Der EU-Haushalt ab 2028 muss noch intensiv verhandelt werden. Aber die Bauern gehen bereits gegen die Pläne der Europäischen Kommission auf die Barrikaden – im Budgetentwurf ist für sie wesentlich weniger Geld vorgesehen. Die Agrarlobby wird den Druck auf die Politik weiter erhöhen.
Die EU stemmt immer mehr Aufgaben, trotz ihres begrenzten Budgets: Angesichts der schwachen Konjunktur soll sie wettbewerbsfähig bleiben, der Aufwind rechtsextremer Parteien rückt die Migrationskontrolle in den Fokus und verteidigen muss sie sich auch noch – gegen ein imperialistisches Russland und das womöglich ohne Hilfe der USA. Wenn neue Prioritäten auf der Liste stehen, rücken alte in den Hintergrund. Es gibt Gewinner und Verlierer. Das wird mit Blick auf den Haushaltsentwurf der EU-Kommission für die Jahre zwischen 2028 und 2034 deutlich. Zu den Verlierern zählen bislang die europäischen Landwirte.
Für deutsche Bauern sind die Subventionen der EU mit derzeit 6,3 Milliarden Euro im Jahr eine wichtige Stütze ihres Einkommens. Der Plan der Kommission sieht vor, den Bauern in der EU etwa ein Fünftel der Mittel zu streichen, die sie bislang aus dem Topf für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) erhalten haben. Die Agrarsubventionen sollen in einem Einheitsfonds mit anderen Themen zusammengefasst werden, darunter die Regionalförderung. Lediglich die Direktzahlungen an die Landwirte werden getrennt aufgeführt – mit einem Betrag von 300 Milliarden Euro. Sie werden je nach Größe der bewirtschafteten Flächen ausgezahlt. Im aktuellen Budget, das 2027 ausläuft, sind hingegen 386,6 Milliarden Euro für die Bauern vorgesehen. Das entspricht einer Kürzung von etwa 20 Prozent für die Agrarförderung, ohne Berücksichtigung der Inflation.
Die EU-Agrarlobby Copa wütet auf X gegen den Entwurf, der in ihren Augen eine „Vernachlässigung, Gleichgültigkeit und mangelnde strategische Priorität für Landwirtschaft und ländliche Gemeinden“ darstellt. Kritik äußert zudem der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied: „Nur ein deutlich erhöhtes und zweckgebundenes Agrarbudget“ werde den Herausforderungen der Landwirte gerecht. Auch der deutschen Landwirtschaftsminister Alois Rainer erteilt den Plänen eine Absage: „Die Vorschläge der Kommission, das bewährte Zwei-Säulen-Modell abzuschaffen, ist eine gefährliche Zäsur.“
300 Milliarden Euro laut Kommission Mindestsumme für die Bauern
Im Rahmen der Zwei-Säulen-Struktur der GAP fließen im aktuellen EU-Budget bislang rund 291 Milliarden Euro in die Einkommensstützung der Landwirte und 95 Milliarden Euro in längerfristige ländliche Projekte. Die GAP soll auch im neuen Budgetplan mit eigenen Regeln und zweckgebundenen finanziellen Mitteln operieren, hält die Kommission ihren Kritikern entgegen. Allerdings ist geplant, mindestens zwei Maßnahmen – die Unterstützung benachteiligter ländlicher Gebiete und die landwirtschaftliche Innovation – aus der GAP-Finanzierung herauszunehmen und in einen anderen Topf zu überführen.
Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen betonte, die Mitgliedsstaaten könnten das Geld für ihre Bauern jederzeit aufstocken. In sogenannten Partnerschaftsplänen sollen die Staaten mit der EU-Kommission ihren Bedarf für die jeweiligen Posten anhand festgelegter Kriterien und Reformen anmelden. Bei den Direktzahlungen in Höhe von 300 Milliarden Euro handle es sich lediglich um eine Mindestsumme für die Bauern.
Angesichts der vielen neuen Prioritäten der EU ist aber fraglich, ob die Mitgliedstaaten in den Partnerschaftsplänen tatsächlich mehr Geld für die Landwirtschaft ausweisen wollen. Zudem ist die Haushaltslage in vielen europäischen Ländern angespannt – Frankreich und Italien etwa sind hoch verschuldet. Kanzler Friedrich Merz lehnte die Pläne der Kommission ab, wonach der EU-Haushalt von derzeit 1,2 Billion auf insgesamt 2 Billionen Euro aufgestockt werden solle. Als Nettozahler stemmt Deutschland durch seine Beiträge allein fast ein Viertel der Mittel für den EU-Haushalt.
EU-Parlament und nationale Regierungen unterstützen Bauern
Nach Angaben der Kommission könnten die Beiträge der Staaten zum EU-Haushalt auf dem Stand von 2027 bleiben, obwohl das EU-Budget wächst. Dafür müsste es aber eine Erhöhung der sogenannten Eigenmittel geben, das bedeutet: EU-Abgaben. Auch dagegen stemmt sich die Bundesregierung. Berlin lehnt in diesem Zusammenhang insbesondere den von der Kommission vorgeschlagenen EU-Anteil an der Tabaksteuer sowie eine neue Unternehmenssteuer ab.
Trotz knapper Kassen können die Bauern darauf hoffen, dass der Haushaltsentwurf noch einmal in ihrem Sinn geändert wird. Unterstützung bekommen sie sowohl von vielen nationalen Regierungen als auch vom Europäischen Parlament. Und der Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs startet nun mit den EU-Abgeordneten Verhandlungen über den Haushaltsentwurf. Der Kommissionsvorschlag dient ihnen lediglich als Grundlage für die Gespräche, die sich über die kommenden zwei Jahre ziehen werden.
Angesichts des Widerstands der Landwirte ist kaum davon auszugehen, dass die Budgetpläne so umgesetzt werden. Die europäische Agrarlobby ist mächtig. Das demonstrierte sie unter anderem beim Abkommen der EU mit den Mercosur-Staaten. Jahrelang übten vor allem französische Landwirte Druck auf die Politik aus, um das Abkommen zu stoppen. Dadurch wurde die Vereinbarung enorm verzögert und erreichte erst 2024 ihren vorläufigen Abschluss. Auch die Ampel-Regierung wurde im vergangenen Jahr von protestierenden Bauern dazu veranlasst, ihre Kürzungspläne im Agrarbereich teilweise zurückzunehmen.
In Brüssel demonstrierten bereits einige Hundert Bauern am Mittwoch, als von der Leyen ihren Haushaltsentwurf präsentierte. Quasi vorsorglich. In europäischen Hauptstädten könnten zu Demonstrationen wieder Tausende Traktoren auf die Straßen rollen, falls die Bauern sich weiter benachteiligt fühlen. Wie unangenehm wütende Bauern fürs Regieren werden können, könnte sich von der Leyen also von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz berichten lassen.