Die Plastik eines Studenten der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle ist vom Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt scharf kritisiert worden. Das Relief eines Schweinekopfs neben einer Palästina-Flagge auf dem Campus der Hochschule habe tiefes Entsetzen, Besorgnis und Angst in der jüdischen Gemeinschaft ausgelöst, erklärte der Verband am Montag in Magdeburg.
„Die Wiederverwendung solcher antisemitischen Bildsprache – gleich in welchem Kontext – ist inakzeptabel“, heißt es in der Erklärung: „Sie verletzt nicht nur die historische Verantwortung, sondern auch die moralischen Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft.“ Hier sei ein Bezug zu mittelalterlicher, antijüdischer Schmähkunst hergestellt worden.
Die jüdischen Gemeinden fordern eine umfassende Aufarbeitung der Vorgänge durch unabhängige, externe Experten. Die Hochschule solle sich zudem öffentlich zu ihrer Verantwortung bekennen und sich von Judenfeindschaft abgrenzen, hieß es.
Am Montag veröffentlichte die Hochschulleitung weitere Hintergründe zu der Plastik. So sei die Gips-Arbeit entgegen ursprünglicher Annahmen bereits zwischen März und Juli 2023 angefertigt worden, also noch vor dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober desselben Jahres. Das Werk sei von Professor Bruno Raetsch begleitet und „im Rahmen einer experimentellen Auseinandersetzung mit nicht-figürlichen künstlerischen Formen und Materialien“ entstanden.
Eine inhaltliche oder gar politische Botschaft sei dabei weder formuliert noch angestrebt worden, hieß es weiter. Die Installation sei schon auf den Jahresausstellungen 2023 und 2024 gezeigt worden. Im Laufe der Jahre habe sie sich aufgrund äußerer Einflüsse wie Regen und Wind auch immer noch verändert.
„Uns ist bewusst, dass der spontan zur Jahresausstellung 2025 aufgesprühte farbige Teil konkreter politisch gelesen werden kann“, sagte die Hochschulleitung zu der Palästina-Flagge, die auf dem Kunstwerk angebracht wurde. Der Künstler habe dazu angegeben, er habe das Leid der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen thematisieren wollen.
„Daraus ergibt sich aber nicht automatisch eine figurativ eindeutige Umdeutung des restlichen Werks“, betonte die Hochschule. Gerade in politisch sehr polarisierten Zeiten sei es wichtig, Kunst in ihren Kontexten und Bedingungen wahrnehmen und diskutieren zu können. Dazu gehöre die Möglichkeit, sie verschieden zu interpretieren.
„Der Austausch darüber ist nicht möglich, wenn jede Interpretation automatisch zur Wahrheit erklärt wird“, erklärte die Hochschule. Man stehe auch „weiterhin für einen offenen und reflektierten Umgang mit Kunst, Kritik und gesellschaftlicher Verantwortung“, hieß es.
Am Samstag hatte die Hochschulleitung ihre Bereitschaft zu einer „kritischen Selbstreflexion“ erklärt. Sie regte die Gründung eines unabhängigen Ethikrats an. Er soll demnach Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Kunstfreiheit im Kontext gesellschaftlicher und politischer Diskurse entwickeln.
Nach einem Bericht der „Mitteldeutschen Zeitung“ befasst sich inzwischen auch die Staatsanwaltschaft Halle mit dem Vorgang.