„Meine Bayern“ heißt die Kolumne von SPORT BILD-Reporter-Legende Raimund Hinko, die sich mit dem deutschen Rekordmeister befasst. Hinko begleitet den FC Bayern seit Jahrzehnten.

Lieber Nick Woltemade,

Du musst jetzt ganz stark sein, verdammt stark. Also entweder stark genug, beim VfB Stuttgart darauf zu beharren, dass Du zu Bayern München möchtest – ausschließlich zu Bayern. Oder einknicken vor den VfB-Bossen. Das werden schlimme Tage, schlaflose Nächte – weil jeder noch so kleine Fehlpass, jeder Atemzug von den Fans in der Vorbereitung oder darüber hinaus auf die Goldwaage gelegt wird. In einer Woche ist dein Urlaub zu Ende, musst Du antreten beim VfB (ich bin mir sicher, dass Du jetzt schon heimlich trainierst). Solange eben, bis sich die Bayern mit Stuttgart einig werden, dass dein bis 2028 laufender Vertrag aufgelöst wird, ehe am 1. September das Transferfenster geschlossen wird.

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Oder Du bekennst Dich zum VfB. Zumindest noch für ein Jahr. Da wird dann jedes Bundesliga-, jedes Pokal- jedes Champions-League-Spiel zum Spießrutenlaufen. Man wird Dir die Treue nicht abnehmen, Dich vielleicht als „Judas“ beschimpfen. Und wenn Du noch so stark aufspielst, bis zur totalen Erschöpfung kämpfst.

Du scheinst ein charakterfester Mensch zu sein. Überall haust Du die letzten Körner aus Dir raus. Ob beim VfB bis hin zum krönenden Pokalsieg. Ob zum Saisonende bei der Nationalmannschaft. Oder danach bei der U21-EM, wo Du auch noch Torschützenkönig des Turniers geworden bist.

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Quelle: BILD/YouTube21.07.2025

Du bist eine Maschine, kein Maschinchen, wie Matthias Sammer die deutschen Fußballer kritisiert hat. Dein Name, der aus dem norddeutschen, vor allem dem Bremer Raum stammt (Du bist in der Hansestadt geboren), verrät den Sprachforschern etwas mehr. „Woltemade“ kommt von „wohl zu Maße“, also jemandem, der Maß zu halten weiß, der genügsam und redlich ist.

Ich bin überzeugt davon, dass Du nicht des Geldes wegen zu Bayern willst. Dass es in diesem Falle wirklich der große Name, die sportliche Herausforderung ist, auch wenn Nörgler Dir Geldgier unterstellen werden. Du neigst trotz deiner 1,98 Meter Körpergröße nicht dazu, auf die Mitmenschen herabzuschauen. Von einem Harry Kane und einem Jamal Musiala, sobald er wieder gesund ist, willst Du lernen, kannst Du sogar noch sehr viel lernen.

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In der Geschichte der Bundesliga bist Du nicht der erste, der einen Vereinswechsel erzwingen will. Es gibt viele unschöne Worte dafür, „Judas“ eben, „Verräter“ oder noch mehr. Auch Robert Lewandowski musste beim BVB gewaltig kämpfen, scheiterte zunächst daran, bereits 2013 nach München zu ziehen. Die Dortmunder blieben hartnäckig. 2014 unterschrieb der Pole dann einen Fünf-Jahresvertrag. Zu einem hohen Preis für den Bayern-Verfolger. Er war ablösefrei.

Da müssten die Stuttgarter eigentlich jubilieren, wenn sie jetzt mit 60 Millionen Euro oder noch mehr ihre sowieso schon prallen Kassen füllen könnten. Denn auch im nächsten Jahr bist Du nicht ablösefrei, bist wohl unter 50 Millionen nicht zu haben. Es ist das gute Recht des VfB, um Dich zu kämpfen. Um jeden Cent. Es ist ja nicht wie 1996, als Dieter Hoeneß für die festgeschriebene Ablösesumme von 175.000 D-Mark zu den Bayern ging. Eine Summe, die ihm Bruder Uli noch als Bayern-Spieler vor seiner Zeit als Manager in den Vertrag hatte schreiben lassen, für die Münchner 102 Bundesliga- und 26 Europacuptore zur Folge hatte. Eines der größten Schnäppchen der Bundesliga-Geschichte.

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Quelle: BILD / Instagram @adhemarcabral1221.07.2025

Es ist übrigens auch Dein gutes Recht, einen Vereinswechsel voranzutreiben, wenn Du darin die Erfüllung eines Lebenstraums siehst. Der geht jetzt erst mal schneller in Erfüllung als erhofft. Mit dem VfB wohnst Du im Trainingslager am Tegernsee, nur wenige Minuten von Uli Hoeneß und von Sportvorstand Max Eberl entfernt. Jeder Pieps der Spatzen wird zu einem heißen Gerücht.

Auch jetzt kann der Fußball noch viele Geschichten schreiben um den Namen Hoeneß und drumherum. Zumindest solange Sebastian Hoeneß, der Sohn von Dieter, die Trainer-Geschicke beim VfB leitet. Es wird immer Gerüchte oder Spekulationen geben, dass er irgendwann zu seinem Stammverein, den Bayern, zurückkehrt, wo er schon die zweite Mannschaft, u.a. mit Angelo Stiller trainiert hat.

Dir, lieber Nick Woltemate, wünsche ich, egal welches Trikot Du trägst, dass Du zumindest beim Toreschießen trotz deines Namens nicht Maß hältst, nicht genügsam bist. Da mach ich mir übrigens keine Sorgen …