Schwerin – Eine Million Urlauber verbringen ihre Ferien pro Jahr auf Usedom, sechs Millionen Übernachtungen zählt die Insel an der Grenze zu Polen. Doch jetzt sorgen sich Einheimische um das Naturparadies an der Ostsee. Der Grund: Feriengäste könnten aus ihren Strandkörben demnächst auf riesige Bohr-Plattformen blicken!
DENN: Auf polnischer Seite wurden gigantische Öl- und Erdgasfelder entdeckt, könnten bald schon in Sichtweite der Küste erschlossen und gefördert werden. Das kanadische Unternehmen Central European Petroleum (CEP) hatte seit November Probebohrungen in der Nähe der polnischen Insel Wolin durchgeführt. Montag verkündete CEP den großen Fund.
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Im Bohrfeld „Wolin East 1“ rund sechs Kilometer vor der Küste von Swinemünde an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern schlummern wohl 33 Millionen Tonnen förderbares Rohöl und 27 Milliarden Kubikmeter Gas – der größte Fund in der Geschichte Polens.
Milliarden Kubikmeter Gas gefunden
▶︎ Und die Bohr-Firma macht keinen Hehl daraus, dass sie das Vorkommen fördern will! CEP-CEO Rolf G. Skaar sprach in einer Mitteilung von einem „historischen Moment“. Das Bohrfeld stehe für „die Chance, das volle geologische und energetische Potenzial der Ostsee zu erschließen“.
Gut sichtbar: Die Bohr-Plattform des kanadischen Unternehmens Central European Petroleum (CEP) vor der Küste Swinemündes
Foto: picture alliance/dpa
Was die einen als Chance sehen, ist für die anderen aber Grund zu massiver Sorge. Laura Isabelle Marisken (parteilos), Bürgermeisterin im Ostseebad Heringsdorf auf Usedom, zu BILD: „Wir fordern Aufklärung über das gemeldete Ölvorkommen in unmittelbarer Grenznähe sowie eine klare, aktive Haltung der Landesregierung zum Schutz unserer Region.“
Bürgermeisterin Marisken informierte am Abend die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats. Auch dort herrsche große Besorgnis. „Unsere Gemeinde liegt in einem besonders schützenswerten Naturraum – wir tun alles, um unsere Küste, unser Meer und unsere Lebensqualität dauerhaft zu bewahren“, warnt Marisken.
In großer Sorge: Laura Isabelle Marisken ist Bürgermeisterin im Ostseebad Heringsdorf auf Usedom
Foto: Parwez
▶︎ Und weiter: „Eine industrielle Gas- und Erdölförderung direkt vor unserer Haustür wäre ein massiver Eingriff in unsere Heimat, mit potenziell irreversiblen Folgen für Natur, Wasser und Klima. Das Ostseebad Heringsdorf ist kein Ort für industriepolitisches Pokerspiel.“
Landesregierung kalt erwischt
Formell ist wegen der länderübergreifenden Thematik das Land Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Die Landesregierung in Schwerin wurde nach BILD-Informationen von der Erfolgsmeldung aus Polen kalt erwischt. Es werde jetzt zunächst ein Informationsprozess starten, hieß es gegenüber BILD.
Auf polnischer Seite plant man bereits mit dem Gas. „Es könnte für den polnischen Markt verwendet und über das bestehende Rohrleitungsnetz nach Europa exportiert werden“, so die Förder-Firma. Außerdem könne es Kohle bei der Stromerzeugung ersetzen und so zur Verringerung der CO₂-Emissionen in Polen beitragen, hieß es.