Augenmerk verdient der Chor Auxklang, der im Hof des Maximilianmuseums auftrat. Er trat zusammen mit einem Gebärdenchor auf, der ein irisches Friedenslied in der Version für Gehörlose aufführte. Das bedeutet: Keinerlei Musik oder Gesang, nur Gebärden. Der Eindruck dieser Pantomime wirkt in den ersten Sekunden reichlich grotesk, erwartete man doch ein Chorkonzert, doch schon bald stellte sich Verständnis dafür ein, wie Gefühle in Sprache und Gesang, und dann weiter in Gesten der Gehörlosensprache transponiert wurden von und für Menschen, denen das Hören nicht möglich ist. Der Applaus erfolgt durch das Hin- und Herdrehen erhobener Hände, ebenfalls in völliger Stille, was die Atmosphäre im Raum ganz plötzlich komplett wandelt, ist man doch nun selbst sozusagen gehörlos für ein paar Minuten, denn es gibt einfach nichts zu hören. Das folgende Stück war dann eine Verschmelzung aus Chor und Gebärdengesang, was besonders durch die sichtbare Choreografie zwischen den unterschiedlichen Stimmen, Gesang im Verbund mit Gebärden, eine visuell ansprechende Aufführung ergab.

Im Konzertsaal des Leopold Mozart College in der Grottenau sang das Ensemble Zirbelnuss ein ukrainisches Friedenslied, das von einer vom Krieg direkt betroffenen ukrainischen Arrangeurin extra für diesen Abend geschaffen worden war. Das Ensemble bat für seine letzten Lieder Wiard Withold, Ensemble-Mitglied des Staatstheaters, hinzu, der durch seinen Gesang das Genusspotential dieser Klänge noch ein wenig weiter anhob.

Viel Zustimmung für die Augsburger Chornacht

Beim letzten gemeinsamen Singen von Friedensliedern auf dem Rathausplatz im nun stärkeren Regen fragte der Chorleiter, wie es denn mit der Lust für eine nächste Auflage in zwei Jahren aussähe. Ein schallendes „Ja“ aus hunderten Kehlen machten deutlich, dass es wohl eine weitere Chornacht geben wird. Hoffentlich herrscht dann schon Frieden in der Ukraine und im Nahen Osten.

  • Julian Reischl

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