Doch kein Typ-1-Diabetes

Dabei stellten sie fest: Nur 35 Prozent dieser jungen Afrikaner haben tatsächlich Typ-1-Diabetes. Bei 65 Prozent von ihnen fehlen hingegen die typischen Merkmale der Krankheit. So gibt es keine Hinweise darauf, dass ihr Immunsystem die Bauchspeicheldrüse angreift: Sie weisen keine entsprechenden Autoantikörper in ihrem Blut auf. Auch genetische Merkmale, die anfälliger für Typ-1-Diabetes machen, fand das Team bei diesen Patienten nur selten. Bei nur 20 Prozent dieser Gruppe hatte ein Elternteil Diabetes. 

Zwar leiden die jungen Patienten nachweislich unter den typischen Symptomen einer Blutzucker-Regulationsstörung. Doch ein Biomarker in ihrem Blut weist auf eine übermäßige Insulin-Produktion ihrer Bauchspeicheldrüse hin, bei gleichzeitig zu niedrigem Insulin-Spiegel im Blut. Diese Kombination kommt aber weder bei Typ-1-Diabetes vor noch bei anderen bekannten Diabetestypen wie Typ-2- und Mangelernährungs-Diabetes. Und auch weitere typische Merkmale für diese Krankheitsformen fanden die Mediziner bei den afrikanischen Patienten nicht, etwa Fehlernährung.

Neuartige Diabetes-Form

Katte und seine Kollegen schließen daraus, dass diese jungen Menschen einen bisher unerkannten, neuartigen Subtyp von Diabetes haben. Dabei handelt es sich weder um eine Autoimmunerkrankung wie bei Typ-1 noch um eine Folge von Alterung, Übergewicht und Lebensstil wie bei anderen Diabetes-Typen. 

„Diese neuen Forschungsergebnisse bestätigen unseren langjährigen Verdacht“, so Katte. „Die Ergebnisse zeigen, dass sich Typ-1-Diabetes bei afrikanischen Kindern und Jugendlichen anders darstellen kann“, sagt Koautor Moffat Nyirenda von der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Da die Patienten falsch diagnostiziert wurden, müsse nun überprüft werden, ob die Standard-Behandlung gegen Typ-1-Diabetes bei ihnen überhaupt therapeutisch wirkt.

Auch außerhalb von Afrika

Die Entdeckung des neuen Diabetes-Subtyps wirft auch die Frage auf, ob weitere junge Menschen in Afrika und auf anderen Kontinenten bisher falsch diagnostiziert und behandelt wurden. Möglicherweise wurden sie auch fälschlicherweise einem Typ-2-Diabetes zugeordnet, schreibt das Team. Sollte sich dies bestätigen, müssten ihre Diabetes-Therapien ebenfalls überprüft und angepasst werden.

Um festzustellen, ob dieser neue Subtyp auch außerhalb Afrikas auftritt, analysierte das Team zusätzlich über 3.000 US-amerikanische Kinder. Tatsächlich fanden sie den Diabetes-Subtyp in dieser Kohorte, aber nur bei rund 15 Prozent der schwarzen Studienteilnehmer. Bei Kindern kaukasischer Abstammung trat er hingegen nicht auf.

Ursachen des neuen Diabetes-Typs noch unklar

Das deutet darauf hin, dass der neue Diabetes-Typ durch Umwelt- oder Abstammungsfaktoren ausgelöst wird. Welche genau das sind, will das Team nun näher erforschen. „Unser nächster Schritt ist es, mögliche Ursachen zu untersuchen – von Infektionen über Ernährungsfaktoren bis hin zu Umweltgiften. Wenn wir die Ursache finden, können wir vielleicht neue Fälle verhindern und neue Behandlungen finden“, erklärt Katte.

Dass die falsche Diagnose nicht früher aufgefallen ist, könnte daran liegen, dass an Diabetes-Studien bisher vor allem weiße Patienten aus westlichen Bevölkerungen untersucht wurden. Dabei wurde offenbar übersehen, dass es regionale und genetische Unterschiede gibt. Diese Lücke in der globalen Diabetesforschung soll nun geschlossen werden. (The Lancet Diabetes & Endocrinology, 2025; doi: 10.1016/S2213-8587(25)00120-2

Quelle: University of Exeter, University of Colorado Anschutz Medical Campus







23. Juli 2025

– Claudia Krapp