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Die deutsche Autobranche durchlebt gerade schwierige Zeiten. Die Nerven von Unternehmen und Belegschaften sind angespannt. Das erreicht bei einem Zulieferer derzeit neue Ausmaße.

München – Die deutsche Automobilbranche sieht weiterhin schwierige Jahre auf sie zukommen. In fast allen Bereichen der Autoindustrie müssen Stellen abgebaut werden, das trifft Zulieferer wie die Autokonzerne selbst gleichermaßen. Grund ist zum Teil eine Absatzkrise vor allem in China, wo heimische Hersteller den europäischen Autobauern den Rang ablaufen. Aber auch der US-Präsident Donald Trump setzt die Branche mit seinen Zöllen auf europäische Autos mächtig unter Druck.

Krach bei ZF Friedrichshafen: Tag der Entscheidung am 29. Juli?

Besonders kritisch ist die Lage schon seit Monaten bei ZF Friedrichshafen. Bisher ist bekannt, dass der Konzern bis 2028 in Deutschland 14.000 Stellen streichen will. Am 29. Juli findet in Friedrichshafen eine Aufsichtsratssitzung statt, die mit Spannung erwartet wird. Es gibt Berichte über geplante Kürzungen an den übertariflichen Leistungen, auch tiefergreifende Restrukturierungen sind im Gespräch. Ob eine Entscheidung über die Zukunft von ZF an dem Juli-Tag gefällt werden soll, ist unklar. Der Betriebsrat hat für den Tag aber Proteste angekündigt, 5000 Mitarbeiter wollen in der Konzernzentrale demonstrieren.

Die Lage ist also äußert angespannt – was durch eine umstrittene Maßnahme der Konzernführung nun verdeutlicht wird. Wie die WirtschaftsWoche am Sonntag (20. Juli) berichtet, habe ZF Friedrichshafen im Februar 2025 Strafanzeige gegen seine Mitarbeitenden gestellt. Der Vorwurf: Geheimnisverrat.

ZF stellt Strafanzeige gegen Unbekannt: Ist mit der Presse reden strafbar?

Hintergrund sind Presseberichte Anfang des Jahres, in denen es um eine mögliche Abspaltung der Pkw-Sparte bei ZF ging. Weltweit arbeiten 30.000 Menschen für diese Division E, die Berichte sorgten also für große Unruhe im Betrieb – wo ja ohnehin zu Jahresbeginn schon fast 6000 Menschen gehen mussten. Der Konzern dementierte damals die Medienberichte. In diesem Zusammenhang habe ZF also Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt und „mehrere hundert mögliche Tatverdächtige benannt“, zitiert die WiWo eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Mercedes-Benz WerkDie Beschäftigung in der Metall- und Elektroindustrie ist rückläufig. Vor allem die Autoindustrie leidet. (Archivbild) © Bernd Weißbrod/dpa

Die Staatsanwaltschaft habe mittlerweile das Verfahren eingestellt, so das Magazin weiter. Denn: Gespräche mit der Presse sind nicht mit dem Straftatbestand im Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen mitgemeint. Dort heißt es in §23: Bestraft werden kann der, der „zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber eines Unternehmens Schaden zuzufügen“ Geheimnisse offenlegt. Informationen an die Presse weitergeben, ist hingegen nicht strafbar.

Der Vorgang zeigt jedoch anschaulich, wie nervös alle Betroffenen bei ZF mittlerweile sind. Allen ist bewusst: In diesen Wochen und Monaten geht es um die Existenz des Unternehmens und die Zukunft von weltweit mehr als 160.000 Menschen. Das Vertrauen zwischen Arbeitnehmenden und Konzernspitze ist offenbar zerrüttet.

Betriebsrat von ZF will gegen neue Sparmaßnahmen demonstrieren

Das sagte in der vergangenen Woche auch Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich dem Handelsblatt und weiteren Medien nach einer unterbrochenen Betriebsversammlung in der Messe Friedrichshafen. Dort wurden seiner Aussage nach drastische Sparmaßnahmen für die Nutzfahrzeugsparte vorgestellt. Laut Betriebsratssprecher sollen Tausende Mitarbeiter auf Geld verzichten. Zuvor waren schon die Arbeitszeiten gekürzt worden. „Die zusätzlichen Einschnitte kommen aus heiterem Himmel, das Vertrauen in den Vorstand ist erschüttert“, so Dietrich.

Das Unternehmen reagierte mit Unverständnis. „Die ZF-Belegschaft weiß, dass ZF auf das schwierige wirtschaftliche und geopolitische Umfeld mit weiteren Einschnitten reagieren muss“, sagte ein Konzernsprecher auf Anfrage. Welcher Art diese Einschnitte seien, werde mit der Arbeitnehmervertretung besprochen. 

„Die ZF rettet man nicht durch Sparen“: Konzern legt am 29. Juli Ergebnisse vor

Der Sprecher betonte, „je mehr weiche Personalmaßnahmen wie etwa Arbeitszeitabsenkung wir vereinbaren können, desto eher werden wir betriebsbedingte Kündigungen vermeiden können“. Dass Stellen reduziert werden müssten, sei schon vor Jahren klar kommuniziert worden. „Auch im Juli 2024 war dies Gegenstand der Kommunikation zur Neustrukturierung in Deutschland.“

 „Die ZF rettet man nicht durch Sparen, so kommen wir nicht aus dem Abwärtsstrudel“, sagte Dietrich. Am Monatsende legt ZF seine Halbjahreszahlen vor. ZF, einer der weltweit größten Automobilzulieferer, hatte im vergangenen Jahr tiefrote Zahlen geschrieben. Der Verlust hatte knapp über eine Milliarde Euro betragen. 2023 hatte der Konzern unter dem Strich noch einen Gewinn von 126 Millionen Euro gemacht. (mit Material von dpa)