Der Angriff auf Migranten und Flüchtlinge dient den kapitalistischen Regierungen als Hebel, um demokratische Rechte zu beseitigen, elementare Menschenrechte außer Kraft zu setzen und eine Diktatur zu errichten. Das gilt sowohl für die USA wie für die Europäische Union.
Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt und der polnische Tomasz Siemoniak vor dem polnischen Grenzzaun zu Belarus [Photo by MSWiA_GOV_PL]
Unter Donald Trump terrorisieren vermummte Beamte der Einwanderungsbehörde – die sogenannte „ICE-Gestapo“ – ganze Kommunen. Sie verhaften Menschen, die seit Jahren oder Jahrzehnten in den USA leben, und deportieren sie in in- und ausländische Konzentrationslager, aus denen es kein Entrinnen gibt.
Die EU steht den USA in dieser Hinsicht nicht nach. Seit Jahren werden die Grenzen abgeschottet, Flüchtlinge illegal zurückgewiesen, in menschenverachtende Lager eingesperrt und in Länder deportiert, in denen sie keine Lebenschance haben. Das Mittelmeer hat sich deshalb zur tödlichsten Flüchtlingsroute der Welt entwickelt, auf der in den letzten zehn Jahren mehrere zehntausend Menschen ertrunken sind.
Am Dienstag trafen sich die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten in Kopenhagen, um über eine weitere Verschärfung der Migrations- und Flüchtlingspolitik zu beraten. Da es sich um ein informelles Treffen handelte, wurden keine formellen Beschlüsse gefasst, doch in den Grundfragen waren sich die Innenminister einig:
- Die EU-Außengrenzen sollen weiter abgeschottet und die Mittel für die EU-Grenzschutzagentur Frontex im EU-Haushalt auf 34 Milliarden Euro verdreifacht werden.
- Abgelehnte Asylbewerber sollen schneller und in größerer Zahl abgeschoben werden, auch in Kriegsgebiete wie Syrien und Afghanistan.
- Außerhalb der EU-Grenzen sollen Rückführungszentren („return hubs“) errichtet werden, aus denen Flüchtlinge unter Mithilfe von Frontex abgeschoben werden, ohne jemals EU-Boden betreten zu haben.
- Insgesamt sollen Grenzschutz und Abschiebungen besser koordiniert und verschärft werden.
Der härtere Migrationskurs der EU wird nicht zuletzt durch den Regierungswechsel in Deutschland gefördert. Deutschland sitzt – in den Worten des neuen Innenministers Alexander Dobrindt, eines Mitglieds der bayrischen CSU – nicht mehr im „Bremserhäuschen“, sondern in der „Lokomotive“.
Das stimmt zwar nicht, da schon Dobrindts Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) den Ausbau der Festung Europa maßgeblich vorangetrieben hatte. Sie hatte für die schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber gesorgt, die Liste der „sicheren Herkunftsländer“ um Algerien, Tunesien, Indien und Marokko erweitert, den Familiennachzug eingeschränkt, für eine Verschärfung des europäischen Asylrechts gesorgt und – unter Verletzung des Schengen-Abkommens – Kontrollen an den deutschen Grenzen eingeführt.
Doch Dobrindt geht noch weit darüber hinaus. Kaum im Amt, setzte er 3000 zusätzliche Bundespolizisten ein, um die Kontrollen an den deutschen Grenzen zu verschärfen. Dabei verstieß er gegen geltendes Recht. Asylbewerber aus sogenannten „sicheren Drittstaaten“ wurden sofort abgeschoben, ohne dass sie einen Antrag stellen konnten.
Außerdem führten die Grenzkontrollen zu Staus im Güterverkehr und hinderten tausende Grenzgänger, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Das hatte erhebliche Spannungen mit Frankreich und Polen zur Folge, das inzwischen mit Gegenmaßnahmen reagiert hat und die Grenzen zu Deutschland ebenfalls kontrolliert.
Dobrindt hat versprochen, aus „der Migrationswelle eine Migrationswende“ zu machen, und sich durch sein aggressives Vorgehen den Spitznamen „Migrations-Sheriff“ zugezogen. Am vergangenen Freitag lud er den EU-Innenkommissar und mehrere europäische Innenminister zu einem „Migrations-Gipfel“ auf die Zugspitze ein, den höchsten Berg Deutschlands, um „wichtige Impulse für eine härtere europäische Migrationspolitik“ zu geben.
Am Montag inspizierte Dobrindt dann gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Tomasz Siemoniak den 190 Kilometer langen, fünf Meter hohen, stacheldrahtbewehrten und mit Kameras gesicherten Grenzzaun, den Polen entlang der Grenze zu Belarus errichtet hat, um Flüchtlinge abzuwehren. Er wird von 11.000 Soldaten und Grenzschützern bewacht und hat über 600 Millionen Euro gekostet.
Dobrindt hatte im Juni, nach dem israelischen Angriff auf den Iran, auch als erster internationaler Spitzenpolitiker Israel besucht und sich demonstrativ mit Premier Benjamin Netanjahu solidarisiert, den er aufgrund des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs verhaften müsste, falls er Deutschland besucht.
Dobrindt wurde von der Koalition aus Union und SPD nicht zufällig zum Innenminister gekürt. Er ist als skrupelloser, chauvinistischer Hetzer bekannt und könnte ebenso gut Mitglied der AfD sein.
Vor zehn Jahren hatte er als Verkehrsminister unter Angela Merkel die „Ausländermaut“ durchgedrückt, die die CSU ins Zentrum ihres Wahlkampfs gestellt hatte. Auf deutschen Autobahnen sollte ausschließlich für Ausländer eine Benutzungsgebühr erhoben werden. Da dies mit EU-Recht nicht vereinbar war, schlug Dobrindt eine Maut für alle vor, für die deutsche Autofahrer dann durch den Erlass der Kraftfahrzeugsteuer entschädigt werden.
Ökonomisch ergab die Maut überhaupt keinen Sinn, da die Einnahmen kaum die Kosten für ihre Erhebung deckten. Sie diente ausschließlich dazu, ausländerfeindliche Stimmungen zu schüren. Schließlich wurde sie vom Europäischen Gerichtshof gekippt und der Bundeshaushalt blieb auf Verlusten von 243 Millionen Euro sitzen.
Auch mit seiner Migrantenhetze geht es Dobrindt nicht einfach darum, Zuwanderung zu begrenzen. Die Zahl der Asylanträge war bereits 2024, noch unter der alten Regierung, gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent gesunken. Viele Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern arbeiten zudem in der Logistik, im Gesundheitswesen, in der Industrie und in anderen Branchen und werden dort dringend gebraucht.
Die Hetze gegen Flüchtlinge und Migranten dient dazu, die Bevölkerung zu spalten und die wachsende Empörung über Sozialabbau, sinkende Löhne und fehlende Wohnungen auf die Schwächsten der Gesellschaft abzulenken. Flüchtlinge, die vor Kriegen, die von der Nato angezettelt wurden, aus ihrer Heimat fliehen mussten, werden zum Sündenbock für eine soziale Krise gestempelt, für die in Wirklichkeit steigende Militärausgaben und die unersättliche Bereicherung der Superreichen verantwortlich sind.
Das Programm der Merz-Regierung, Deutschland „kriegstüchtig“ zu machen und zur stärksten Militärmacht Europas aufzubauen, lässt sich nicht mit Humanität und sozialen Zugeständnissen vereinbaren. Zu welchen Verbrechen diese Regierung fähig ist, zeigt nicht nur ihre anhaltende Unterstützung für den Völkermord an den Palästinensern in Gaza, sondern auch die Praxis der EU-Flüchtlingspolitik.
In Griechenland, wo der Bau von KZ-ähnlichen Abschiebezentren weit fortgeschritten ist, herrschen unsägliche Zustände. Die für Migration zuständigen Minister Makis Voridis und sein Nachfolger Thanos Plevris sind beide aus der rechtsextremen LAOS-Partei zur Nea Dimokratia, der Schwesterpartei der Union, gestoßen, die in Griechenland die Regierung stellt.
Eine Reporterin der britischen Daily Mail konnte kürzlich eines dieser Lager besuchen, ein Warenhaus auf Kreta, in dem 400 Migranten zusammengepfercht waren. Ihre Schilderung spricht für sich:
Der Geruch von ungewaschenen Männern und Urin im Inneren des Lagers trübte meine Augen. Als wir eintraten, riefen die Migranten um Hilfe und zeigten mit ihren Händen zehn Finger, die Anzahl der Tage, die sie hier eingekerkert waren.
Es herrschte eine Atmosphäre wie in einem Pulverfass, und die Bedingungen waren, gelinde gesagt, unzumutbar. Einige Migranten lagen auf Matratzen und mussten sich diese teilen, weil es so wenige gibt. Für die Unglücklichen war es ein Betonboden mit einem T-Shirt als Kopfkissen.
Sie wurden schlimmer behandelt als Tiere. Das ist das Schicksal, das die kapitalistischen Regierungen in Europa und den USA für alle bereit haben, die ihren Kriegs- und Bereicherungsplänen im Weg stehen.