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In Berlin hat ein Sturm Ende Juni massive Schäden in Wäldern verursacht. Insbesondere betroffen: der Tegeler Forst. Ein Förster gibt Einblick in die Auswirkungen.

Am Montagnachmittag fährt Peter Harbauer die Ruppiner Chaussee vom Forstamt Tegel in Richtung Heiligenseestraße entlang. Er ist der Sprecher der Berliner Forsten. Auf ungefähr halber Strecke hält er an. Die Ausmaße des Sturms von Ende Juni sind hier noch deutlich zu erkennen. Am Rand der Straße stapeln sich mächtige, umgefallene Bäume, dazwischen Straßenschilder und eine abgeknickte Laterne.

Den Tegeler Forst hat es stark erwischt, die Sturmschäden sind gewaltig. Der Bezirk Reinickendorf bat das Land Berlin um finanzielle Unterstützung und bezifferte den Schaden auf rund vier Millionen Euro – eine erste Schätzung. Für das Forstamt Tegel gibt es auch einen Monat nach dem Sturm noch eine Menge zu tun, viele Bereiche des Forsts sind bisher nicht zu erreichen.

Peter Harbauer nimmt auf einem Baumstamm Platz. Im Interview erzählt er, welche Auswirkungen der Sturm auf die Zukunft des Walds hat, was die Ursachen für die großen Schäden sind und wie lange der Wald voraussichtlich noch gesperrt bleibt.

t-online: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie auf die Schäden des Sturms blicken?

Peter Harbauer: Stürme und Waldbrände sind Ereignisse, vor denen sich Förster am meisten fürchten. Sie können massive Schäden verursachen – so wie auch der Sturm Ende Juni hier im Tegeler Forst. Die Schäden und Veränderungen auf den betroffenen Waldflächen, vor allem im Revier Tegelsee, werden lange sichtbar sein und uns beschäftigen. Für Revierleitungen, die Jahrzehnte für ein Waldgebiet zuständig sind, ist das traurig und emotional aufwühlend.

Sind die Ausmaße mit Stürmen aus der Vergangenheit vergleichbar?

Es sind die größten Schäden der vergangenen Jahre. Allein im Forstamt Tegel sind mit Spandau, Tegelsee und Hermsdorf drei Reviere betroffen. In Berlin haben wir immer mal wieder mit Stürmen zu tun. Aber das ist in dieser Form bisher noch nicht so gewesen.

Die Bezirksbürgermeisterin von Reinickendorf, Emine Demirbürken-Wegner (CDU), sprach sich mit Blick auf die Schäden dafür aus, auch auf kommunaler Ebene den Katastrophenfall ausrufen zu dürfen, um behördlich schneller reagieren zu können. Ich möchte den Begriff Katastrophe aufgreifen. Ist dieses Wort angebracht?

Es fallen zwar immer mal einzelne Bäume um. In diesem Ausmaß wie jetzt ist es aber eine Katastrophe für den Wald. Es bringt langfristige Veränderungen am Waldökosystem mit sich. Da haben 180 Jahre alte Buchen und Eichen gestanden. Die stehen jetzt nicht mehr. Bis da wieder ein ähnlicher Wald steht, dauert es vielleicht 100 Jahre. Das können wir nicht beschleunigen. Teilweise hat sich das Waldbild in den Revieren nachhaltig verändert.

Peter Harbauer mit seinem Hund am Forstamt Tegel: Der Bereich hinter ihm darf nicht betreten werden.Vergrößern des BildesPeter Harbauer mit seinem Hund: Der Bereich hinter ihm darf nicht betreten werden. (Quelle: t-online/Nils Heidemann)

Es heißt, nach ersten Schätzungen seien 35.000 Kubikmeter Holz betroffen. Das sind wahnsinnige Zahlen.

Das ist nur eine vorläufige Schätzung, die wir anhand von Luftbildern gemacht haben. Die gesamte Dimension wird sich erst zeigen, wenn wir immer weiter in den Wald hineinkommen. Es ist so: Da liegen teilweise drei bis vier Meter hoch Bäume übereinander. Auch für uns sind viele Wege und Bereiche weiterhin nicht zu erreichen, weil die umgestürzten Bäume alles versperren. Die genauen Zahlen sind für uns aber ohnehin nicht so wichtig.

Wir haben nicht vor, das gesamte Holz der umgeworfenen Bäume aus dem Wald herauszuholen. Ein Großteil kann liegen bleiben und steht als liegendes und stehendes Totholz dem Ökosystem zur Verfügung. Insofern ist es für uns nicht wichtig, wie viele Kubikmeter da liegen. Die Zahlen sind eine Hilfe, um das Chaos zu ordnen und Arbeitsprozesse gestalten zu können. Die Leute fragen immer danach, wie viele Bäume umgefallen sind. Das ist für uns nicht zu beantworten. Der Wald ist ein Naturraum, die Bäume sind nicht nummeriert. Es werden Tausende sein.