Der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer kritisiert die
Pläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius (ebenfalls SPD) für eine neue
Wehrpflicht scharf. Im Gespräch mit der ZEIT kündigte er seinen Widerstand an: „Dieser
massive Eingriff in die Rechte junger Menschen darf so nicht kommen.“  

Er fordert andere in der SPD auf, sich seinem Widerstand
anzuschließen: „Ich erwarte sowohl von den sozialdemokratischen
Regierungsmitgliedern als auch von den Abgeordneten der SPD-Fraktion, hier
Druck auszuüben, den Gesetzesentwurf abzuändern“, sagte Türmer der ZEIT.
Pistorius beschädige mit seinem Vorgehen „die Glaubwürdigkeit der SPD“. 

Der
Verteidigungsminister will in dieser Legislaturperiode die Bundeswehr
reformieren. Ein wesentliches Ziel dabei ist, die Zahl der Soldaten zu erhöhen.
Pistorius setzt zunächst auf Freiwilligkeit. Eine Zwangsrekrutierung will er
vermeiden, sollte sich aber die verteidigungspolitische Lage verschärfen, darf
nach seinen Plänen das Bundeskabinett mit Zustimmung des Bundestags auch eine
verpflichtende Einberufung anordnen.  

„Verfassungsrechtlich extrem bedenklich“

In dieser Woche
wurde ein Referentenentwurf für ein neues Wehrdienstmodell an die anderen
Ressorts zur Abstimmung verschickt. Ein entsprechendes Gesetz soll Ende August verabschiedet werden.  

Darin enthalten ist die Option, „einen Teil der jungen
Männer einer Generation zwangsweise einzuziehen, wenn die
verteidigungspolitische Lage dies erfordert“, so fasste es Juso-Chef Türmer
zusammen. Was allerdings genau unter „einer Verschärfung der verteidigungspolitischen
Lage zu verstehen ist“, sei „völlig unklar“, warnte Türmer. Unklarheiten an
diesem kritischen Punkt seien „verfassungsrechtlich extrem bedenklich“.
Experten weisen allerdings darauf hin, dass das Recht auf
Kriegsdienstverweigerung weiter bestehen soll, auch im Verteidigungsfall. 

© Lea Dohle

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Türmer kritisiert Pistorius‘ Vorgehen, dass „nicht nur inhaltlich und rechtlich unausgegoren“, sei, sondern es „widerspricht auch klar der auf dem Bundesparteitag bekräftigten Beschlusslage der SPD“. Dort hatte sich die SPD nach längerer Debatte darauf verständigt, allein auf Freiwilligkeit beim neuen Wehrdienst zu setzen. „Dieser Kompromiss wurde mit Boris Pistorius gefunden“, betonte Türmer im Gespräch mit der ZEIT. Nun setze er sich „in seinem eigenen Gesetzentwurf darüber hinweg“.

Auch ein Generationenproblem

Seit Längerem existieren zwei weit voneinander entfernte
Pole innerhalb der SPD: Auf der einen Seite der beliebte Verteidigungsminister:
Sein Credo lautet, Deutschland und Europa müssten wehrbereiter werden, man habe
sich viel zu lang auf die USA verlassen. Dieses Ansinnen wird grundsätzlich
auch von der Parteispitze um Lars Klingbeil unterstützt.  

Auf der anderen Seite steht der linke, in großen Teilen
pazifistisch geprägte Flügel der SPD, mit dem wortgewandten Juso-Chef als
Sprachrohr. Zuletzt waren diese beiden Positionen immer wieder
aneinandergeraten. Im Zuge der Wehrreform ist mit weiteren Konflikten zu
rechnen.  

Türmer sieht darin auch ein Generationenproblem. Die
„verteidigungspolitischen Versäumnisse der Vergangenheit“ würden nun „einseitig
auf die Kosten der jungen Generation“ gehen. Die älteren Jahrgänge, „die
es nicht vermocht haben, eine stabile Friedensordnung in Europa für künftige
Generationen zu sichern, versuchen dieses Versagen auf Kosten der Generation zu
heilen, die am wenigsten für dieses Versäumnis kann“, sagte Türmer.